Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Straße von Hormus | Lieferketten

Straße von Hormus: Spannungen bedrohen globale Wirtschaft

Konflikte an der Straße von Hormus erhöhen weltweit Energiepreise und Transportkosten – ein kritischer Stresstest für Lieferketten und Konjunktur.

Von Heena Nazir | Dubai

Die Eskalation im Konflikt zwischen Israel und Iran hat im Juni 2025 die Straße von Hormus erneut in den Mittelpunkt geopolitischer und wirtschaftlicher Debatten gerückt. Über die Meerenge laufen rund 20 Prozent des weltweiten Öl- und Flüssigerdgashandels – eine Unterbrechung hätte schwere globale Auswirkungen. Eine dauerhafte Blockade gilt zwar als unwahrscheinlich, doch allein die Drohung genügte, um Märkte weltweit in Alarmbereitschaft zu versetzen. Die wirtschaftlichen Folgen reichen von kurzfristigen Preisaufschlägen hin zu stark gestiegene Transport- und Versicherungskosten und führt damit zu spürbaren Bremsspuren für das globale Wachstum.

Straße von Hormus: Ein globales Nadelöhr

Die nur 34 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman ist ein zentraler Knotenpunkt für den weltweiten Energiehandel. Täglich passieren etwa 20 Millionen Barrel Erdöl die Wasserstraße. Das entspricht rund 20 Prozent des globalen Ölverbrauchs. Zusätzlich werden etwa 20 Prozent des weltweiten Handels mit Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG), insbesondere Exporte aus Katar, durch die Straße von Hormus verschifft. Damit ist sie der bedeutendste Öl- und Gaskorridor weltweit.

Kerndaten

  • Der 167 Kilometer lange Schifffahrtsweg zwischen Iran und Oman ist der einzige Zugang zum Persischen Golf
  • Straße von Hormus: nur 34 Kilometer breit, nutzbare Fahrrinne nur sechs Kilometer
  • Durchsatz: rund 20 Millionen Barrel Öl/Tag
  • Anteil: etwa 20 Prozent am globalen Öl- und LNG-Handel
  • Hauptnutzer: Saudi-Arabien, Iran, Irak, VAE, Katar
  • Militärischer Schutz: US Navy Fifth Fleet, GCC-Staaten

In der zweiten Junihälfte 2025 verschärfte sich die Sicherheitslage durch israelische und US-amerikanische Luftangriffe auf Iran sowie iranische Vergeltungsschläge. Eine symbolische Resolution des iranischen Parlaments zur möglichen Blockade der Straße verstärkte die Unsicherheit an den Märkten – trotz Zweifel an der Umsetzung, da der Iran selbst stark von Öleinnahmen abhängig ist. Eine längere Schließung der Seepassage ist für Iran und die arabischen Golfstaaten mit unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen verbunden.

Blockade könnte Iran in Rezession stürzen

  • Nutzung von Bandar-e Jask als Ausweichterminal wäre militärisch riskant; 1.000 Kilometer lange Pipeline aus Bushehr wäre angreifbar.
  • Chabahar als Ausweichhafen im Aufbau, benötigt deutliche Kapazitätserweiterung.
  • Landrouten via Schiene vorhanden, aber stark ausbaubedürftig.
  • INSTC-Korridor (Iran–Indien–Russland) verläuft über Bandar Abbas und Chabahar und wäre direkt betroffen.

Eine kurzfristige Waffenruhe Ende Juni milderte zwar die unmittelbare Eskalationsgefahr, doch die Lage bleibt fragil. Schon kleinere Zwischenfälle könnten weitreichende Auswirkungen auf die globale Versorgungssicherheit entfalten. Alternative Transportwege über das Rote Meer oder Pipelines über Land bieten bislang nur begrenzte Entlastung. Viele dieser Routen stoßen schnell an Kapazitätsgrenzen. Der Ausbau transnationaler Korridore, etwa über den Irak oder neue Häfen in Saudi-Arabien und Oman, ist im Gange, ist kurzfristig aber keine vollwertige Alternative zur Straße von Hormus.

Wichtige Pipeline- und Terminalkapazitäten Stand: 2025
Standort

Inbetriebnahme

Länge (km)

Kapazität (Mio. Barrel/Tag)

Status / Anmerkung
Saudi-Arabien (Petroline)

1982

1.200

5,0

Pipeline zum Roten Meer; 2019 beschädigt *)
VAE (Habshan–Fujairah)

2012

360

1,5

Teilweise freie Kapazitäten verfügbar 
VAE Neubau (Fujairah II)

ab 2024

520

k.A.

In Bau; Fertigstellung für 2028 geplant
Iran (Bandar-e Jask Terminal)

2021

1,0

Exporte außerhalb der Straße von Hormus möglich
* 2019 durch Huthi-Raketen beschädigt; Höhe des Schadens unbekannt.Quelle: Energieministerium der Vereinigten Arabischen Emirate, Middle East Economic Survey (MEES), Reuters; Juni 2025

Preise steigen nach Blockadedrohung

Allein die Ankündigung einer möglichen Blockade ließ den Brent-Preis binnen weniger Tage um rund 15 Prozent auf über 81 US-Dollar (US$) pro Barrel steigen. Analysten von Goldman Sachs hielten im Eskalationsfall sogar ein Niveau von über 110 US$ für möglich. Nach Verkündung der Waffenruhe beruhigten sich die Märkte rasch. Der Ölpreis fiel auf rund 70 US$.

Die Marktteilnehmer orientieren sich dabei offenbar an früheren Krisen: Selbst drastische Angebotsschocks, wie beim Kuwaitkrieg 1990 oder in früheren Golfkrisen, erwiesen sich als zeitlich begrenzt. Viele Länder verfügen über strategische Ölreserven. Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC+) verfügt über rund 5,7 Millionen Barrel pro Tag kurzfristig aktivierbarer Produktionsreserven, wovon etwa 2,5 bis 3 Millionen auf Saudi-Arabien entfallen. Jedoch erfolgt der Großteil des saudi-arabischen Exports über Häfen im Persischen Golf, die über die Straße von Hormus blockiert werden können. In diesem Fall könnte nur ein Teil über die Westküstenpipeline zum Roten Meer umgeleitet werden.

Ölpreisentwicklung im Juni 2025
DatumBrent-PreisEreignis
12. Juni< 70 US$/BarrelVor der Eskalation
23. Juni81,40 US$/BarrelEskalation und Blockadedrohung
30. Juni~ 69 US$/BarrelVerkündung einer Waffenruhe
Quelle: Intercontinental Exchange (ICE), Goldman Sachs, Reuters; Juni 2025

Auch der LNG-Markt reagierte spürbar: Die asiatischen Spotpreise für Flüssigerdgas stiegen in der Woche vor dem 23. Juni von 12,60 auf 14 US$ pro Million British Thermal Units (MMBtu). Das entspricht einem Anstieg von rund 11 Prozent und ist ein deutliches Zeichen für die Sensitivität globaler Versorgungsketten.

Logistik im Krisenmodus: Versicherungs- und Transportkosten explodieren

Die angespannte Sicherheitslage zeigte einen unmittelbaren Anstieg der globalen Transportkosten. Transportversicherer erhöhten ihre Prämien deutlich, insbesondere bei der sogenannten War Risk Insurance. Laut Marktanalysen verdoppelten sich die Zusatzkosten für Tankerfahrten im Golfraum. Auch die Charterraten für Supertanker, sogenannte Very Large Crude Carriers (VLCC), stiegen auf über 60.000 US$ pro Tag. Zuvor lagen sie bei etwa 30.000 US$.

Die höheren Kosten betreffen auch den allgemeinen Warenhandel. Verspätungen, Umwege oder militärische Begleitung führen zu Preisaufschlägen.

Anstieg der Transport- und Risikokosten Stand: Juni 2025
BereichVor der KriseSpitze während der KriseNach der Waffenruhe
War Risk Insurance0,2–0,3% Prämie0,5% (Verdopplung)0,35–0,45%
VLCC‑Charterraten~30.000 US$/Tag> 60.000 US$/Tag~50.000 US$/Tag
VLCC‑Spotraten (MEG → Asien)+20 %
LNG‑Frachtraten33.000–35.000 US$/Tagbis 51.750 US$/Tag (8-Monatshoch)
Hull & Machinery Insuranceca. 0,125%ca. 0,2% (+60 %)
Quelle: Lloyd's List, Clarksons Research, Asharq Al-Awsat, Reuters; Juni 2025

Globale Folgen: Befeuerung der Inflation und Konjunkturabschwächung

Die wirtschaftlichen Auswirkungen reichen weit über die unmittelbare Energieversorgung hinaus. Steigende Preise für Öl und Gas verteuern die Produktion und Logistik und damit den internationalen Warenhandel. Dies befeuert die Inflation und dämpft das Wachstum, vor allem in energieintensiven und importabhängigen Volkswirtschaften.

Besonders betroffene Regionen

  • Ostasien: hohe LNG-Abhängigkeit (z. B. Japan, Südkorea, China)
  • Europa: anfällig für Ölpreissteigerungen trotz Diversifizierung
  • Deutschland: indirekt betroffen über Weltmarktpreise und Lieferketten

Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) droht bei einer anhaltenden Versorgungskrise eine globale Rezession. IWF-Chefin Kristalina Georgieva sprach von möglichen "sekundären und tertiären Effekten": Sekundäre Effekte entstehen durch sinkende Konsumnachfrage aufgrund höherer Lebenshaltungskosten. Tertiäre Effekte resultieren daraus, dass Unternehmen Investitionen verschieben, Personal abbauen oder die Produktion drosseln.

Hohe Abhängigkeit mangels Alternativen

Die Ereignisse Mitte 2025 verdeutlichen, wie eng geopolitische Stabilität und ökonomische Sicherheit miteinander verwoben sind. Die Straße von Hormus bleibt im globalen Handel eine verwundbare Region – ein sogenannter "Single Point of Failure". Aktuell existieren keine vollwertigen Alternativen, um die Bedeutung dieser Route auszugleichen.

Strategien zur wirtschaftlichen Resilienz

  • Bezugsquellen diversifizieren (z. B. USA, Afrika)
  • Handelsrouten über Rotes Meer, Oman etc. ausbauen
  • Lieferketten auf Land- und Luftwege verlagern
  • In Effizienz und erneuerbare Energien investieren
  • Regionale Notfallpartnerschaften und Hafenkooperationen stärken

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.