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Tschechische Republik: Vertragsrecht
In diesem Abschnitt erfahren Sie mehr zum tschechischen Vertragsrecht. (Stand: 06.06.2025)
Von Yevgeniya Rozhyna, Marcelina Nowak, Dmitry Marenkov
Vertragsarten
Das Zivilrecht ist im Zivilgesetzbuch (Zákon občanský zákoník 89/2012 Sb; im Folgenden: ZGB) geregelt, welches seit 2014 in Kraft ist und regelmäßig angepasst wird. In den letzten Jahren – 2022 und 2024 – wurden insbesondere Regelungen zur digitalen Vertragsabwicklung neu hinzugefügt.
Das tschechische Zivilrecht ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen Recht. Wie im deutschen Recht unterscheidet das tschechische Zivilrecht verschiedene Vertragstypen, darunter:
- Kaufvertrag (kupní smlouva);
- Werkvertrag (smlouvou o dílo);
- Dienstleistungsvertrag (smlouva o poskytování služeb);
- Bauvertrag (stavba jako předmět díla).
Hinweis: Das ZGB sieht keine eigenständigen Regelungen für den Dienstleistungsvertrag vor, die allgemeinen Regelungen zum Kauf- und Werkvertrag sind aber analog anwendbar. Der Bauvertrag ist in Tschechien ein Unterfall des Werkvertrages. Allerdings mit besonderen Anforderungen an Dokumentation, Abnahme und Mängelrügen, die in §§ 2623 ff. ZGB geregelt sind.
Auch im ZGB gilt der Grundsatz der Privatautonomie – die Vertragsparteien können Verträge oder Rechtsverhältnisse frei gestalten, sofern sie nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen oder den Schutz von schwächeren Parteien (Verbraucher:innen oder Minderjährigen) umgehen.
Vertragsgestaltung: Anwendbares Recht, Schriftform, AGB
Grundsätzlich gilt, dass die Vertragsparteien eine beliebige Vertragsform wählen können, sofern es nicht dem Gesetz widerspricht.
Anwendbares Recht
Deutsche Unternehmen können durch eine Rechtwahlklausel im Vertrag das für sie günstigere Recht bestimmen – etwa das deutsche oder das tschechische Recht. Wenn eine solche Klausel fehlt oder nicht (wirksam) in einen Vertrag aufgenommen wurde, kann automatisch das UN-Kaufrecht (CISG) zur Anwendung kommen.
Hinweis zu UN-Kaufrecht (CISG)
- Gilt nur für grenzüberschreitende Kaufverträge und bestimmte Werklieferungsverträge zwischen Unternehmen.
- Wird automatisch angewendet, wenn es nicht ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen wird.
- Regelt zum Beispiel: Mängelrechte, Rügepflichten und Gewährleistung – nicht aber Verzugszinsen oder Verjährung. Hierfür gilt nationales Recht.
- Ausgenommen sind Werklieferungsverträge, bei denen der Besteller wesentliche Materialien selbst stellt.
Ist das UN-Kaufrecht nicht anwendbar oder wurde keine Rechtswahl getroffen, greift bei vertraglichen Schuldverhältnissen die Rom-I Verordnung der EU. Die Verordnung bestimmt zum Beispiel, dass bei einem Kaufvertrag über bewegliche Sachen das Recht des Landes zur Anwendung kommt, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Für Dienstleistungsverträge gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Schriftformerfordernis
Mit wenigen Ausnahmen schreibt das Gesetz ein Schriftformerfordernis (písemná forma) für bestimmte Verträge, wie zum Beispiel § 561 ZGB (Kaufvertrag), vor.
Wurde ein Schriftformerfordernis vereinbart, gibt es dennoch die Möglichkeit, den Vertrag auch bei Nichteinhaltung des Erfordernisses zu ändern, es sei denn, dies ist ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen worden. Bei einem gesetzlichen Formerfordernis ist eine Änderung nicht möglich.
Bei Verstoß gegen das Schriftformerfordernis ist der Vertrag nicht automatisch nichtig. Sondern die Nichtigkeit muss durch eine der Vertragsparteien gerügt werden.
Das tschechische Zivilrecht sieht eine notarielle Beglaubigung nur in Ausnahmefällen vor. Bei Kapitalgesellschaften hingegen muss der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet werden.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Allgemeine Geschäftsbedingungen (všeobecné obchodní podmínky) sind zulässig und müssen in Übereinstimmung mit §§ 1751 ff. ZGB geschlossen werden. Sie müssen insbesondere:
- Transparent und verständlich formuliert sein;
- AGB müssen dem Vertragspartner vor Vertragsschluss zugänglich gemacht werden;
- überraschende Klauseln (§ 1753) sind unwirksam, wenn sie nicht besonders hervorgehoben werden;
- bei Verbraucherverträgen gelten strengere Anforderungen an die Verständlichkeit und Fairness.
Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen reicht es aus, wenn auf die geltenden allgemeinen AGB verwiesen wird, welche von Fach- oder Interessenorganisationen erstellt wurden.
Wenn AGBs im Widerspruch stehen, so gilt der Vertrag in dem Umfang abgeschlossen, in dem sich die AGB nicht widersprechen. Der Widerspruch muss im Einzelfall betrachtet werden; im Zweifel tritt an die stelle der widerstreitenden AGB-Bestimmungen eine gesetzliche Regelung.
Ferner sind einseitige Änderungen möglich. Allerdings nur wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Änderung wird im Voraus vereinbart,
- die Ablehnung der Änderung und Rücktritt muss möglich sein und
- die Änderung ist angemessen.
Die Änderungen sind allerdings nur bei langfristigen Verträgen möglich, bei denen sich schon aus der Vertragsverhandlung ergibt, dass ein Bedürfnis zur späteren Änderung besteht.
Verjährungsfrist
Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich drei Jahre. Die Vertragsparteien können die Verjährungsfrist jedoch auf ein Jahr verkürzen oder auf bis zu fünfzehn Jahren verlängern. Eine abweichende Vereinbarung ist unwirksam, wenn die schwächere Partei dadurch benachteiligt wird.
(Bau-)Subunternehmen
Insbesondere bei Bauunternehmen werden regelmäßig Subunternehmen eingesetzt. Dies ist auch in Tschechien möglich.
Ein Subunternehmen hat keine Zahlungsansprüche gegenüber dem Vertragspartner, sondern muss sich stets an das Generalunternehmen halten. Der Vertragspartner kann sich einen Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Subunternehmerwahl einräumen lassen.
Bei Mängeln haftet das Generalunternehmen gesamtschuldnerisch mit dem Subunternehmen, außer sie beweisen, dass der Mangel durch eine alleinige Entscheidung des Generalunternehmens oder des aufsichtführenden Unternehmens entstanden ist.
Das Generalunternehmen haftet ebenfalls gesamtschuldnerisch mit dem Ersteller der Baupläne, falls der Mangel durch fehlerhafte Baupläne entstanden ist und mit dem aufsichtführenden Unternehmen, falls der Mangel durch eine fehlerhafte Aufsicht zustande gekommen ist. Sollte der Ersteller der Baupläne oder das aufsichtführende Unternehmen durch den Vertragspartner ausgesucht worden sein, muss das Generalunternehmen für durch sie verursachte Mängel nicht haften.