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Special | Tschechien | US-Zölle

Tschechien: Flugzeuge, Elektronik und Waffenbau mit US-Fokus

Spezialisierte Industriezweige haben hohe US-Handelsüberschüsse. Die starke Stellung im Fahrzeug- und Flugzeugbau als Zulieferer für europäische Produzenten birgt weitere Risiken. 

Von Gerit Schulze | Prag

Tschechien erzielte im US-Handel 2024 laut Eurostat einen deutlichen Überschuss von 3,1 Milliarden Euro. Als direkter Exportmarkt allerdings haben die USA im Vergleich zu anderen Handelspartnern nur geringe Bedeutung. Lediglich 2,7 Prozent aller Warenexporte gingen im Vorjahr dorthin. Damit lagen die USA auf Rang 10 aller tschechischen Exportziele. Doch ein Großteil der Ausfuhren nach Nordamerika zeichnet sich durch Produkte mit hoher Wertschöpfung aus. 

Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA

Tschechische Hersteller sind stark in die globalen Wertschöpfungsketten eingegliedert. Besonders eng sind sie mit den Wertschöpfungsketten in Deutschland verwoben, vor allem bei Kfz-Teilen, Maschinenkomponenten, Elektronik und Metallwaren. Viele tschechische Vorprodukte werden zum Beispiel in deutschen Endprodukten verbaut, die in die USA gehen. Die indirekten Auswirkungen zusätzlicher US-Zölle wären deshalb erheblich.

Hohe Überschüsse im US-Handel bestehen bei elektrischen Maschinen (Überschuss 2024: 600 Millionen Euro), Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke (425 Millionen Euro), sonstigen Maschinen wie Pumpen, Hebe- und Fördertechnik, Wälzlagern (370 Millionen Euro) sowie bei Geräten für Nachrichtentechnik und Telekommunikation (350 Millionen Euro). Außerdem bei Eisen und Stahl, Reifen, Chemikalien, Waffen, Mikroskopen. 

Für bestimmte Produktgruppen und Unternehmen spielt der US-Markt eine überdurchschnittlich große Rolle. Dazu gehören beispielsweise in der Medizin- und Pharmaindustrie verwendete Opiumalkaloide und deren Derivate mit einem US-Anteil am Export von 90 Prozent (2024: 20 Millionen Euro), Teile von Turbo-Strahl- oder Propellertriebwerken (57 Prozent; 300 Millionen Euro), Revolver und Pistolen (45 Prozent; 48 Millionen Euro), in Rüstung und Chemieindustrie benötigte Cellulosenitrate: (40 Prozent; 31 Millionen Euro), Gasturbinen (38 Prozent; 38 Millionen Euro) oder Klein- und Ultraleichtflugzeuge (37 Prozent; 23 Millionen Euro). 

Wichtigster Industriezweig in Tschechien ist die Automobilindustrie. Die Endprodukte (Pkw) gehen vor allem nach Europa, neue Wachstumsmärkte liegen in Asien. Jedoch sind die Tier-1 und Tier-2-Zulieferer eng mit europäischen OEMs (Original Equipment Manufacturers) wie VW, BMW oder Peugeot verwoben. Viele globale Automotive-Produzenten betreiben große Fabriken in Tschechien. Damit drohen starke indirekte Auswirkungen zusätzlicher US-Zölle für europäische Pkw.

Die tschechische Flugzeugindustrie ist wichtiger Zulieferer für europäische, kanadische und brasilianische Flugzeugbauer, insbesondere für Bordtechnik, Leittechnik, Antriebstechnik und sonstige Komponenten. Tschechien selbst bezieht Komponenten dafür aus den USA, betreibt beispielsweise Flugzeugwartungszentren. Der US-Hersteller GE Aviation ist mit einem eigenen Werk für Turboprop-Triebwerke in Prag vertreten.

Stark auf den europäischen Markt orientiert ist die tschechische Halbleiterindustrie. Die größte tschechische Chipfabrik gehört dem US-Konzern Onsemi und soll in Zukunft vor allem europäische Fahrzeugbauer wie Škoda Auto mit Halbleitern beliefern. 

Tschechien hat eine sehr exportorientierte Kunststoffindustrie (Exportwert 2024: 2,1 Mrd. Euro) und eine starke Eisen- und Stahlindustrie (4,4 Mrd. Euro). Hersteller liefern insbesondere nach Europa, wo die Produkte weiterverarbeitet werden, auch für den US-Markt. Auch in diesen beiden Sektoren sind indirekte Auswirkungen durch höhere US-Zölle zu erwarten. 

Tschechiens Top-5 Exportprodukte in die USAIn Mio. Euro, 2024
Produkt

Wert

Elektrische Maschinen (SITC 77)

877

Maschinen für verschiedene Zwecke z.B. Pumpen, Heiz- und Kühlgeräte (SITC 74)

585

Arbeitsmaschinen (SITC 72)

554

Büromaschinen und automatische Datenverarbeitungsmaschinen (SITC 75)

553

Kraftmaschinen (SITC 71)

537

Quelle: Eurostat 2025

Herausforderungen und Chancen

Rund ein Viertel ihres gesamten Außenhandels wickelt die tschechische Wirtschaft allein mit Deutschland ab. Seit längerem bemüht sich das Land, diese starke Abhängigkeit zu verringern. Durch die Abkoppelung der USA von der Weltwirtschaft könnte sich dieser Prozess verlangsamen.

Tschechien gilt außenpolitisch als starker Unterstützer Taiwans. Das hat in der Vergangenheit zu einem schwierigeren Marktzugang in China geführt, wie auch zu einer Zurückhaltung chinesischer Investoren – anders als beispielsweise in Ungarn.

Sollten die USA als Verfechter eines freien Welthandels ausfallen, zeichnen sich für Tschechien möglicherweise schwierige Zugangsbedingungen auf asiatischen Märkten ab, auf denen China dominiert.

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