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Hoffnungsträger Industrie: Wo der Hochbau noch wächst
Die US-Handelspolitik belastet viele Sparten des Hochbaus. Doch es gibt auch positive Nachrichten, unter anderem aus dem Hotel- und Unterhaltungssektor sowie dem Fabrikbau.
19.05.2025
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Wie so viele Branchen gerät auch der Hochbau unter die Räder einer unberechenbaren US-Zollpolitik. Diese führt zu einer starken Verunsicherung bei Haushalten und Investoren und lässt das Wirtschaftswachstum einbrechen. War das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 noch um knapp 3 Prozent gewachsen, so schrumpfte es im 1. Quartal 2025 um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Dies zeigen Zahlen des Bureau of Economic Analysis. Genauso sieht eine "harte Landung" aus. Trump bemüht sich um neue Handelsdeals – doch Verlässlichkeit sieht anders aus.
Die Konsumenten erwarten stark steigende Preise und bangen zusehends um ihre Arbeitsplätze. Die Angst mindert den Wunsch nach einem Eigenheim. Zugleich sind die Zeiten fallender Kreditzinsen vorbei. Die durchschnittliche Rate für 30-jährige Hypotheken kletterte zwischen Ende September 2024 und Anfang Mai 2025 sogar von 6,1 auf 6,8 Prozent, so der staatlich subventionierte Baufinanzierer Fannie Mae.
Aufschwung im Wohnungsbau droht ein jähes Ende
Im Wohnungsbau deutet sich ein Ende des seit Spätsommer 2023 anhaltenden Aufschwungs an. Stiegen die entsprechenden Bauleistungen im Gesamtjahr 2024 wertmäßig betrachtet noch um 5,9 Prozent, verlangsamte sich das Wachstum im 1. Quartal 2025 auf 2,5 Prozent, berichtet das nationale Statistikamt. Inflationsbereinigt kommt dies einer Stagnation gleich.
2024 | 1. Quartal 2025 | |
---|---|---|
Erbrachte Bauleistungen | 5,9 | 2,5 |
Baugenehmigungen, davon | -2,6 | -4,5 |
Einfamilienhäuser | 6,7 | -3,7 |
Baustarts, davon | -3,7 | -1,6 |
Einfamilienhäuser | 6,9 | -5,7 |
Hausverkäufe | 3,0 | 1,7 |
Durchschnittlicher Verkaufspreis | 0,2 | -3,7 |
Weitere Indikatoren des Statistikamtes zeigen einen Rückgang der Bautätigkeit an. Insbesondere bei den Baugenehmigungen und -starts von Einfamilienhäusern gab es nach einem lebhaften Jahr 2024 zwischen Januar und März 2025 einen Einbruch. Auch die Marktpreise bröckeln. Zugleich stieg die durchschnittliche Verkaufszeit für ein Haus spürbar an.
Schwache Bautätigkeit im Einzelhandel, Gesundheits- und Erziehungssektor
Auch im gewerblichen Hochbau stehen die Zeichen in vielen Sparten auf Abschwung. Zahlreiche Einzelhandelskonzerne hatten bereits im Februar und März Gewinnwarnungen für 2025 herausgegeben. Zugleich gibt es einen Sondereffekt: Amazon hatte in den letzten Jahren seine Lagersysteme umfangreich modernisiert, so dass Branchenanalysten bereits von Überinvestitionen warnten. Nun hält sich der E-Commerce-Riese zurück.
Auch im bislang florierenden Gesundheits- und Erziehungssektor ist mit einer deutlichen Abkühlung zu rechnen. Denn die Trump-Administration setzt in diesen Bereichen den Rotstift an. Sie streicht Zuschüsse an private und staatliche Universitäten und Forschungseinrichtungen. Ebenso zeichnen sich Einschnitte im Gesundheitssystem ab.
Aussichten für Hotel- und Unterhaltungsbranche positiv
Im Hotel- und Unterhaltungssektor zeigt sich noch kein eindeutiger Trend. Meldungen, denen zufolge die internationalen Tourismusankünfte im März 2025 massiv zurückgingen, sind mit Vorsicht zu genießen. Sie berücksichtigen einen wichtigen saisonalen Effekt nicht: Ostern fiel 2025 auf den April und nicht (wie 2024) auf März. Einzig die Boykotthaltung von Seiten kanadischer Touristen lässt sich bisher eindeutig nachweisen.
Somit zeichnet sich bei den Investitionen allenfalls ein etwas geringeres Wachstum ab. Zum Ende des 1. Quartals 2025 befanden sich in den USA laut Lodging Econometrics knapp 6.400 Hotelprojekte in der Pipeline. Das kommt gegenüber dem Vorjahresquartal einem Plus von 5 Prozent gleich. Im 4. Quartal 2024 lag der Zuwachs noch bei 7 Prozent.
Walt Disney kündigte im Mai 2025 an, rund 30 Milliarden US-Dollar (US$) in Themenparks in den USA investieren zu wollen. Einen genauen Zeitplan nannte der Konzern nicht. Zwei Jahre zuvor hatte er noch einen Investitionsplan über 60 Milliarden US$ (für zehn Jahre) veröffentlicht. Allerdings waren in der Summe auch Ausgaben für Kreuzfahrtschiffe enthalten.
Das produzierende Gewerbe hatte sich in den letzten Jahren zu einer führenden Stütze des Hochbaus entwickelt. Seine Bauleistungen stiegen zwischen 2020 und 2024 um das Dreifache. Doch im 1. Quartal 2025 fiel das Plus (auf Jahresbasis) auf 3,9 Prozent. Dafür ist vor allem der statistische Basiseffekt verantwortlich: Die exorbitanten Wachstumsraten der Vergangenheit lassen sich nicht unendlich lange fortsetzen.
Chip- und Pharmabranche investieren massiv in neue Fabriken
In den Zahlen dürfte sich auch die allgemeine Investitionszurückhaltung widerspiegeln. Insbesondere in der Kfz-Industrie und in "grünen Industrien" herrscht eine Art Stillstand. Es gibt aber auch Branchen, in denen es deutlich besser läuft: US-amerikanische IKT-Konzerne investieren massiv in neue Rechenzentren. In der Halbleiterbranche kündigte der taiwanische Auftragsfertiger TSMC im Februar 2025 an, seine Investitionen in den USA um 100 Milliarden US$ aufstocken zu wollen.
Ebenso will die Pharmaindustrie ihre Kapazitäten vor Ort kräftig ausweiten. Laut einem Bericht des Nachrichtenportals BioSpace von Ende April 2025 befinden sich Fabrikprojekte mit einem Volumen von 158 Milliarden US$ in der Pipeline. Das Weiße Haus kommt in einer Mitteilung vom Mai 2025 sogar auf 218 Milliarden US$. Ob die Zollpolitik insgesamt betrachtet zu mehr oder zu weniger Investitionen in der verarbeitenden Industrie führt, lässt sich aus heutiger Sicht nicht beurteilen.
Zulieferchancen bei Gebäudetechnik
Für deutsche Unternehmen bietet der Hochbau vor allem Zulieferchancen im Bereich Gebäudetechnik. Dabei ist der klassische Wohnungsbau von eher geringem Interesse. Hier entstehen vor allem Einfamilienhäuser in Leichtholzbauweise mit einer relativ einfachen Ausstattung. Anders sieht es bei Schulen, Krankenhäusern, Büros oder Hotels aus. Hier kommen moderne Aufzugs-, Klima- und Sicherheitstechnik beziehungsweise Fenster und Türen zum Einsatz. Das produzierende Gewerbe generiert eine hohe Nachfrage nach Spezialtechnik. Bei der Produktion von Halbleitern wird Reinlufttechnik eingesetzt. Zugleich fallen große Mengen von Abwasser an, die aufbereitet werden müssen. Datencenter und Fabriken benötigen außerdem moderne Schalttechnik.