Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special Welt Global Gateway

Was genau ist Global Gateway?

Mit Global Gateway verstärken die EU und alle 27 Mitgliedstaaten ihre Aktivitäten im Bereich der globalen Konnektivität. Mittlerweile nimmt die Initiative konkrete Formen an.  

Global Gateway gibt es erst seit 2021, doch die EU fördert schon seit Jahrzehnten Projekte zur weltweiten Vernetzung. Mit der neuen Konnektivitätsinitiative wollen die EU und die Mitgliedstaaten ihr Engagement weltweit bündeln und sich strategischer aufstellen. Dafür sollen bis 2027 insgesamt 300 Milliarden Euro in die Hand genommen werden. Leuchtturmprojekte sorgen für mehr Sichtbarkeit. 

Bei der Finanzierung spielen Investitionsgarantien eine entscheidende Rolle. Damit sollen private Investitionen angestoßen werden. Global Gateway ist zudem der Beitrag der EU zur G7-Initiative Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII).

Was verbirgt sich hinter Global Gateway?

Die EU verfolgt eine globale Konnektivitätsstrategie. Insgesamt 300 Milliarden Euro will sie bis 2027 für nachhaltige Infrastrukturprojekte einsetzen. (Stand: 03.07.2023)

Am 1. Dezember 2021 stellte Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz die neue Konnektivitätsstrategie der Europäischen Union (EU) vor. Im Rahmen von Global Gateway will die EU insgesamt 300 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2027 für nachhaltige Infrastrukturprojekte mobilisieren. 

Die Initiative soll der geostrategischen Bedeutung der globalen Konnektivität Rechnung tragen: In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern besteht weiterhin ein großer Bedarf an Transport-, Energie- und Digitalinfrastruktur, der derzeit am sichtbarsten von China bedient wird. Die EU will daher ihr Engagement ausbauen und besser kommunizieren.

Nachhaltige Investitionen mit hohen Standards

Um die globale Investitionslücke beim Infrastrukturbau von bis zu 13 Billionen Euro bis 2040 zu füllen, haben sich in den vergangenen Jahren mehrere Infrastrukturinitiativen gegründet. Auf Chinas neue Seidenstraße (2013) folgte unter anderem die EU-Asien-Konnektivitätsstrategie (2018) – eine Vorgängerin von Global Gateway. Die G7-Staaten haben 2022 ihre Konnektivitätsaktivitäten in der sogenannten Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII) gebündelt. Sie alle wollen den großen Bedarf an Infrastrukturlösungen in Entwicklungs- und Schwellenländern decken.

Global Gateway ist als eine Art Marke zu verstehen, unter der sich die EU mit einem betont nachhaltigen Angebot hervortut. Nachhaltigkeit bezieht sich dabei auf Umweltschutz genauso wie auf finanzielle Nachhaltigkeit. Für die ausführenden Unternehmen sollen außerdem faire Wettbewerbsbedingungen gelten. Diese Prioritäten greifen die Kritik an Chinas neuer Seidenstraße auf, deren Infrastrukturprojekte als wenig nachhaltig gelten.

Unter dem Label Global Gateway setzt die EU Konnektivitätsprojekte in den Bereichen Energie, Transport, Digitales, Gesundheit und Bildungskooperation um.

Dabei beschränkt sich der europäische Ansatz nicht auf den Bau physischer Infrastruktur. Die EU möchte auch die sogenannte weiche Konnektivität verbessern. Darunter fällt der Abbau regulatorischer Hürden, die einer effizienten internationalen Vernetzung im Wege stehen, etwa bei der Verwaltung von Zollgrenzen.

Europäische Werte wie Demokratie, Transparenz, Nachhaltigkeit und Gleichbehandlung stehen bei Global Gateway im Mittelpunkt. Die Projekte sollen zudem höchsten Sicherheitsstandards genügen.

Europa bündelt seine Kräfte

Im Zentrum von Global Gateway steht der sogenannte Team-Europe-Ansatz: Dabei sollen die EU-Institutionen, die Mitgliedsstaaten und die europäischen Entwicklungsbanken eng zusammenarbeiten. Dazu gehören insbesondere die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie die Entwicklungsbanken der EU-Länder wie die deutsche KfW mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG). In den Partnerländern sollen neben der jeweiligen Regierung auch die Zivilgesellschaft und der Privatsektor in die Projektplanung eingebunden werden.

Auf der europäischen Seite kommt dem Privatsektor ebenfalls eine wichtige Funktion zu. Organisiert in einer Business Advisory Group sollen Unternehmen den Vorstand der Initiative künftig bei der Projektauswahl und -umsetzung beraten. 

Bei der Finanzierung von Global Gateway spielen Investitionsgarantien eine wichtige Rolle. Mit den Garantiemitteln des Europäischen Fonds für Nachhaltige Entwicklung Plus (EFSD+) sollen 135 Milliarden Euro bis 2027 mobilisiert werden. Die restlichen 165 Milliarden Euro sollen von den europäischen Entwicklungsbanken und -institutionen sowie aus dem EU-Haushalt kommen.

Neues Kapitel für die EU-Konnektivitätsagenda

Im Jahr 2018 hatte die Kommission mit der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie erstmals ihren Ansatz zum Thema Konnektivität präsentiert. Auch damals wollte die EU bereits nachhaltige, faire und wertebasierte Infrastrukturprojekte auf dem eurasischen Kontinent umsetzen. Abgesehen von zwei Partnerschaftsabkommen mit Japan und Indien gab es seither aber wenig vorzuweisen. Im Rahmen der Strategie von 2018 wurden weder Finanzmittel bereitgestellt, noch konkrete Projekte umgesetzt.

Im Dezember 2022 trafen sich Vertreter der EU-Mitgliedstaaten unter dem Vorsitz der Kommissionspräsidentin von der Leyen zu einem Global Gateway Board Meeting, um erste Erfolge zu bewerten. Daraufhin stellte im März 2023 die EU eine Liste mit weltweit 87 Leuchtturmprojekten vor. Diese sollen 2023 auf den Weg gebracht werden und Global Gateway mehr Sichtbarkeit verleihen. Für Oktober 2023 hat von der Leyen zu einem Global-Gateway-Forum in Brüssel geladen.

Global Gateway baut auf dem Konzept der Vorgängerstrategie auf, wird nun aber mit einem Investitionsziel von 300 Milliarden Euro konkreter und legt mehr Wert auf die strategische Kommunikation des EU-Engagements.

Von Sebastian Holz, Wilhelm Emmrich | Berlin

Wer finanziert Global Gateway?

Die EU will 300 Milliarden Euro für Global Gateway mobilisieren. Investitionen der Privatwirtschaft sollen einen wichtigen Beitrag leisten. (Stand: 03.07.2023)

Die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten haben ein Investitionsziel von 300 Milliarden Euro für Global Gateway im Zeitraum von 2021 bis 2027 gesetzt. Diese Summe setzt sich größtenteils aus bestehenden EU-Geldern zusammen sowie aus privaten Mitteln, die sie durch den Einsatz von EU-Garantien mobilisieren will.

Wenig wirklich neue Mittel 

Eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente für Global Gateway sind die Investitionsgarantien des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus (EFSD+). Mit den rund 40 Milliarden Euro an Garantien aus dem Fonds plant die EU, bis zu 135 Milliarden Euro an privatem Kapital für Infrastrukturprojekte zu mobilisieren. Das Prinzip der Investitionsgarantien ähnelt dabei den besser bekannten Hermesdeckungen: Ein Unternehmen baut beispielsweise einen Windpark in einem risikoreichen Entwicklungsland. Kommt es etwa durch einen Bürgerkrieg oder willkürliche Eingriffe der dortigen Regierung zu einem Verlust der Investition, so erhält das Unternehmen Schadenersatzzahlungen. So will es die EU der Privatwirtschaft erleichtern, in Infrastrukturprojekte in Risikoländern zu investieren.

Weitere 145 Milliarden Euro sollen aus anderen europäischen Finanz- und Entwicklungsinstitutionen in Global-Gateway-Projekte fließen. Eine direkte Zuschussfinanzierung für Global Gateway in Höhe von 18 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt ist im Rahmen des Außenfinanzierungsinstruments NDICI, kurz Global Europe, geplant. Global Gateway stellt also zunächst neue Ziele auf und bedient sich dabei bestehender Instrumente. Neue Finanzmittel gibt es bislang kaum. 

Bild vergrößern

Team Europe investiert gemeinsam

Neu an Global Gateway und seiner Finanzierung ist hingegen der sogenannte Team-Europe-Ansatz: Dabei legen die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten ihre Finanzierungsprogramme unter dem Global-Gateway-Label zusammen. Zu Team Europe gehören maßgeblich die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die Finanz- und Entwicklungsinstitutionen der EU-Länder. Dazu gehört zum Beispiel die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) oder die französische Agence Française de Développement (A.F.D). Im April 2023 gab die EIB an, bereits 31 Milliarden Euro für Global Gateway mobilisiert zu haben.

Zudem setzt sich die EU für eine bessere Koordinierung ihrer Mitgliedsstaaten in den Vorstandsgremien multilateraler Entwicklungsbanken ein. Somit möchte die Europäische Union ihr bestehendes Engagement und das ihrer Mitgliedsstaaten weltweit sichtbarer machen.

Von Sebastian Holz, Wilhelm Emmrich | Berlin

EU nominiert Vorzeigeprojekte für Global Gateway im Jahr 2024

Insgesamt 138 Leuchtturmprojekte will die EU mit ihren Partnerländern 2024 auf den Weg bringen. Afrika bleibt im Fokus, Lateinamerika legt zu. (Stand: 29.01.2024)

Die EU wird im Jahr 2024 mit 138 neuen Leuchtturmprojekten, sogenannten Flagships, die Infrastrukturinitiative Global Gateway vorantreiben. Das sind gut 50 Vorhaben mehr als 2023. Bis 2027 soll die EU-Initiative, die insbesondere in Entwicklungsländer investiert, 300 Milliarden Euro mobilisieren.

Auf der Liste für 2024 finden sich einige öffentlichkeitswirksame Projekte, wie etwa eine Datenkabelverbindung von Finnland über die Arktis nach Japan und in die USA oder die neue indonesische Hauptstadt Nusantara, wo die EU beim Aufbau der digitalen Infrastruktur helfen wird. Wie im Vorjahr bleiben die ausgewählten Vorhaben heterogen: Das Spektrum reicht von der Bekämpfung der Algenplage in der Karibik über den Krankenhausbau in der Mongolei bis hin zu Staudämmen in Afrika. Auch bekannte deutsche Unternehmen wie der Flughafenbetreiber Fraport oder das Ingenieurbüro Gauff beteiligen sich. Viele Projekte laufen bereits seit Jahren, andere werden jetzt erstmals ausgeschrieben.

Afrika bleibt Schwerpunkt von Global Gateway

Wie im Vorjahr befindet sich die Hälfte der Leuchtturmprojekte in Afrika. Der Fokus auf Afrika spiegelt das langfristige Engagement Europas auf dem Nachbarkontinent wider: Zwischen 2013 und 2021 stellte die EU über 200 Milliarden Euro bereit – und damit deutlich mehr als China. Das Global-Gateway-Investitionsziel von 150 Milliarden Euro für Afrika von 2021 bis 2027 scheint also nicht unrealistisch. Der Privatsektor soll dazu einen wichtigen Investitionsbeitrag leisten. Neue Fördergelder gibt es jedoch bislang kaum.

Von den 73 Vorhaben in Afrika gehören etwa die Hälfte zum Bereich Energie und Klima. Mit sogenannten Just Energy Transition Partnerships etwa will die EU die Länder Südafrika und Senegal bei deren Energiewende unterstützen. Während diese Energiepartnerschaften auf langfristigen Wandel abzielen, dürften manche Projekte schon 2024 vollendet werden. So etwa der Nachtigal-Staudamm in Kamerun: Mit einer Kapazität von rund 420 Megawatt soll er die kamerunische Stromerzeugungskapazität um 30 Prozent erhöhen.

Bereits auf dem Global-Gateway-Forum im Oktober 2023 hatte die EU-Kommission den Ausbau des Lobito-Korridors angekündigt, der von der Demokratischen Republik Kongo über Sambia an die angolanische Atlantikküste führen wird. Mit diesem Vorzeigeprojekt will sich die EU den Zugang zu Rohstoffen aus der Region sichern. Für 2024 stehen jedoch zunächst Machbarkeitsstudien an.

GTAI informiert: Auf unserer Themenseite zu Global Gateway finden Sie das umfangreichste Informationsangebot zu Global Gateway im deutschsprachigen Raum. Sie können nachhaltige, innovative Großprojekte Ihres Unternehmens als Flagships für Global Gateway bei GTAI einreichen. Sprechen Sie uns gern an!

Lateinamerika überholt Asien

Mit 30 Projekten löst Lateinamerika 2024 den Asien-Pazifik-Raum (17 Vorhaben) als zweitwichtigste Global-Gateway-Region ab. Die EU will ihr Engagement erhöhen, wie auf dem EU-Lateinamerikagipfel im Juli 2023 angekündigt. Sie hat für die Region ein Investitionsziel von 45 Milliarden Euro bis 2027 formuliert. Damit will die EU ein Gegengewicht zu China schaffen, das über Jahre in Lateinamerika im Rahmen seiner neuen Seidenstraße investiert.

An einem Beispiel zeigt sich, wie einige Leuchtturmprojekte aneinander anknüpfen und Kontinente vernetzen sollen: Zwischen den Häfen Sines in Portugal und Pecém in Brasilien soll ab 2024 ein sogenannter grüner und digitaler Handelskorridor entstehen. Das Vorhaben fügt sich an ein Leuchtturmprojekt des Jahres 2023 an, das einen solchen nachhaltigen Korridor für den Wasserstoffexport vom Hafen Barra Do Dande in Angola zu eben jenem portugiesischen Hafen Sines zum Ziel hat.

In Asien taucht Indien zum ersten Mal auf der Global-Gateway-Liste auf: Zwei Leuchtturmprojekte gehen 2024 im bevölkerungsreichsten Land der Welt an den Start. Eines hat die nachhaltige Urbanisierung zum Thema – dazu gehört besonders der U-Bahn-Bau. Das zweite fördert erneuerbare Energien und damit die Energiewende in Indien

EU will geschwächte Nachbarn an sich binden

Flagship-Projekte in der Europäischen Nachbarschaft will die EU 2024 doppelt so viele fördern wie 2023 – und das vor allem in kriegsgebeutelten Ländern. So ist die Ukraine ebenfalls erstmals bei Global Gateway dabei. Im Fokus stehen der Wiederaufbau der Energieinfrastruktur, Transportversicherungen und die sogenannten Solidarity Lanes, alternative Logistikrouten für den Transport von Agrar- und Hilfsgütern. Gemeinsam mit Moldau soll die Ukraine durch den Straßenausbau besser an Rumänien und damit die EU angebunden werden

Auch Armenien, das mit den Folgen des Berg-Karabach-Konflikts zu kämpfen hat, erhält mehrere Projekte, darunter ein Straßenbauprojekt entlang des Internationalen Nord-Süd Transportkorridors (INSTC). Mit Ausnahme Albaniens bleibt der Westbalkan 2024 weitgehend ohne Flagship-Projekte. Im Nahen Osten erhält Jordanien, ein wichtiges Partnerland in der Kriegsregion, drei Projekte mit Schwerpunkten in der Wasser- und Abfallwirtschaft.

Besserer Zugang zu Energie und Wasser

Leichte Verschiebungen gibt es 2024 bei der Verteilung der Leuchtturmprojekte nach Branchen: Mit einem Anteil von 44 Prozent bleiben Energie- und Klimaprojekte zwar die größten Nutznießer von Global Gateway-Investitionen. Das ist jedoch deutlich weniger als noch 2023 (56 Prozent). Darunter dominieren Solar- und Fotovoltaikprojekte, Wasserkraftwerke und Übertragungsleitungen. Sie sollen Entwicklungsländern helfen, ihre Stromversorgung zu verbessern. Die Produktion von grünem Wasserstoff spielt eine etwas geringere Rolle als noch 2023. Auffällig zugelegt haben die Bereiche Wasser- und Abfallwirtschaft, die es 2024 auf knapp 20 Vorhaben bringen, wohingegen sie im Vorjahr kaum zum Zuge kamen.

Bild vergrößern

 

Der Bereich Energie und Klima umfasst auch kritische Rohstoffe mit Leuchtturmprojekten in Argentinien, Zentralasien und Subsahara-Afrika. Für EU-Nachbarländer soll 2024 eine sogenannte Critical Raw Materials Exploration Facility an den Start gehen, die Mittel für Rohstoffprojekte bereitstellt. Recht stabil bleibt 2024 der Anteil der Bereiche Transport und Digitales. Die Branchen Gesundheit und Bildung machen mit je 10 Prozent einen größeren Anteil aus als im Vorjahr. 

Für die Öffentlichkeit hat die EU die Flagship-Projekte in Infografiken aufbereitet.

Von Wilhelm Emmrich | Berlin

Europäische Länder zählen zu den wichtigsten Gebern weltweit

Der Beitrag der europäischen Geber zur globalen Entwicklungszusammenarbeit bietet ein interessantes Geschäftsfeld. Doch der Einstieg in den Markt bleibt anspruchsvoll.

Die internationale Entwicklungszusammenarbeit ist ein Markt, den deutsche Unternehmen in den Blick nehmen sollten. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) betrugen die Zahlungen der Geberländer für Entwicklungszusammenarbeit (ODA) 211 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2022. Europäische Länder trugen einen erheblichen Teil dazu bei.

Was ist ODA?

Die Official Development Assistance (ODA) ist eine international vereinbarte Messgröße für die Entwicklungszusammenarbeit der Geberländer. Mit der ODA misst der Entwicklungsausschuss DAC (Development Assistance Committee) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die öffentlichen Mittel, die Geberländer für Entwicklungsleistungen in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgeben. Die Geber melden jährlich ihre ODA-Zahlen, der DAC wertet sie aus und veröffentlicht sie.

Zur ODA zählen:

  • Leistungen, die zu günstigen Bedingungen
  • mit dem Hauptziel der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern,
  • von öffentlichen Stellen
  • an Entwicklungsländer vergeben werden.

Für die Anrechnung als ODA müssen alle vier Bedingungen erfüllt sein.

Europäische Geberländer leisten über die Hälfte der gesamten Entwicklungszusammenarbeit

Europäische Länder spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit. Das zeigt die jüngste Statistik des DAC, die die weltweite ODA für 2022 erfasst.

56 %

Europäische Geberländer leisteten 56 Prozent der globalen Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2022. 

Dem DAC gehören 31 Geberländer an; 21 davon sind Mitgliedstaaten der EU. Zusammen gaben die EU-Länder, die auch DAC-Mitglieder sind, im Jahr 2022 über 93 Milliarden US$ an ODA aus. Das sind 44 Prozent der globalen ODA. Zählt man das Vereinigte Königreich, Norwegen und die Schweiz dazu, dann gaben europäische Geberländer knapp 120 Milliarden US$ im Jahr 2022 aus. Das sind 56 Prozent der globalen ODA.

Bild vergrößern

Unterschiedliche institutionelle Systeme...

Jeder Geberstaat verfügt über eigene Gesetze, Institutionen und Instrumente für die Durchführung von bilateralen Programmen mit seinen begünstigten Partnerländern.

In Deutschland setzen hauptsächlich zwei Organisationen entwicklungspolitische Maßnahmen im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) um. Die KfW Entwicklungsbank vergibt günstige Kredite oder Zuschüsse an Partnerländer. Diese setzen damit Investitionsprojekte um. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) berät die Partner bei der Erreichung ihrer Entwicklungsziele in vielfältigen Sektoren.

Deutschlands europäische Nachbarn haben ihre eigenen Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit. In vielen Fällen verfügen die europäischen Länder über eine nationale Entwicklungsagentur, die einen Großteil des Budgets für die Entwicklungspolitik verwaltet und Programme selbst umsetzt. Das ist beispielsweise der Fall in Schweden mit der schwedischen Entwicklungsagentur Sida, in Norwegen mit Norad und in Belgien mit Enabel. Bei der französischen Agentur AFD (Agence Française de Développement) stehen Finanzierungsinstrumente im Vordergrund. Ähnlich wie die deutsche KfW vergibt sie Kredite und zinsverbilligte Darlehen an Partnerregierungen.

In anderen Ländern wie etwa im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden setzt das Außenministerium Projekte selbst um.

... um die gleichen Ziele zu erreichen

Auch wenn Geberländer und -institutionen eigene Strategien entwickeln, verfolgen sie doch alle die gleichen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Den Rahmen setzt eine Reihe von internationalen Abkommen. An erster Stelle stehen die Agenda 2030 der UN mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung sowie das Pariser Klimaabkommen.

Die Geber finanzieren Programme, die zur weltweiten Armutsbekämpfung und zum Klimaschutz beitragen sollen. Für die Umsetzung suchen die zuständigen Institutionen Unternehmen, die Consulting im Bereich beruflicher Bildung leisten, über Know-how in der Abwasserbehandlung verfügen oder auch Lösungen zur verbesserten Energieeffizienz anbieten. Die Sektoren, die für die Entwicklungszusammenarbeit Relevanz haben, sind vielfältig.

Wie komme ich ins Geschäft mit den Gebern?

  1. Investieren Sie Zeit in die Marktrecherche: Welche Geber sind in meiner Zielregion besonders aktiv und in welchen Sektoren fördern sie Projekte? Dazu lohnt sich ein Blick auf die Geberprofile und in die Projekt- und Ausschreibungsdatenbank von Germany Trade & Invest.
  2. Pflegen Sie Kontakte: Führen Sie Gespräche mit den Geberinstitutionen sowohl in den Geberländern als auch in den Projektländern. So werden Sie bekannt und erhalten zudem frühzeitig Informationen, um die Projekte besser zu verstehen.
  3. Bauen Sie Ihr Netzwerk auf: Bündeln Sie Ihre Expertise mit jener von deutschen, internationalen und lokalen Partnern und nehmen Sie als Konsortium oder Joint Venture an Ausschreibungen teil.
  4. Seien Sie genau: Die Ausschreibungsverfahren sind stark reguliert und die Anforderungen müssen genau erfüllt werden.
  5. Bleiben Sie dran: Vielleicht sind Sie nicht direkt mit der ersten Bewerbung erfolgreich. Doch mit mehr Erfahrung steigen auch Ihre Chancen.

Ein Markt mit Herausforderungen

Entwicklungshaushalt wichtiger europäischer Geber steht unter Druck

Die aktuelle budgetäre Lage in manchen europäischen Ländern führt zu einem erhöhten Druck auf deren Entwicklungsetats. So hat die deutsche Bundesregierung Kürzungen im Budget des BMZ für das Jahr 2024 um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr vorgenommen.

Bild vergrößern

Auch in Frankreich kündigte das Finanzministerium im Februar 2024 an, angesichts einer angespannten Haushaltslage den Entwicklungsetat um 800 Millionen Euro zu kürzen. Die französische Entwicklungsfinanzierung verzeichnet eine rückläufige Tendenz: Bereits 2023 wurde das Ziel, eine ODA-Quote von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) bis 2025 zu erreichen, auf das Jahr 2030 verschoben.

Das 0,7-Prozent-Ziel

Das 0,7-Prozent-Ziel besagt, dass reiche Länder 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungsleistungen (ODA) ausgeben sollen. Das Ziel gibt es seit dem Jahr 1972 und stammt von den Vereinten Nationen. Bisher haben es nur wenige Länder erreicht, im Jahr 2022 waren es vier: Luxemburg, Schweden, Norwegen und Deutschland.

Auch Schweden und Norwegen, die zu den großzügigsten Geberländern gehören – beide Länder erreichen seit vielen Jahren kontinuierlich das 0,7-Prozent-Ziel – senken ihre Ambitionen. Beide Länder haben das selbstgesetzte Ziel revidiert, sogar 1 Prozent ihres BNE der ODA zu widmen.

Das Vereinigte Königreich – der drittgrößte europäischer Geber – plant zwar eine Erhöhung seines Entwicklungsbudgets. Doch diese prognostizierte Budgetsteigerung wird aller Voraussicht nach nicht reichen, um die Kürzungen der letzten Jahre auszugleichen.

Die europäische Geberlandschaft ist fragmentiert und nicht immer zugänglich

Dazu kommen weitere Hürden auf dem Weg zum Geschäft mit den europäischen Gebern.

Zum einen mangelt es in manchen Fällen an Transparenz: Nicht alle europäischen Geber haben ein leicht zugängliches Ausschreibungsportal, sei es weil das Portal nur in der Landessprache verfügbar ist oder weil die Ausschreibungen dezentral veröffentlicht werden und nicht gut auffindbar sind.

Zum anderen ist der Markt der Entwicklungszusammenarbeit europäischer Geberländer stark fragmentiert. Der ODA-Beitrag der einzelnen Geber ist teilweise bescheiden. Dabei geht nur ein Teil davon in bilaterale Projekte in den Partnerländern. Denn ein anderer Teil der ODA fließt in die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit: Die Geberländer tätigen Zahlungen an internationale Organisationen wie die EU, die UN oder die Weltbank. In diesem Fall ergeben sich Geschäftschancen nicht direkt mit den europäischen Gebern, sondern mit diesen Organisationen. Nur bei der bilateralen Zusammenarbeit kommt es zu Ausschreibungen seitens der durchführenden Institutionen der Geberländer.

Wer seine Leistungen bei Entwicklungsprojekten europäischer Länder anbieten möchte, sollte sich deshalb mit dem Markt gut befassen. Das Geschäftspotenzial ist vorhanden, der Zugang jedoch komplex.

Von Hélène Pestel | Bonn

EU will Global Gateway gemeinsam mit Partnern umsetzen

Zwei Partnerschaften für nachhaltige Konnektivität hat die EU bereits vor Global Gateway vorgestellt. Welches Potenzial steckt in dem Format? (Stand: 07.12.2021)

Die Europäische Union (EU) möchte ihren Ansatz bei internationaler Konnektivität zusammen mit gleichgesinnten Partnern verwirklichen. In der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie von 2018 wurde dazu das Format der Konnektivitätspartnerschaften eingeführt. Derer gibt es bisher zwei. Als Teil von Global Gateway sollen die Abkommen nun mit Leben gefüllt werden.

EU-Japan-Konnektivitätspartnerschaft läuft träge an

Am 27. September 2019 fand in Brüssel das erste und bisher einzige Europe Connectivity Forum statt, eine große Fachkonferenz, in deren Rahmen in Anwesenheit von Ex-Kommissionspräsident Juncker und dem damaligen japanischen Premierminister Abe die erste Konnektivitätspartnerschaft besiegelt wurde. Darin bekennen sich Japan und die EU zu einer Kooperation in "allen Dimensionen der Konnektivität, bilateral und multilateral". Gemeinsam sollen Offenheit, Transparenz, Inklusivität und einheitliche Wettbewerbsbedingungen beworben und gefördert werden. Bei Projekten auf Drittmärkten sollen europäische und japanische Entwicklungsbanken enger zusammenarbeiten.

Konkrete Vorhaben fanden sich allerdings nicht in der Erklärung. Stattdessen markierte das Abkommen den Beginn eines neuen Dialogprozesses. Dabei wurden schnell praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung gemeinsamer Vorhaben deutlich. So ist ein großer Teil der japanischen Entwicklungshilfsgelder an den Projektzuschlag für japanische Unternehmen gebunden (Tied aid). Dadurch gestaltet sich die Kofinanzierung von Vorhaben kompliziert, da die EU sich offene Vergabeverfahren zum Prinzip gemacht hat.

Dennoch haben die Europäische Investitionsbank (EIB) sowie die Entwicklungsbanken Japan Bank of International Cooperation (JBIC) und Japan International Cooperation Agency (JICA) eine Absichtserklärung zur besseren Koordinierung ihrer Finanzierungsaktivitäten geschlossen. Dabei geht es insbesondere um die bessere Verzahnung der beiderseits hohen, aber nicht notwendigerweise kompatiblen Nachhaltigkeitsstandards der Banken.

Partnerschaft mit Indien beginnt mit U-Bahn-Bau

Bei einem bilateralen Gipfel am 8. Mai 2021 präsentierte die EU gemeinsam mit Indien eine neue Konnektivitätspartnerschaft. Im Vergleich zur ersten Partnerschaft vom Herbst 2019 mit Japan ist das neue Abkommen mit Indien umfangreicher. Es erwähnt etwa zusätzlich Kooperationen bei technischen Standards, dem 5G-Netzausbau und der Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Für Indien, das in großem Umfang Heimatüberweisungen von Auslandsindern aus Europa empfängt, ist der letzte Punkt ein wichtiges Anliegen.

Die vier thematischen Schwerpunkte des neuen Abkommens sind wie schon in der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie die Bereiche Transportinfrastruktur, Energiekonnektivität, Digitalisierung sowie die menschliche Komponente, die eine vertiefte wissenschaftliche Kooperation und kulturellen Austausch beschreibt. Regional liegt der Fokus der neuen Partnerschaft auf dem Indo-Pazifik. Im Unterschied zur Vereinbarung mit Japan soll das Abkommen auch die Konnektivität in Indien selbst fördern. Darüber hinaus wollen die beiden Partner die Vernetzung in Afrika und Zentralasien verbessern.

Mit der Ankündigung der Partnerschaft hat Brüssel eine Liste mit Vorhaben veröffentlicht, die sich teilweise bereits in der Umsetzung befinden und Möglichkeiten für weitere Kooperationen aufzeigen. Dort sticht der hier erstmals inkludierte sogenannte Team-Europe-Ansatz heraus. Der Begriff bewirbt die Aktivitäten von einzelnen Institutionen, Banken und Mitgliedsstaaten der EU unter einem gemeinsamen Label als europäische Projekte. So ist die EU gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten mit über 75 Milliarden Euro pro Jahr weiterhin die weltgrößte Geberin von Entwicklungshilfe. Mit Team Europe will die Union diesen Umstand stärker hervorheben. Dabei ist die EU als solche nicht an allen der vorgestellten Beispielvorhaben beteiligt. Teilweise werden die Team-Europe-Projekte ausschließlich von den nationalen Entwicklungsbanken der Mitgliedsstaaten finanziert.

Anders als bei der EU-Japan-Konnektivitätspartnerschaft wurden dieses Mal direkt beim Abschluss konkrete Vorhaben vorgestellt. Zwei Finanzierungen wurden als Beispiele für die künftige Zusammenarbeit zugesagt: Die EIB wird mit 300 Millionen Euro U-Bahn-Projekte in den indischen Städten Pune und Kanpur unterstützen. Außerdem wird sich die Bank mit 25 Millionen Euro am Investitionsfonds NEEV II beteiligen, der in Zusammenarbeit mit der indischen Staatsbank globale Klimaschutzmaßnahmen fördern soll. Weitere Vorhaben sind geplant.

EU-Indien-Konnektivität: Ausgewählte Projektbeispiele

Projekt

Beteiligung

Digital | 5G-Netzausbau, grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, Datenschutz

CITIIS (City Investments to Innovate, Integrate and Sustain): Unterstützung bei der Umsetzung von Smart-City-Projekten in Indien

EU, Frankreich

Universitätskooperationen zu Internet of Things for Smart Cities

EU, Frankreich

Zusammenarbeit in der Weltraumforschung

EU

Energie | Erneuerbare Energien, Energieeffizienz

Eco-Cities (Mumbai, Bengaluru, Pune u.a.): öffentliche Beleuchtung, Recycling, Solarpanels

EU

Green Energy Corridors: 7.700 Kilometer Transmissionskabel

Deutschland

IELECTRIX Smart Grids

EU, Frankreich, u.a.

India-Denmark Green Strategic Partnership: nachhaltige Wasserwirtschaft im ländlichen Raum

Dänemark

Transport | Vernetzung von Transportkorridoren, smarte und nachhaltige Mobilität

Atal Tunnel

Österreich

Anji-Khad-Brücke

Italien

U-Bahn-Ausbau in Bengaluru, Kanpur, Lucknow, Nagpur u.a.

EU, Deutschland, Frankreich, Italien

India Green Freight: klimafreundlicher Frachtverkehr

Deutschland

Tamil Nadu Bus Modernization: 2.700 Busse

Deutschland

Menschliche Dimension | Wissenschaftlicher Austausch, Innovationsförderung

Bulgaria-India Programme for Science and Technology Cooperation

Bulgarien

Erasmus+ Stipendien: Für 2.800 indische Studierende und Lehrkräfte in Europa, für 1.400 Europäer in Indien

EU

Denmark-India Green Partnership Research Cells

Dänemark

Quelle: Europäische Kommission

Verhandlungen über EU-Indien-Freihandelsabkommen wieder aufgenommen

Weiterhin kündigten die EU und Indien auf dem gemeinsamen Gipfel an, die Verhandlungen über ein bilaterales Freihandelsabkommen wieder aufnehmen zu wollen. Die Gespräche waren 2013 nach sechs Jahren geplatzt, nicht zuletzt, weil Indien sich weigerte, den Automobilsektor und den Markt für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu öffnen. Es bleibt offen, ob beide Seiten dieses Mal einig werden. Allerdings ist der neue Vorstoß ein Zeichen dafür, dass es auch in den umstrittenen Bereichen auf beiden Seiten eine neue Gesprächsbereitschaft gibt. 

Die EU ist Indiens drittgrößter Handelspartner und Indien ist der zehntgrößte Handelspartner der EU. Das Handelsvolumen betrug im Jahr 2020 insgesamt 110,4 Milliarden Euro. Gegenüber 2010 hat der Austausch von Waren und Dienstleistungen um 50 Prozent zugenommen. Laut einer Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Europaparlaments aus dem Jahr 2020 könnten mit einem Freihandelsabkommen die europäischen Exporte nach Indien um 52 bis 56 Prozent und die Importe aus Indien um 33 bis 35 Prozent ansteigen.

Weiterführende Links

Bezeichnung

Anmerkung

EU-Japan Connectivity Partnership

Volltext des Übereinkommens

AHK Japan

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Japan

EU-India Connectivity Partnership

Volltext des Übereinkommens

Connectivity Partnership Fact Sheet

Liste mit Projektbeispielen zur EU-Indien-Konnektivitätspartnerschaft

AHK Indien

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Indien

Von Sebastian Holz | Bonn

Europäische Union als Hidden Champion bei Konnektivität

Bestehende EU-Programme fördern bereits Projekte, die der globalen Konnektivität dienen – und das weltweit. Probleme gab es lange bei der Sichtbarkeit. (Stand: 07.12.2021)

In der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie von 2018 definierte die Europäische Union (EU) Konnektivität in vier Dimensionen: (1) Verkehrsnetze, (2) Energienetze, (3) digitale Netze und eine (4) humane Komponente, die etwa Bildungs- und Wissenschaftskooperation abdeckt. Unter dem Eindruck der Covid-19-Pandemie kamen mit der Global-Gateway-Strategie Ende 2021 auch noch Projekte im Bereich Arzneimittelversorgung hinzu.

Gerade weil diese Definition so umfangreich wie vage ist, ist es schwierig auszumachen, welcher Anteil der EU-Mittel für Drittländer dieser mehrdimensionalen Vernetzung bereits zugutekommt. Die EU ist inklusive ihrer Mitgliedsstaaten die größte Geberin von Mitteln für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Weltweit stammen mehr als die Hälfte der EZ-Gelder aus Europa – im Jahr 2019 rund 75 Milliarden Euro.

Bild vergrößern

Damit würden die vergleichbaren Zuschüsse Chinas um ein Vielfaches übertroffen, so eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Denn das Reich der Mitte verteilt vor allem Kredite. Ein großer Teil der europäischen EZ-Gelder wird den Zielländern hingegen als direkte Budgethilfe zur Verfügung gestellt, was den jeweiligen Regierungen Spielraum bei der Verwendung der Mittel lässt. Während damit sicherlich auch Konnektivitätsprojekte vorangebracht werden, ist die genaue Bezifferung des europäischen Beitrags hierzu im Einzelnen nicht immer möglich.

EU unterstützt Elektrifizierung in Afrika

Die Generaldirektion International Partnerships (INTPA) der Europäischen Kommission, verantwortlich für die Entwicklungszusammenarbeit, gibt an, dass zwischen 2014 und 2020 etwa 500 bis 600 Millionen Euro im asiatisch-pazifischen Raum für Konnektivität im engeren Sinne ausgegeben wurden. Zusätzlich wendete die EU in der Region 500 Millionen Euro für das Bildungsprogramm Erasmus auf. Darüber hinaus wurden im gleichen Zeitraum mithilfe bezuschusster EU-Kombinationsinstrumente (Blending) in Höhe von 80 Millionen Euro rund 1,5 Milliarden Euro an Investitionen in Verkehrs-, Energie- und Digitalvorhaben mobilisiert.

Auf dem afrikanischen Kontinent liegt mit dem EU-Projekt Energising Africa der Fokus auf Konnektivität bei Energie. In diesem Rahmen wurden zwischen 2014 und 2020 fast 3,7 Milliarden Euro an afrikanische Länder ausgeschüttet, mit dem Ziel etwa 30 Millionen Menschen erstmaligen oder verbesserten Zugang zu einer regulären Stromversorgung zu verschaffen.

Dazu zählt beispielsweise das Projekt ElectriFI, das mit EU-Mitteln in Höhe von 200 Millionen Euro nachhaltige Elektrifizierungsvorhaben in Benin, der Elfenbeinküste, Nigeria und Sambia ermöglicht. Dezentrale Stromlösungen werden mit dem Projekt GET.invest in Subsahara-Afrika realisiert. Die ausführende Institution des 26-Millionen-Euro-schweren Vorhabens ist die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Die neue Afrika-Strategie der Europäischen Kommission von 2020 stellt die Konnektivität zwischen beiden Kontinenten in den Mittelpunkt einer neuen Partnerschaft für nachhaltiges Wachstum. Dabei sollen Synergien mit dem Programm für Infrastrukturentwicklung in Afrika (PIDA) der Afrikanischen Union für die Jahre 2020 bis 2030 gesucht werden.

Die Kommission möchte selektiver werden und ihr Engagement auf weniger, aber dafür qualitativ höherwertige Projekte konzentrieren. Geplant sind strategische Korridore, die den traditionell schwachen intraregionalen Handel auf dem afrikanischen Kontinent beleben. Zur Identifizierung und Priorisierung dieser Korridore wird von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (Joint Research Centre, JRC) eine Studie erarbeitet.

EU baut Verkehrswege im Kaukasus und auf dem Westbalkan

Bereits seit den 1990er Jahren fördert die EU zahlreiche Vorhaben zur Verbesserung ihrer internen Konnektivität im Rahmen der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V). Das Projekt, das von der Generaldirektion MOVE (Mobilität und Verkehr) gesteuert wird, hat den Ausbau von Transportkorridoren innerhalb der EU bis 2030 beziehungsweise 2050 zum Ziel. Im Januar 2019 wurde das Vorhaben auf die Länder der östlichen Partnerschaft (Eastern Partnership, EaP) ausgeweitet. Mit bis zu 12,8 Milliarden Euro will die EU bis 2030 in die Infrastruktur in Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und in der Ukraine investieren. Mit 41 neuen langfristigen Projekten sollen 2.300 Kilometer an neuen Transportwegen geschaffen werden. Im Jahr 2016 war das Vorhaben bereits auf Island, Norwegen und die Länder des Westbalkans erweitert worden, um eine bessere Vernetzung mit den Korridoren der EU zu erreichen.

Im Oktober 2020 stellte die EU ihren Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan vor, mit dem zwischen 2021 und 2027 etwa 9 Milliarden Euro in die Region fließen sollen. Mit bis zu 20 Milliarden Euro ist es geplant, Investitionen auf dem Westbalkan abzusichern. Damit soll die Region weiter zusammenwachsen und auf einen künftigen EU-Beitritt vorbereitet werden. Gefördert werden unter anderem mehrere Autobahnprojekte, erneuerbare Energien sowie der Breitbandausbau.

Global Gateway soll Sichtbarkeit erhöhen

Trotz dieses umfassenden Engagements wird die EU international bislang kaum als Gestalter globaler Konnektivität wahrgenommen. Um die Sichtbarkeit der eigenen Beteiligung zu erhöhen und die externe Kommunikation zu verbessern, diskutierten die Brüsseler Institutionen mehrere Jahre lang die Notwendigkeit einer kohärenten gemeinsamen Marke, die geförderte Projekte für Außenstehende eindeutig mit der EU in Verbindung bringt und den betont nachhaltigen, fairen Zugang bei Konnektivität beschreibt. Ansätze für mehr Übersichtlichkeit finden sich auch bei der Zusammenlegung mehrerer Förderinstrumente zum neuen Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI).

Mit Global Gateway wurde eine solche gemeinsame Marke nun gefunden. Es bleibt abzusehen, welchen Effekt die neue Strategie auf die Außenwirkung der EU haben wird.

Von Sebastian Holz | Bonn

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.