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Branche kompakt | Polen | Chemische Industrie

Der Umweltschutz stellt die Chemieindustrie vor Herausforderungen

Die polnische chemische Industrie steht vor großen Aufgaben. Die Branche muss die Emissionen von Treibhausgasen reduzieren und innovative, umweltfreundliche Produkte herstellen. 

Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Markttrends

    Die Produktionstätigkeit der polnischen Chemieindustrie soll nach einem Tief im Jahr 2023 in Zukunft wieder steigen. Wasserstoff und Biomethangas sind wichtige Zukunftsbrennstoffe.

    Die polnische Chemieindustrie sieht sich mit deutlich höheren Produktionskosten konfrontiert. Die Preise des Rohstoffs Erdgas hatten sich 2022 erhöht. Aufgrund des Nahostkonfliktes droht nun auch ein Preisauftrieb für Erdöl, das Hersteller von Kunststoffen benötigen. Hinzu kommt die teurere Energie. In diesen Krisenzeiten will sich der Mineralölkonzern Orlen mit seiner dominanten Marktstellung behaupten. Das Unternehmen hat nach Firmenübernahmen seit 2022 quasi eine Monopolstellung erlangt. Außerdem setzt der Konzern auf Alternativen wie Wasserstoff und Biomethangas. 

    12 Prozent

    betrug 2022 der Exportzuwachs bei den deutschen chemischen Erzeugnissen nach Polen.

    Kunststoffsparte investiert kräftig

    Die Zukunftsaussichten sind insbesondere für die Bereiche Koks und Erdölraffinerieprodukte sowie Gummi- und Kunststoffprodukte gut. Aufgrund von umfangreichen Investitionen und neuen Projekten wird ein Produktionswachstum erwartet. Die Branche muss allerdings innovativer und umweltfreundlicher werden.

     

     

    Investitionen der polnischen Chemieindustrie (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent) ¹⁾ ²⁾
     

    2022

    Veränderung

    1. Halbjahr 2023

    Veränderung

    Koks, Erdölraffinerieprodukte

    1.827

    85,4

    k.A.

    k.A.

    Chemikalien, chemische Produkte

    1.255

    12,7

    512,9

    0,3

    Gummi- und Kunststoffprodukte

    1.301

    14,4

    689,8

    37,1

    1 Angaben betreffen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern; 2 nominale Veränderung zu 2021 und zum 1. Halbjahr 2022 auf Złoty-Basis.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023

    Ein Grund für die rege Investitionstätigkeit der Kunststoffsparte war der Bau einer Polypropylenfabrik und eines Gashafens für Propan und Ethylen. Die Fabrik wurde durch die Grupa Azoty Polyolefins (Polimery Police) in Kooperation mit der koreanischen Gesellschaft Hyundai Engineering in Police (Pölitz), nördlich von Szczecin (Stettin) gebaut. Die für rund 1,6 Milliarden Euro errichtete Fabrik samt Hafen wird seit Mitte 2023 schrittweise in Betrieb genommen und soll jährlich 437.000 Tonnen Polypropylen (PP) sowie 429.000 Tonnen Propylen produzieren. Außerdem müssen Kunststoffhersteller die Recyclingfähigkeit ihrer Produkte verbessern. Aufgrund des gestiegenen Inlandsangebots von Kunststoff wird mit steigenden Investitionen in dessen Verarbeitung gerechnet. Für deutsche Unternehmen eröffnet sich ein neuer Beschaffungsmarkt.

    Umweltfreundliche Brennstoffe liegen im Trend

    Orlen entwickelt sich zu einem Multienergiekonzern, der ab 2050 kein Kohlendioxid (CO2) mehr ausstoßen will. Das Unternehmen baut den Bereich der Petrochemie stark aus und möchte zur Energiewende Polens beitragen und eine starke Position bei alternativen Brennstoffen wie Wasserstoff erlangen.

    Gemäß seiner Wasserstoffstrategie 2022 bis 2030 plant Orlen Projekte für insgesamt etwa 1,6 Milliarden Euro. Der Konzern testet im Herbst 2023 vor der offiziellen Eröffnung in Poznań (Posen) seine erste allgemein zugängliche Wasserstofftankstelle für Pkw, Lkw und Busse, die er selbst beliefert. Ziel ist es, bis 2030 ein Netz von über 100 Tankstellen zu schaffen. Darunter rund 57 in Polen, 28 in der Tschechischen Republik und 26 in der Slowakei.

    Die landesweit erste Wasserstofftankstelle eröffnete am 11. September 2023 bereits die PAK-PCE Stacje H2 in Warschau. An dieser Gesellschaft beteiligt sind die Braunkohlekraftwerk-Gruppe ZE PAK (Zespół Elektrowni Pątnów-Adamów-Konin) und die Grupa Polsat Plus. Die Unternehmen planen ein Wasserstofftankstellennetz mit dem Markennamen NESO. 

    Polen will demnächst Biomethangas herstellen. Orlen errichtet die erste Anlage des Landes dafür in Gląbowo in Warmia i Mazury (Ermland-Masuren) für 40 Millionen Euro, die im 2. Halbjahr 2024 ihren Betrieb aufnehmen soll. Der Jahresausstoß soll 7 Millionen Kubikmeter Biomethan erreichen, aus dem 5.500 Tonnen Bio-LNG (Flüssiggas) als Kraftstoff für Lkw gewonnen werden können. Außerdem will Orlen künftig seine Biogasanlagen in Konopnica, Wojny-Wawrzyńce und Buczek zu Biomethananlagen ausbauen. Die polnische Gesellschaft des französischen Engie-Konzerns will bis zum 2. Halbjahr 2026 in Glogów (Glogau) eine Anlage für Biomethangas und Bio-LNG errichten. Der Output soll 1.500 Kubikmeter Gas pro Stunde betragen. 

    Orlen schätzt, dass Polen jährlich 4 Milliarden Kubikmeter Biomethangas produzieren könnte. Um allein die Hälfte davon herzustellen, müssten 500 bis 600 Anlagen dafür gebaut werden. Dazu ist ausländische Unterstützung erforderlich, was auch deutschen Firmen Kooperations- und Zulieferchancen eröffnet. Orlen stellt bereits verschiedene Biokraftstoffe her und baut diesen Bereich weiter aus.

    Hohe Kosten lassen Output sinken

    Die höheren Kosten von Roh- und Brennstoffen sowie Energie und die allgemeine Konjunkturflaute machte 2023 die Herstellung von Kunststoffen weniger rentabel. Nach einem kräftigen Zuwachs 2022 sank der Output von Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) und (PP) in den ersten drei Quartalen 2023 merklich. Die Produktion von Kunststoffen in Primärformen insgesamt schrumpfte gegenüber den ersten drei Quartalen 2022 laut GUS um 15,8 Prozent auf 2,25 Millionen Tonnen.

    Wichtige Abnehmerbranchen wie die Kfz-Industrie und die Bauwirtschaft bestellen laut Orlen weniger Polymere. Die Grupa Azoty beklagt eine schwache Nachfrage nach ihrem Kunststoff Polyamid 6, wobei sie auch die Billigkonkurrenz aus Asien zu spüren bekommt. Der Chemiekonzern Ciech beliefert unter anderem die Möbelindustrie mit Polyurethanschaum, die ebenfalls schwächelt. Auch die Rentabilität von Kunststoffverarbeitern wie die des Folienproduzenten Erg sinkt, sodass 2023 weniger Kunststoffprodukte hergestellt werden. Die Produktion von Düngemitteln und Agrarchemikalien brach ebenfalls ein, vor allem aufgrund der hohen Produktionskosten.

    Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Polen
    Projekt

    Investitionssumme (in Mio. Euro)

    ProjektstandInvestor
    Olefine III Komplex, Płock

    5.630

    Durchführung

    fertig 2027

    Orlen
    Erdöl-Hydrocracker

    308

    Durchführung

    fertig 2025

    Orlen (Lotos)

    Produktionsstätte für

    grünen Wasserstoff 

    k.A. (staatliche

     Subvention: 158 Mio. Euro)

    Durchführung

    fertig 2027

    Lotos Green H2

     (Orlen)

    Produktionsstätte

    für Bioethanol

    240

    Durchführung

    fertig Ende 2024

    Orlen

    Sauer- und

    Stickstoffanlage

    160

    Durchführung

    fertig 2025 

    Orlen (Bau durch

    Linde Engineering)

    Installation für Produkte

    auf Basis von Ethylenoxid

    77

    Durchführung

    fertig 2026 

    PCC Exol /

    PCC Rokita

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Pressemeldungen

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

    Der Mineralölkonzern Orlen übernimmt eine Vorreiterrolle bei der Dekarbonisierung des Chemie- und Energiesektors. Klimaneutralität bis 2050 erfordert Milliardeninvestitionen.

    Der polnische Mineralölkonzern Orlen will seine dominante Marktposition und Finanzkraft nutzen, um die Dekarbonisierung voranzutreiben. Übernahmen anderer Großunternehmen erhöhen seinen Umsatz. Damit will Orlen die längerfristig anstehenden Milliardeninvestitionen stemmen, um die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren und bis 2050, gemäß dem ''Grünen Deal“ der EU-Kommission, klimaneutral zu werden. Das Engagement von Orlen gilt dabei nicht nur der chemischen und petrochemischen Industrie. Das Unternehmen soll auch bei der anstehenden Energietransformation die Führungsrolle in Polen übernehmen, wie der Vorstandsvorsitzende Daniel Obajtek verkündet.

    Innovative Bioprodukte tragen zur Nachhaltigkeit bei

    Im Chemiesektor betrifft der Trend zu mehr Nachhaltigkeit sowohl die Produktion selbst als auch die hergestellten Produkte wie Biobrennstoffe oder grünen Wasserstoff. Orlen will längerfristig umfangreiche Investitionen in die Entwicklung eines emissionsarmen und -freien Energiesektors sowie in die Produktion von emissionsarmen und -freien Brennstoffen tätigen. 

    Der Bedarf an herkömmlichen Kraftstoffen sinkt nicht nur angesichts der wachsenden Elektromobilität, sondern auch aufgrund des steigenden Angebots an innovativen und saubereren Alternativprodukten. So vereinbarte Orlen Południe (Süd) die Installation einer großen Ölpresse in Kętrzyn (Rastenburg) für 191 Millionen Euro bis Mitte 2026. Sie soll jährlich 0,5 Millionen Tonnen Raps verarbeiten. Die so gewonnenen 0,2 Millionen Tonnen Öl werden in einen emissionsarmen Biobrennstoff umgewandelt.

    In Jedlicze (Südpolen) errichtet Orlen Południe derzeit eine Installation für 25.000 Tonnen Bioethanol jährlich, das aus Getreidestroh gewonnen und als ökologischer Zusatzstoff für Benzin verwendet wird. Außerdem baut das Unternehmen bis zum 2. Halbjahr 2024 in Płock (Plozk) ein Werk zur Hydrierung von Pflanzenölen, HVO (Hydrogenated Vegetable Oils). Das Endprodukt wird Diesel und Kerosin beigemischt.

    Mehr Kunststoffe werden recycelt

    Da Erdöl generell als Rohstoff an Bedeutung verliert, steht die gesamte petrochemische Industrie vor Veränderungen. Die Entwicklung innovativer, wiederverwertbarer Kunststoffe gewinnt mit der fortschreitenden Kreislaufwirtschaft an Gewicht, in die Orlen ebenfalls investiert. Recycelte Kunststoffe ersetzen zunehmend neu produzierte. Im Jahr 2030 will der Konzern bereits über Recycling-Installationen mit einer Gesamtkapazität von über 300.000 Tonnen jährlich verfügen. Damit sollen kommunale Abfälle verwertet und neue petrochemische Halbfabrikate sowie Produkte gewonnen werden.

    Für all diese umfangreichen und vielfältigen Transformationsprozesse benötigt Orlen auch Know-how und Technologien aus dem Ausland. Deutsche Investitionsgüter werden geschätzt und haben gute Chancen auf dem polnischen Markt. So errichtet Linde Engineering für Orlen eine Sauer- und Stickstoffanlage in Płock.

    Bis 2030 ein Viertel weniger Kohlendioxid-Emissionen

    In einer ersten Etappe strebt Orlen bis 2030 eine Reduktion des Ausstoßes von CO2 um 25 Prozent gegenüber 2023 an, in den Bereichen Raffinerie, Petrochemie und Rohstoffförderung. Gleichzeitig diversifiziert er sein Sortiment, das sowohl Brennstoffe, Gas und grünen Wasserstoff als auch Strom und Elektromobilität, wie etwa Ladestationen für E-Autos, umfasst. Von 2023 bis 2030 will Orlen rund 40 Prozent seiner Investitionsausgaben für ''grün'' Vorhaben aufwenden. Dazu zählen auch Investitionen in erneuerbare Energien wie Offshore-Windparks.

    Ein weiteres Geschäftsfeld ist Kunstdünger, den die zur Orlen-Gruppe gehörende Firma Anwil produziert. Diese nimmt gegen Ende 2023 ihre dritte Produktionslinie für Stickstoffdünger an ihrem Standort in Włocławek in Betrieb. Die für 383 Millionen Euro installierte Anlage stößt während des Produktionsprozesses kaum Treibhausgase aus und produziert vier neue, qualitativ besonders hochwertige Düngemittel. Die Jahreskapazität von Anwil erhöht sich dadurch von 1 Million auf 1,5 Millionen Tonnen Dünger.

    Führend bei Kunstdünger ist die Dünger- und Chemiegruppe, Grupa Azoty. Sie setzt sich nicht nur für dessen effizientere Anwendung ein, sondern erforscht und entwickelt auch bei Grupa Azoty Fosfory in Gdańsk (Danzig) Biodünger. Außerdem entwickelt sie den Wasserstoffbereich weiter. Branchenfremde Unternehmen engagieren sich hier ebenfalls wie das Kupferkombinat KGHM oder die Kohlegesellschaft JSW (Jastrzębska Spółka Węglowa).

    Hoffnung auf EU-Förderung          

    Finanzielle Mittel für die geplanten Investitionen stehen Orlen zur Verfügung. Der Konzern erwirtschaftete in den ersten drei Quartalen 2023 einen Umsatz von 58,6 Milliarden Euro mit einem Nettogewinn von 3,8 Milliarden Euro. Gleichzeitig wurden 4,6 Milliarden Euro wieder investiert.

    Die künftige polnische Regierung wird versuchen, den Streit über die Rechtsstaatlichkeit mit der EU beizulegen. Wenn dies gelingt, könnten die zurückgehaltenen EU-Mittel aus dem Wiederaufbaufonds ab 2024 freigegeben werden. Im Rahmen des nationalen WIederaufbauplans KPO (Krajowy Program Odbudowy) stehen zunächst insgesamt 34 Milliarden Euro für nachhaltige Reformen und Investitionen bereit, davon 22,5 Milliarden als Zuschüsse und 11,5 Milliarden als vergünstigte Kredite. Beantragt sind weitere Mittel, sodass sich der Gesamtbetrag der 60-Milliarden-Euro-Marke annähern könnte.

    Förderfähig sind Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz, darunter in erneuerbare Energien und in die Energieeffizienz. Für Wasserstofftechnologien sind 800 Millionen Euro vorgesehen. Die Mittel, die auch die Chemieindustrie nutzen kann, müssen bis Ende 2026 ausgegeben werden. Einige Firmen haben Investitionen selbst vorfinanziert und hoffen auf eine spätere Rückerstattung. Insgesamt verzögerte sich aber die Investitionstätigkeit durch das Einfrieren der Mittel. Eine Auszahlung der Gelder würde den Investitionen neuen Schub verleihen.

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Branchenstruktur

    Nach Übernahmen großer Unternehmen hat der Mineralölkonzern Orlen eine dominante Marktposition erreicht. Die Stickstoffgruppe Azoty folgt auf Platz zwei.

    Polen hat eine bedeutende eigene Chemieindustrie einschließlich Petrochemie. Für deutsche Firmen ist das Land daher auch ein zunehmend wichtiger Beschaffungsmarkt. Für weitere Kapazitätssteigerungen sind allerdings zusätzliche Investitionsgüter erforderlich. Auch die deutschen Exporte chemischer Erzeugnisse nach Polen im Wert von 10,8 Milliarden Euro 2022 sind beträchtlich (+12,1 Prozent gegenüber 2021).

    Orlen dominiert die Branche

    Der inzwischen in mehreren Bereichen aktive inländische Mineralölkonzern Orlen hat eine beherrschende Marktstellung erlangt. Im 2. Halbjahr 2022 schloss er die Übernahme seines kleineren Konkurrenten Grupa Lotos und der Polnischen Erdölförderung und Gaswirtschaft PGNiG S.A. (Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo) ab. Bei Kunstdünger hat die Stickstoffgruppe Azoty eine dominante Position. 

    Das Chemieunternehmen Ciech erwirbt die Kulczyk Investments Chemistry im Herbst 2023 vollständig, die es von der Börse nehmen will. Teil der globalen Entwicklungspläne für Ciech sind Übernahmen anderer Unternehmen. Ciech hat bereits in Deutschland ein eigenes Sodawerk in Stassfurt. Der Fonds Ciech Ventures beteiligt sich an der Finanzierung von Start-ups wie etwa EcoBean. Dieses Start-up verarbeitet Kaffeesatz zu weiter verwendbaren Biorohstoffen und will ein EcoBean Technology Center (ETC) gründen. Im Ergebnis sollen durch Raffinerie Kaffeeöl, Milchsäure und weitere Erzeugnisse gewonnen werden, die für die Nahrungsmittel- und Kosmetikbranche bestimmt sind.

    Ciech Sarzyna bildet zusammen mit der spanischen Firma Proplan den Geschäftsbereich AGRO der Ciech-Gruppe. Sarzyna ist laut Ciech auf Pflanzenschutzmittel spezialisiert und ist der größte inländische Hersteller sowie Marktführer im Verkauf von Herbiziden (Unkrautvernichtungsmitteln). 

    Von Bedeutung bei der Herstellung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln ist auch die Synthos Agro. Sie gehört zur Chemiegruppe Synthos, dem führenden Produzenten von chemischen Grundstoffen in Polen und Europas größtem Hersteller von Polystyrol und Synthesekautschuk. Synthos produziert Chemieprodukte unter anderem für die Bauwirtschaft. Hier hat auch die Grupa Atlas eine starke Position. Farben und Lacke produziert Polen in hohem Maße. Ein bedeutender Hersteller ist beispielsweise FFiL Śnieżka. 

    Ausländisches Kapital spielt in der polnischen Chemieindustrie insgesamt eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme bilden internationale Mineralölkonzerne wie BP und Shell, die mit Tankstellenketten vertreten sind. Kapital aus dem Ausland hat für die Gummisparte jedoch eine große Bedeutung. Denn an den großen Reifenfabriken sind die internationalen Konzerne Michelin (in Olsztyn / Allenstein), Goodyear (in Dębica) und Bridgestone (in Poznań / Posen) beteiligt.

    Produktion geht weiter zurück

    Die Umsätze sämtlicher Hersteller von Koks und Erdölraffinerieprodukten (inklusive kleine mit weniger als zehn Mitarbeitern) verdoppelten sich laut GUS 2022 nominal fast auf 38,8 Milliarden Euro. Die Produzenten von Chemikalien und Chemieprodukten mit mindestens zehn Mitarbeitern setzten 26,4 Milliarden Euro um (auf Złoty-Basis nominal +40,4 Prozent gegenüber 2021). In den ersten drei Quartalen 2023 erfolgte jedoch ein Rückgang auf 16,7 Milliarden Euro (-20,0 Prozent gegenüber Januar bis September 2022). Die Umsätze der Hersteller von Gummi- und Kunststoffprodukten mit mindestens zehn Mitarbeitern stiegen 2022 auf 32,4 Milliarden Euro (+21,6 Prozent) und sanken in den ersten neun Monaten 2023 auf 24,1 Milliarden Euro (-4,1 Prozent). Die Zuwächse waren auch auf Preissteigerungen zurückzuführen.

    Der mengenmäßige Output sank in den ersten drei Quartalen 2023 in fast allen Produktgruppen gegenüber Januar bis September 2022 mit Ausnahme von Benzin, Diesel und Heizöl sowie Seife.

     

    Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in Polen (in 1.000 Tonnen, Veränderung in Prozent)

    Sparte

    2021

    2022

    Veränderung 2022/2021

    Stickstoffdünger *)

    2.102

    1.755

    -16,5

    Phosphordünger *)

    449

    325

    -27,6

    Kunststoffe in Grundformen

    3.693

    3.668

    -0,7

      Polyethylen

    266

    348

    30,8

      Polyvinylchlorid (PVC)

    231

    284

    22,9

      Polypropylen

    313

    334

    6,7

    Pestizide

    109

    115

    5,5

    Farben und Lacke

    1.690

    1.499

    -11,3

    Gummiprodukte

    1.146

    1.155

    0,8

    Reifen (1.000 Stück)

    59.444

    53.089

    -10,7

    * umgerechnet in reinen Bestandteil einschließlich mit mehreren Bestandteilen. Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023

     

    Firmen beteiligen sich grenzüberschreitend

    Neben den großen Branchenführern befassen sich zahlreiche kleinere Firmen zum Beispiel mit der Herstellung von Produkten aus Kunststoff. Das zeigt sich auch in der Anzahl der Beschäftigten: Ende September 2023 waren laut GUS bei Betrieben mit mindestens zehn Mitarbeitern des Gummi- und Kunststoffbereichs insgesamt rund 221.000 Arbeitskräfte tätig (-2,0 Prozent gegenüber September 2022). Bei Betrieben der Sparte Chemikalien und Chemieprodukte waren es 84.000 Personen (+1,4 Prozent) und in der Branche Koks und Erdölraffinerie waren es 15.000 Mitarbeiter.

    Zu den deutschen Unternehmen, die in Polen vertreten sind, zählt zum Beispiel die Chemie-Holding PCC SE aus Duisburg, zu der PCC Rokita gehört. Bei den anstehenden vielfältigen Projekten haben deutsche Firmen gute Zulieferchancen bei Investitionsgütern, Maschinen und Ausrüstungen. Der Hersteller von Schwer- und Leichtsoda, Ciech Soda Polska aus Inowrocław (Hohensalza), etwa digitalisiert mit Hilfe eines Produktionssimulators von Siemens seine Produktionsprozesse. Die eingesetzte Software soll zu einem effizienteren Einsatz von Rohstoffen und Vorprodukten führen. Daneben ist der Importbedarf Polens an chemischen Erzeugnissen weiter groß, die vielfach aus Deutschland stammen. Hier macht sich aber eine Konkurrenz aus Asien zunehmend bemerkbar.

     

    Wichtige Branchenunternehmen in Polen (Umsatz 2022 in Millionen Euro)

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 1)

    Orlen S.A. 2)

    Mineralöl-/Energiekonzern

    59.231

    Grupa Azoty S.A.

    Stickstoff, Dünger

    5.262

    BP Europa SEErdöl, Kraftstoffe

    3.316

    Grupa Azoty Zakłady Azotowe Puławy SAStickstoffdünger

    1.899

    Synthos S.A.

    Chemieprodukte

    1.883

    BASF Polska Sp. z o. o.Chemieprodukte

    1.544

    Shell Polska sp.z o. o.

    Erdöl, Kraftstoffe

    1.487

    Boryszew S.A.

    Kunststoffe

    1.449

    Anwil S.A. (PKN Orlen)

    PVC, Stickstoffdünger

    1.224

    Ciech S.A.

    Chemieprodukte, Soda

    1.156

    1 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 Euro = 4,6861 Złoty, 2 zum Teil ohne die 2022 übernommenen Unternehmen.Quelle: Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen Polens 2022 der Tageszeitung Rzeczpospolita 2023

     

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Rahmenbedingungen

    Die polnische Chemieindustrie muss die Vorgaben des Green Deal der EU erfüllen. Anfang 2025 tritt ein Pfandsystem in Kraft, das auch Plastikflaschen mit bis zu 3 Litern betrifft.

    Der Umweltschutz gewinnt auch für die polnische Chemieindustrie an Priorität, denn der Ausstoß von Treibhausgasen muss gemäß der EU-Strategie bis 2050 beendet werden und Kunststoffe sollen verstärkt wiederverwertet werden können. Die EU-Richtlinie zum Single Use Plastics (SUP) wurde mit Wirkung vom 24. Mai 2023 in polnisches Recht umgesetzt, die Richtlinie verbietet nun einige Einwegprodukte aus Kunststoff. Manche Produkte müssen nun speziell gekennzeichnet werden. Hinzu kommen Bestimmungen, wie mit einigen Abfällen umzugehen ist und auch zusätzliche Abgaben für Produzenten. Für Hersteller, die Produkte in Verpackungen auf den Markt bringen, werden spezielle Zahlungen fällig.

    Neues Gesetz für Flaschenpfand in Kraft

    Einwegflaschen aus Kunststoff für Wasser, Saft, Nektar oder Milch mit bis zu 3 Litern Fassungsvermögen fallen ab dem 01. Januar 2025 unter das neue Pfandgesetz, das im Sommer 2023 entsprechend den EU-Vorgaben beschlossen wurde. Geschäfte mit über 200 Quadratmetern Fläche müssen leere, gebrauchte Flaschen ohne Einkaufsquittung zurücknehmen und das Pfand auszahlen, kleinere Läden können sich dem freiwillig anschließen. Sämtliche Geschäfte müssen aber das Pfand berechnen, dessen Höhe das Klimaministerium per Verordnung festsetzt. Die Nachfrage nach Pfandautomaten wird entsprechend zunehmen, und Recycling-Betriebe dürften ihre Kapazitäten angesichts des größeren Rohstoffaufkommens ausbauen.   

    Das Polskie Centrum Badań i Certyfikacji (PCBC, Polnisches Zentrum für Prüfung und Zertifizierung) zertifiziert unter anderem chemische Produkte.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Kontaktadressen

    Weitere Informationen über die polnische Chemiebranche sind bei verschiedenen Stellen erhältlich. 

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Polen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministerstwo Ministerstwo Rozwoju i Technologii

    Ministerium für Entwicklung und Technologie
    Ministerstwo Klimatu i ŚrodowiskaMinisterium für Klima und Umweltschutz

    Ministerstwo Rolnictwa i Rozwoju Wsi

    Ministerium für Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung
    Instytut Ochrony ŚrodowiskaUmweltschutzinstitut, beurteilt Dünge-, Pflanzenschutzmittel
    Narodowe Centrum Badań i  Rozwoju Forschung und Entwicklung-Institut; Förderung

    Polska Izba Przemysłu Chemicznego (PIPC)

    Chemieverband
    Polski Związek Przetworców Tworzyw SztucznychVerband der Kunststoffverarbeiter

    Polskie Stowarzyszenie Ochrony Roślin (PSOR)

    Polnische Pflanzenschutzvereinigung
    Polska Organizacja Przemysłu i Handlu NaftowegoVerband für Erdölprodukte
    Polska Izba OpakowanVerband der Verpackungsindustrie
    Polski Związek Przemysłu Oponarskiego (PZPO),Reifenverband

    Chemik

    Fachzeitschrift, monatlich
    Chemia przemysłowa (Industriechemie)Fachzeitschrift, quartalsweise
    Tworzywa Sztuczne w PrzemysłeFachzeitschrift Kunststoff in Industrie, alle zwei Monate
    TworzywaFachzeitschrift Kunststoffverarbeitung, quartalsweise

    Plastpol (Kielce), Messe

    Kunststoffe, Gummi, nächste 21.-24.05.2024
    Budma (Poznań), MesseBau, nächste 30.01.-02.02.2024
    World Food Poland (Warschau), MesseNahrungsmittel / -verpackungen, nächste: 16.-18.04.2024

    Chemia i Biznes

    Fachportal
    Kierunek ChemiaChemie-Portal
    Tworzywa.plKunststoffe-Portal

     

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