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Wirtschaftsausblick | Kolumbien
Die Prognose für die kolumbianische Wirtschaft 2020 liegt bei einem Rückgang von 8 Prozent. Für die kommenden Jahre wird dennoch eine positive Entwicklung erwartet.
21.12.2020
Von Edwin Schuh | Bogotá
In Kolumbien hat der Lockdown 2020 starke Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die landesweite Ausgangssperre wurde Mitte März ausgerufen und galt, mit sektoriellen Abstufungen, bis zum 31. August. Besonders stark betroffen war das Hotel- und Gastgewerbe, dessen Wertschöpfung zwischen Januar und September 2020 rund -40,5 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres lag. Auch die Bauwirtschaft (-23,4 Prozent), der Transportsektor (-22,1 Prozent), der Rohstoffsektor (-14,5 Prozent) und das verarbeitende Gewerbe (-11,1 Prozent) verzeichneten in diesem Zeitraum hohe Einbußen.
Größere Veranstaltungen mit über 50 Personen sind auch in der sogenannten Periode der selektiven Isolierung, die seit September 2020 gilt, untersagt. Der Tourismus und der Transportsektor leiden zudem unter dem Wegfall nationaler und internationaler Reisender. Auch 2021 wird sich daran wenig ändern: Nach Aussage des Gesundheitsministers Fernando Ruiz hat sich Kolumbien für 2021 nur 15 Millionen Impfdosen sichern können, die für das medizinischen Personal und ältere Menschen bestimmt seien. Die restliche Bevölkerung wird daher erst 2022 oder sogar 2023 gegen Covid-19 geimpft werden können.
Zwischen 2021 und 2025 soll die kolumbianische Wirtschaft im Schnitt um 3,8 Prozent jährlich wachsen, so die aktuelle Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF). Neben der zu erwartenden Normalisierung des Wirtschaftslebens ab 2022 soll auch das Konjunkturpaket Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ankurbeln. Es sieht Investitionen von 100 Billionen kolumbianischen Pesos vor, umgerechnet rund 28,9 Milliarden US-Dollar (US$). Dies entspricht etwa 10 Prozent des BIP.
Indikator | 2018 | 2019 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 331,0 | 323,7 | 3.847 |
BIP pro Kopf (US$) | 6.853 | 6.553 | 46.286 |
Bevölkerung (Mio.) | 48,3 | 49,4 | 83 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = kol$) | 2.957 | 3.281 | - |
Die öffentliche Verschuldung ist während der Coronakrise stark angestiegen. Lag die Verschuldungsquote 2019 noch bei 54,5 Prozent des BIP, so soll sie laut Prognose des britischen Marktbeobachters Economist Intelligence Unit (EIU) 2021 auf rund 73 Prozent des BIP ansteigen. Neben höherer Ausgaben der Regierung spielen auch geringere Einnahmen aufgrund der Steuerreform von 2019 und dem niedrigeren Erdölpreis eine Rolle. Der Erdölsektor sorgt normalerweise für rund 10 Prozent der Staatseinnahmen.
Die Investitionstätigkeit ging während des Lockdowns stark zurück. Nach Angaben des Statistikamtes DANE wurde im 2. Quartal 2020 rund 33,6 Prozent weniger investiert als im selben Zeitraum des Vorjahres. Besonders die Investitionen in Maschinen und Anlagen (-37,7 Prozent) und Wohnungsbau (-36,9 Prozent) litten. Seit September hat sich die Situation etwas gebessert, jedoch liegen die Investitionen weiterhin deutlich unter Vorjahresniveau.
Die Investitionen des Konjunkturpakets Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia sollen zu 60 Prozent vom öffentlichen Sektor und zu 40 Prozent von der Privatwirtschaft gestemmt werden. Das Programm soll laut Regierung 1 Million Arbeitsplätze schaffen, unter anderem dank einer vorgezogenen Durchführung von Infrastrukturprojekten im Wert von 5,3 Milliarden US$. Die Projekte waren im Zuge des im Frühjahr 2020 angekündigten Infrastrukturprogramms Fünfte Generation (Quinta Generación, 5G) jedoch ohnehin vorgesehen gewesen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Vierte Generation von Infrastrukturkonzessionen (4G) | 13.400 | 22 der insgesamt 29 Autobahnprojekte vergeben und im Bau, bei restlichen Projekten steht Finanzierung aus | |
Fünfte Generation von Infrastrukturkonzessionen (5G) | zwischen 8.000 und 11.000 | 12 multimodale Projekte der 1. Phase veröffentlicht, sollen 2020 und 2021 vergeben werden; weitere Projekte folgen | |
Metrolinie 1 Bogotá | 4.300 | Bau und Betrieb im Oktober 2019 an Harbour Engineering Company, Xi'an Metro Company (beide China) und Bombardier (Kanada) vergeben | |
Investitionen der Ölgesellschaft Ecopetrol in 2020 | 2.500 bis 3.000 | 80% der Investitionen in Exploration und Produktion, 11% in Logistik und Raffinerien, 7% in Transport | |
6 Autobahnprojekte der Infrastrukturkonzessionen 5G | 2.400 | Ausschreibung für erstes Projekt (Zugang Cali - Palmira) läuft | |
Regionalbahn Regiotram del Norte (Bogotá - Zipaquirá) | 1.500 | Machbarkeitsstudien | |
Kläranlage Canoas (Bogotá) | 1.200 | Finanzierung geklärt; derzeit Beantragung der Umweltlizenz; Ausschreibung 2021 | |
Regiotram del Occidente (Bogotá - Facatativá) | 1.100 | Bau und Betrieb im Dezember 2019 an China Civil Engineering Construction Corporation (CCECC) vergeben; Inbetriebnahme 2023 geplant | |
Metrolinie 3 (Medellín) | 940 | Technische Studien; Finanzierung (30% Stadt Medellín und 70% Zentralregierung) aufgrund Coronapandemie unsicher | |
Zwei neue Strecken des BRT-Systems Transmilenio (Bogotá) | 900 | Strecke Avenida 68 im Januar 2020 vergeben; Strecke Avenida Ciudad de Cali wird im Juli 2020 ausgeschrieben | Instituto de Desarrollo Urbano |
Die nationale Ausschreibungsdatenbank der kolumbianischen Regierung ist Colombia Compra Eficiente.
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Der Haushaltskonsum ging zwischen Januar und September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,6 Prozent zurück, wobei insbesondere das 2. Quartal von dem Lockdown betroffen war. Der Onlinehandel konnte den Wegfall des Konsums nur bedingt ausgleichen. Besonders deutlich fielen in den ersten neun Monaten des Jahres der Konsum von Transportdienstleistungen (-43,2 Prozent), Restaurants und Hotels (-33,6 Prozent) und Bekleidung (-25,4 Prozent). Der Verbrauch von Lebensmitteln und Getränken stieg dafür um 8,4 Prozent.
Zur Anregung des Konsums erließ die Regierung an drei Tagen (19. Juni, 3. Juli, 21. November) auf bestimmte Produkte die Mehrwertsteuer IVA (Impuesto de Valor Agregado, normalerweise 19 Prozent). Davon profitierten in erster Linie Elektroprodukte. Auch erließ die Regierung bis zum 31. Dezember die Mehrwertsteuer auf alle touristischen Dienstleistungen, wie etwa Hotels (Dekret 789).
Die Importe Kolumbiens beliefen sich in den ersten neun Monaten 2020 auf 31,5 Milliarden US$, rund 20,4 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Insbesondere die Einfuhren von Kfz, Maschinen und Anlagen, Eisen und Stahl sowie Erdöl entwickelten sich negativ.
Die Lieferungen aus Deutschland kamen zwischen Januar und September auf 1,2 Milliarden US$, fast ein Viertel unter Vorjahresniveau. Damit blieb Deutschland jedoch fünftwichtigster Lieferant hinter den USA, China, Mexiko und Brasilien. Rund 27,2 Prozent der deutschen Lieferungen entfielen auf pharmazeutische Produkte, gefolgt von Maschinen und Anlagen (16,2 Prozent) und Kfz (8,2 Prozent)
Kolumbiens Exporte gingen zwischen Januar und September um 23,6 Prozent zurück und erreichten 22,8 Milliarden US$. Auslöser war vor allem der Einbruch der Rohstoffexporte (-39,5 Prozent auf 10,2 Milliarden US$), während die Ausfuhren von Agrarprodukten und Lebensmitteln sogar zunahmen.
2018 | 2019 | Veränderung 2019/2018 | |
---|---|---|---|
Importe | 51.231 | 52.703 | 2,9 |
Exporte | 41.905 | 39.502 | -5,7 |
Handelsbilanzsaldo | -9.326 | -13.201 | - |