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Wirtschaftsausblick | Kolumbien

Steigende Exporte und mehr Konsum beflügeln Kolumbiens Wirtschaft

Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum 2024 in Kolumbien hellen sich auf. Allerdings hakt es bei der strategisch wichtigen Energiewende im Land.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Top-Thema: Energiewende in Kolumbien kommt nicht in Fahrt

Kolumbiens Potenzial für erneuerbare Energien ist ausgezeichnet: Die Bedingungen für die Solarenergie und die Windkraft sind erstklassig. Auf dieser Basis könnte sich das südamerikanische Land langfristig weltweit als wichtiger Lieferant von grüner Energie positionieren. Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme eignet sich Kolumbien bestens für den Export von grünem Wasserstoff nach Deutschland, da die Produktionskosten besonders günstig seien. Entsprechende Projekte sind bereits angekündigt beziehungsweise in Planung.

Doch die Umsetzung der Vorhaben und der umfassenden Regierungspläne stockt: Gemeinden blockieren Projekte, Genehmigungsverfahren verzögern sich mitunter um Jahre. Und auch die regulatorischen Rahmenbedingungen haben sich Branchenvertretern zufolge verschlechtert. Der italienische Konzern Enel stellte bereits ein Großprojekt ein, da es sich wegen schwieriger Zulassungsverfahren nicht mehr zu rentieren drohte. Und EDF aus Frankreich erklärte Anfang Oktober 2023 den Rückzug aus einem Solarprojekt. Im Energy Transition Index 2023 fiel Kolumbien im Vergleich zu 2021 gleich um zehn Plätze zurück.

Trotz der Anlaufschwierigkeiten muss Kolumbien seinen Strommix langfristig auf erneuerbare Energien ausrichten. Denn Trockenheit und begrenzte fossile Reserven gefährden die Energiesicherheit des Landes. Geht es nach den Plänen der Regierung, soll 2050 mit 44 Prozent fast die Hälfte des Stroms aus Wind und Sonne kommen.

Wirtschaftsentwicklung: Konjunktur zieht 2024 wieder an

Nach einem Plus von real voraussichtlich 1,6 Prozent im Jahr 2023 dürfte sich das Wirtschaftswachstum 2024 beschleunigen: Der Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) geht von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,8 Prozent aus. Vor allem das verarbeitende Gewerbe sowie der Groß- und Einzelhandel sollen die Konjunktur treiben.

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Investitionen bleiben gedämpft

Investitionen werden im Jahr 2024 voraussichtlich von der sinkenden Inflation und einer gelockerten Geldpolitik profitieren. Gegenwind kommt aber von der Unsicherheit über die Politik der Regierung und höheren Abgaben im Ölsektor. Die Investitionen im Gebäudesektor sowie in Maschinen und Anlagen dürften sich im 1. Halbjahr 2024 nur verhalten entwickeln, so das spanische Kreditinstitut BBVA. Für das Gesamtjahr rechnet die EIU mit einem Anstieg der Investitionen um 2,6 Prozent. 

Inflation nimmt ab, Verbrauch nimmt zu

Die Inflation in Kolumbien, die 2022 rund 10,2 Prozent betragen hat, schwächt sich ab. Bis Ende 2024 könnte sie nach Einschätzung der EIU auf 4,2 Prozent zurückgehen. Dies schafft Spielraum für eine Lockerung der strikten Geldpolitik, was dem Konsum zugutekommt. Beobachter gehen von Wachstumsraten bei den privaten Ausgaben von jährlich über 3 Prozent aus. Vor allem der Kauf von langlebigen Wirtschaftsgütern wie zum Beispiel Möbeln, Autos oder Waschmaschinen werde zunehmen, so BBVA. Risiken birgt das Wetterphänomen El Niño mit seinen Auswirkungen auf die Wasserkraft und damit auf die Strompreise. Zusammen mit dem schwachen Arbeitsmarkt würde das den Verbrauch drücken. Die Ausgaben für Sozialprogramme bleiben dagegen auf hohem Niveau.

Ausfuhren profitieren von erwarteter Erholung der Weltwirtschaft

Die Analysten der EIU erwarten, dass sich die Weltwirtschaft im 2. Halbjahr 2024 erholen wird. Tritt diese Prognose ein, so könnten die Exporte Kolumbiens im Gesamtjahr 2024 um 7 Prozent wachsen. Hauptexportprodukt des Landes ist Erdöl. Die Einnahmen aus dem Ölexport spielen eine wichtige Rolle für den Staatshaushalt.

Aufgrund der wachsenden inländischen Nachfrage dürften auch die Importe weiter deutlich steigen. Dies hat Folgen für das Leistungsbilanzdefizit, das sich mittelfristig bei rund 4 Prozent des BIP bewegen wird. Kolumbien bleibt damit anfällig für Währungsabwertungen.

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Deutsche Perspektive: Politik als Risikofaktor

Kolumbien gilt bei deutschen Unternehmen als Land mit stabilem institutionellen Rahmen und recht gutem Fachkräftepotenzial. Als Schwächen werden strukturelle Korruption, Bürokratie und nichttarifäre Handelshemmnisse gesehen. Im AHK World Business Outlook vom Frühjahr 2023 bemängelten die befragten Unternehmen in Kolumbien neben der Wechselkursvolatilität auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Geschäftsrisiken. So sind deutsche Pharmahersteller besorgt über die Pläne für eine Gesundheitsreform. Sie befürchten einen tiefgreifenden Umbau des Gesundheitssystems.

Für Erleichterung bei Investoren sorgten dagegen die Ergebnisse der Regionalwahlen im Oktober 2023, bei der die Regierungsparteien Einbußen hinnehmen mussten.

"Nach den jüngsten Wahlen sehen die wirtschaftlichen Aussichten für die Industrie in Kolumbien 2024 positiver aus."

Miguel Villanueva Vertriebsleiter bei Trumpf, Kolumbien

Deutschland ist seit zwei Jahrzehnten ein stabiles Lieferland für Kolumbien - der Anteil an den kolumbianischen Importen liegt bei etwa 3 bis 4 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat China immer mehr an Einfluss gewonnen: Deutsche Firmen konkurrieren zunehmend mit chinesischen Anbietern. Kapitalstarke Unternehmen aus der Volksrepublik können die Finanzierung von Großprojekten leichter stemmen und gehen deshalb mehr Risiken ein. Einige Stimmen beklagen zudem, dass Ausschreibungskriterien chinesische Firmen begünstigen würden.

Der Bestand der deutschen Direktinvestitionen in Kolumbien lag 2021 bei rund 2 Milliarden US-Dollar (US$). Das Land ist ein attraktiver Standort, oft beherbergt es die regionale Unternehmenszentrale deutscher Firmen. BayWa r.e. eröffnete im Oktober 2023 in Medellín ein Vertriebszentrum für Solarmodule, Wechselrichter und weitere Komponenten. Das baden-württembergische Unternehmen Viridi kündigte Anfang 2023 an, 220 Millionen US$ in acht Projekte für erneuerbare Energien zu investieren.

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Nähere Informationen zu Kolumbien finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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