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Wirtschaftsausblick | Tschechische Republik

Tschechien erhöht die Wachstumsprognosen

Der starke Konsum und die Bauwirtschaft sorgen für Impulse in Tschechien. Die Wirtschaft wächst unerwartet stark, selbst die Exporte sind robust gegenüber neuen Handelshemmnissen.

Von Gerit Schulze | Prag

Top-Thema: Neue Regierung mit ambitionierten Zielen

Tschechien bekommt eine neue Regierung. Demnächst wird eine Dreierkoalition des Wahlsiegers ANO, der Autofahrerpartei Motoristé sobě und der EU-feindlichen Rechtsaußenpartei SPD die Geschicke des Landes bestimmen.

Die designierte Regierung setzt laut ihrem Programm auf weniger Steuern, mehr Bauprojekte und einen schlankeren Staat. Geplant sind eine Senkung der Körperschaftsteuer von 21 auf 19 Prozent sowie bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungsausgaben. Straßen und Schienenwege sollen modernisiert und Firmen von bürokratischem Ballast befreit werden. 

Beim Ausbau von Wind- und Solarkraft wird die neue Regierung auf die Bremse treten, ebenso beim geplanten Handel mit Emissionszertifikaten für Haushalte und Verkehr (ETS 2). Stattdessen steht das Kabinett hinter den Ausbauzielen für die Kernkraft.

Nach Deutschlands Ankündigung, energieintensive Unternehmen ab 2026 beim Strompreis zu entlasten, ist auch Tschechien unter Zugzwang. Der designierte Wirtschaftsminister Karel Havlíček schließt subventionierte Stromtarife für die Industrie nicht mehr aus.

Wirtschaftsentwicklung: Haushalte und Bauwirtschaft sorgen für Wachstum

Tschechiens Wirtschaft schafft ein erstaunliches Tempo. Im 3. Quartal 2025 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Regierung hat ihre Prognose für 2025 und 2026 angehoben.

Wichtigster Wachstumstreiber sind die privaten Konsumausgaben und der Boom in der Bauwirtschaft. Im September 2025 lag der Wert der Bauproduktion saisonbereinigt um 14 Prozent über dem Vorjahreswert. Wegen langer Genehmigungsverfahren ist die Zahl der Baugenehmigungen aber weiter gesunken, sodass der Aufschwung schnell beendet sein könnte. 

Ebenfalls einen positiven Beitrag zum Wachstum leisteten 2025 die Lagerbestände. Viele Unternehmen stockten ihre Vorräte angesichts der unsicheren Entwicklung bei den Zöllen auf. Auch dieser Effekt könnte im Folgejahr verpuffen.

Im verarbeitenden Gewerbe legte der Produktionswert von Januar bis September 2025 um weniger als 1 Prozent zu. Die wichtige Fahrzeugindustrie verzeichnete laut Statistikamt sogar einen leichten Rückgang. In Schwierigkeiten stecken vor allem Zulieferer, die für Autofabriken in Westeuropa produzieren. Doch auch die einheimische Pkw-Produktion schrumpfte in den ersten drei Quartalen 2025. Das hing vor allem mit dem starken Rückgang im Hyundai-Werk Nošovice zusammen (-16 Prozent). 

Sinkende Sparquote und höhere Löhne befeuern den Konsum

Die Privathaushalte holen die in den Vorjahren aufgeschobenen Anschaffungen nach. Sie profitieren von steigenden Realeinkommen und sparen weniger. Das für die Regierungsprognosen zuständige Finanzministerium rechnet für 2025 mit einem Lohnplus von real 4,3 Prozent und 2026 von 3,4 Prozent. Während in der Industrie Entlassungswellen laufen, stellen der Dienstleistungssektor und die Bauwirtschaft Personal ein. Die Arbeitslosigkeit steigt daher nur langsam.

Laut Statistikamt erreichte das Verbrauchervertrauen im November 2025 ein Sechs-Jahres-Hoch. Die Einzelhandelsumsätze erhöhten sich in den ersten drei Quartalen saisonbereinigt um fast 4 Prozent. Auch der Dienstleistungssektor profitiert von der Konsumfreude der Haushalte.

Investitionen sollen ab 2026 wieder steigen

Geopolitische Unsicherheiten haben die Investitionsbereitschaft gedämpft. Besonders Ausgaben für Transportmittel, Maschinen und Anlagen waren 2025 betroffen. Dafür steigen die Investitionen staatlicher Institutionen dank Kofinanzierung aus EU-Fonds.

Ab 2026 erwartet die Regierung bei den Bruttoanlageinvestitionen wieder höhere Zuwächse. Ein Anzeichen dafür sind die Auftragseingänge der Industrie. Überdurchschnittlich hoch war der Orderzuwachs bis September 2025 bei Metallverarbeitern, Maschinenbauern und Herstellern von elektrischen Ausrüstungen.

Größere Investitionsprojekte laufen in der Energiewirtschaft (Photovoltaik, Batteriespeicher, Netzausbau), im Wohnungs- und Hotelbau, bei der Dekarbonisierung der Zementindustrie und im Infrastrukturbau. 

Importe wachsen schneller als die Exporte

Höhere Importe von Konsumgütern und die gestiegenen Einfuhrpreise für Vorprodukte verschlechtern Tschechiens Außenhandelsbilanz. Hinzu kommt die aufgewertete Landeswährung. Im Jahresvergleich verteuerte sich die Krone um fast 5 Prozent gegenüber dem Euro. Außerdem entwickeln sich wichtige Exportmärkte wie Deutschland oder die Slowakei derzeit nur langsam.

Die jahrelang hohen Exportüberschüsse fallen deshalb niedriger aus und damit auch ihr Beitrag zum Wirtschaftswachstum. In den ersten drei Quartalen 2025 stiegen Tschechiens Importe laut Eurostat um 4 Prozent, die Exporte dagegen nur um 3 Prozent. 

Auch für 2026 und 2027 erwartet das Finanzministerium größere Zuwächse bei den Importen als bei den Exporten. Die Handelsbilanz bleibt aber deutlich im Plus. 

Deutsche Perspektive: Handel kommt wieder in Schwung

Der deutsch-tschechische Außenhandel entwickelt sich 2025 positiv. Nach Berechnungen von Destatis sind die deutschen Exporte von Januar bis September um 3,6 Prozent gestiegen, die Einfuhren aus Tschechien sogar um 6 Prozent.

Tschechische Unternehmen hoffen auf das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro in Deutschland und erwarten zusätzliche Aufträge bei der Sanierung von Straßen, bei Investitionen in klimaneutrale Energieinfrastruktur oder Wasserstofftechnologien.

Umgekehrt setzen die deutschen Unternehmen auf frischen Wind durch den Regierungswechsel in Prag und darauf, dass wichtige Reformvorhaben angepackt werden. Beim AHK World Business Outlook im Herbst 2025 wurde die Lage in Tschechien noch relativ negativ eingeschätzt. Als größte Risiken bezeichnen deutsche Firmen in Tschechien die schwache Nachfrage und die schnell steigenden Arbeitskosten.

Weitere Informationen (zum Beispiel Rechtsinformationen oder Branchenberichte) finden Sie auf unserer Länderseite Tschechische Republik.

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