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Rechtsbericht | Brasilien | Investitionsrecht

Der Schutz von Arbeitsplätzen in Zeiten der Diversifizierung

Als Reaktion auf die US-Zölle und mit dem Ziel, neue Märkte zu erschließen, verstärkt Brasilien die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Wie im GTAI-Rechtsbericht Diversifizierung auf brasilianische Art dargelegt, hat die brasilianische Regierung das Programm „Plano Brasil Soberano” (Plan für ein souveränes Brasilien) verabschiedet, das durch die vorläufige Maßnahme Nr. 1.309 vom 13. August 2025 (MP 1.309/2025) eingeführt wurde. Es handelt sich um ein Hilfsprogramm angesichts der einseitig von den Vereinigten Staaten verhängten Zölle und vor allem um ein Rechtsinstrument, das die Diversifizierung der Märkte fördert. Es hat unter anderem das Arbeitsrecht geändert. Dieser Bericht gibt einen Überblick über den Kündigungsschutz im brasilianischen Recht und erläutert die wichtigsten Änderungen, die von den in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen zu berücksichtigen sind.

Kündigungsschutz in Zeiten der Handelsspannungen

Im Bereich des Arbeitsrechts besteht der Schwerpunkt des neuen Programms darin, den Zugang zu Kreditfazilitäten und Steueranreizen an die Erhaltung von Arbeitsplätzen durch die begünstigten Unternehmen zu knüpfen. Diese Anforderung findet ihre direkte Grundlage in Art. 170 VIII der brasilianischen Verfassung (Constituição da República Federativa do Brasil de 1988 – CF/88), der das Recht auf Vollbeschäftigung als Grundprinzip der Wirtschaftsordnung festlegt. Darüber hinaus garantiert Art. 7 I der CF/88 das Recht auf Schutz vor willkürlicher Entlassung. Auch wenn die Entlassung von Arbeitnehmern durch den in der brasilianischen Arbeitsgesetzgebung vorgesehenen Mechanismus der „Entschädigungszahlung” (Fundo de Garantia do Tempo de Serviço - FGTS) gemildert werden kann, zielt das neu geschaffene Programm darauf ab, das Risiko von Massenentlassungen in gefährdeten Branchen zu verringern. Es handelt sich also um eine Gegenleistung, die gleichzeitig die Erhaltung von Arbeitsplätzen, die Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und damit die Diversifizierung gewährleisten soll.

Stärkung des Kündigungsschutzes laut Oberstem Gerichtshof (STF)

Die rechtliche Begründung der MP 1.309/2025 hebt die „verheerenden Auswirkungen” hervor, die die von den Vereinigten Staaten einseitig verhängten Zölle auf bestimmte Sektoren haben können, deren Produkte zum Großteil in die USA exportiert werden. Durch die Verknüpfung von Kreditvergünstigungen mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen stärkt das neue Rechtsinstrument die Arbeitsplatzsicherheit und den Kündigungsschutz.

In Brasilien müssen Massenentlassungen gemäß der konsolidierten Rechtsprechung des Obersten Bundesgerichts (Supremo Tribunal Federal – STF) im Urteil zu Thema 638 einer vorherigen kollektiven Verhandlung unterzogen werden. Diese Entscheidung hat allgemeine Auswirkungen (Repercussão Geral), d. h. sie muss von allen brasilianischen Instanzen und Gerichten angewendet werden.

Das Urteil des STF hat festgelegt, dass vorherige Konsultationen mit der Gewerkschaft eine zwingende Verfahrensvoraussetzung bei Massenentlassungen von Arbeitnehmern sind. Es ist wichtig zu betonen, dass für Entlassungen keine Genehmigung der Gewerkschaft erforderlich ist, sondern eine vorherige und transparente Verhandlung zwischen dem Unternehmer und der Gewerkschaft. Dies ist die seit Juni 2022 geltende Rechtsprechung, die darauf abzielt, ungeordnete Massenentlassungen und deren soziale Auswirkungen präventiv zu verhindern. Daher ist die Verknüpfung des Kreditanspruchs für Unternehmen mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen voll und ganz mit der Rechtsprechung des STF vereinbar.

Einrichtung der CNAE

Die MP Nr. 1.309/2025 ist innovativ, da sie die Einrichtung der Nationalen Kammer für Beschäftigungsüberwachung (Câmara Nacional de Acompanhamento do Emprego  - CNAE) vorsieht. Diese Stelle wird die Aufgabe haben, das Beschäftigungsniveau zu überwachen, die Auswirkungen auf die Produktionsketten zu verfolgen und die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Programm zu überwachen. Rechtlich gesehen wird diese Funktion bereits vom Ministerium für Arbeit und Beschäftigung (Ministério do Trabalho e Emprego – MTE) und der Arbeitsaufsichtsbehörde (Secretaria de Inspeção do Trabalho - SIT) wahrgenommen, wie in Art. 626 des CLT (Consolidação das Leis do Trabalho - CLT) vorgesehen, der den Verwaltungsbehörden die Pflicht auferlegt, die Anwendung der Kündigungsschutzvorschriften sicherzustellen. Die CNAE konzentriert sich jedoch speziell auf die Überwachung und Wahrung der Arbeitsrechte im aktuellen außergewöhnlichen Kontext. Die neue Behörde wird befristet eingerichtet und die höchste Fachbehörde sein, solange die Unsicherheiten auf internationaler Ebene bestehen bleiben.

Relevanz des Plans für deutsche Unternehmen

Wie in Deutschland ist auch in Brasilien das Arbeitsrecht ein grundlegender Baustein für wirtschaftliche und soziale Stabilität. Bei der Bewertung von Investitionen oder Betriebsstrategien in Brasilien ist daher zu berücksichtigen, dass die MP Nr. 1.309/2025 nicht nur ein Rechtsinstrument ist, das Kredit- und Steuervorteile bietet, sondern auch wesentlich mit dem Schutz von Arbeitsplätzen verbunden ist. Insbesondere bedeutet die Schaffung der CNAE, dass die Überwachung von Beschäftigungsindikatoren in bestimmten Sektoren im aktuellen Kontext nicht nur statistische Bedeutung hat, sondern eine zentrale Voraussetzung für die Gewährung und Aufrechterhaltung von Vorteilen ist.

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