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Branchen | China | Chemische Industrie

Markttrends

Im 1. Halbjahr 2023 sind die Gewinne der chinesischen Chemie- und Petrochemiebranche drastisch gesunken, ebenso die Exporte. Die Aussichten bleiben getrübt.

Von Corinne Abele | Shanghai

China ist und bleibt der weltweit größte Chemiemarkt sowie Chemieproduzent, auch wenn die Branche die inzwischen deutliche Konjunkturabschwächung und schwächere Exportdaten zu spüren bekommt. Im 1. Halbjahr 2023 sanken die Gewinne der chinesischen Chemieindustrie (ohne Petrochemie) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 52,2 Prozent, so die offizielle Angabe der nationalen Statistikbehörde (NBS). Die Gewinne der Petrochemie waren gar um 92,3 Prozent rückläufig.

Gewinne gehen deutlich zurück

Dies lässt für die Gesamtkonjunktur nichts Gutes erahnen, denn die Chemiebranche gilt als Lieferant für nahezu alle wichtigen Industriebereiche sowie für die Landwirtschaft. Damit ist sie ein guter Indikator für den Zustand der Gesamtwirtschaft. 

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Im 1. Halbjahr 2023 haben sich wichtige Abnehmerbranchen schlecht entwickelt: Der Bausektor leidet unter der Krise des Immobilienmarkts, die sich schleichend immer weiter ausbreitet. Ging es zunächst seit 2021 vor allem um den Bankrott des großen Immobilienentwicklers Evergrande, sind inzwischen weitere Immobilienentwickler ins Wanken geraten. Die Wohnungsverkäufe blieben auch in den ersten sieben Monaten des Jahres mit -1,5 Prozent in den roten Zahlen. Außerdem bleibt der Bedarf der Elektronikindustrie nach (technischen) Kunst- und Klebstoffen sowie Halbleitermaterialien zurückhaltend.

Die industrielle Wertschöpfung stieg daher in den ersten sieben Monaten nur um 0,1 Prozent. Die Exporte sanken deutlich um 18,4 Prozent, denn die globale Nachfrage nach Chinas Chemieprodukten fehlt. Dennoch geht die chinesische Regierung immer noch von einem jährlichen Wachstum 2023 und 2024 von 5 Prozent aus. Das jedenfalls steht im "Work Plan for Steady Growth of the Petrochemical and Chemical Industry", den mehrere Ministerien im September 2023 vorgelegt haben. 

Ziele

Abnehmerbranchen mit schwacher Nachfrage

Auch die Nachfrage nach technischen Kunststoffen, Lacken sowie Batterien und Batterie-Vormaterialien für die Elektroautoindustrie bleibt hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. So legte der Kfz-Absatz in den ersten sieben Monaten 2023 zwar insgesamt (inklusive Fahrzeuge mit alternativem Antrieb, die in China mit NEV abgekürzt werden) um 7,9 Prozent zu. Im Inland selbst wurden jedoch trotz eines Anstiegs des NEV-Absatzes um 41,7 Prozent insgesamt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lediglich ein Prozent mehr Fahrzeuge verkauft.

Künftig dürfte die Bedeutung der Fahrzeugexporte weiter steigen. Dies beziehen auch Hersteller von Batteriematerialien, Lacken oder Klebstoffen in ihre Investitionsentscheidungen am Standort China ein. Die Kfz-Ausfuhr stieg in den ersten sieben Monaten laut der China Association of Automotive Manufacturers (CAAM) um 67,9 Prozent auf rund 2,5 Millionen Kfz. Damit hat China Japan als größten Kfz-Exporteur weltweit im 1. Halbjahr 2023 abgelöst. Auslösender Faktor ist nicht nur der Anstieg der NEV-Ausfuhr (+160 Prozent); auch der Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nach Russland versiebenfachte sich im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr.

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Diversifizierung benötigt Zeit

Chinas Chemieexporte sanken hingegen im gleichen Zeitraum um 20,2 Prozent; die Importe gingen um 5,9 Prozent zurück. Zurückzuführen ist dies auf die schwache Wirtschaftskonjunktur in vielen Ländern. Ob sich auch eingeleitete Diversifizierungsanstrengungen westlicher Länder schon darin widerspiegeln, wird von Experten bezweifelt. Denn die komplexen Lieferketten der global agierenden Chemiebranche neu auszurichten, benötigt Zeit und Milliardeninvestitionen. Dennoch sprach Chinas Wirtschaftsministerium im August 2023 von einer Schädigung der inländischen Chemiebranche durch Verlagerung von Aufträgen und Produktion aus China aufgrund der "Politisierung des Welthandels".

Nachhaltigere Produktpalette gefragt

Vom Kampf gegen den Klimawandel ist Chinas Chemiebranche in verschiedener Hinsicht betroffen. Zum einen ist sie mit einem Anteil von 13 Prozent an den gesamten CO2-Emissionen des Landes laut dem RMI Innovation Center hinter dem Energiesektor der zweitgrößte industrielle CO2-Emittent. Sollen die CO2-Emissionen gemäß dem 14. Fünfjahresprogramm bis 2025 im Vergleich zu Ende 2020 um 18 Prozent gesenkt und das von Präsident Xi Jinping verkündetet Doppelziel, CO2-Spitze 2030 und Karbonneutralität bis 2060, erreicht werden, muss die Chemie- und Petrochemiebranche ihre CO2-Emissionen deutlich verringern. Zum anderen sind Bereiche wie erneuerbare Energien, Elektromobilität oder nachhaltiges Bauen stark auf Vorprodukte der Branche angewiesen.

Deutlich wird dies durch den 2023 neu erschienenen "Guiding Catalog for Industrial Structure Adjustment". Aufgeführt werden insbesondere neue Materialien wie Klebstoffe mit niedrigem VOC-Gehalt, Wasseraufbereitungsmittel, Katalysatoren, Elektronik-, Silikon- und flurhaltige Materialien. Ebenfalls ist die Branche unter Druck, künftig stärker auf fossile Brenn- und Ausgangsstoffe zu verzichten. Dies erfordert über Jahre hinweg gewaltige Investitionen. Gleichzeitig wachsen Sicherheitsanforderungen und Umweltauflagen.

Sicherheit bleibt im Fokus

Beijing drängt weiterhin auf die Verlagerung von Branchenunternehmen in Chemie-Industrieparks mit höheren Synergieeffekten und besserer Kontrolle, was Sicherheit und Umwelt angeht. So gab beispielsweise die Provinz Shandong zum Jahresbeginn 2023 an, dass bereits 45 Prozent ihrer Chemiefirmen in entsprechende Industrieparks umgezogen seien beziehungsweise sich entsprechend angemeldet hätten. Insgesamt ging im Sommer 2023 im Vergleich zu 2018 landesweit die Zahl der Chemieparks um 27 auf 643 zurück. Als solche zertifiziert waren gemäß dem Park Committee of the Petrochemical Federation allerdings nur 593. Die Anzahl der Chemieparks könnte sich künftig weiter verringern.

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