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Branche kompakt | China | Chemische Industrie

Markttrends

Während die Chemienachfrage schwach bleibt, wächst die inländische Konkurrenz. Überkapazitäten für petrochemische Grundstoffe sorgen weltweit für Preisdruck.

Von Corinne Abele | Shanghai

Der Chemiesektor ist symptomatisch für Chinas schwache und durch strukturelle Probleme gezeichnete Wirtschaftskonjunktur. Geplagt von Überkapazitäten und sinkenden Preisen fallen die Gewinne. Eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht; dennoch bleiben die Investitionen in die Branche stabil. Ausländische Chemiehersteller geraten durch die wachsende inländische Konkurrenz im weltweit größten Chemiemarkt China unter Druck.

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der globalen Produktionskapazität für sechs Basischemikalien (Ethylen, Propylen, Butadien, Benzol, gemischte Xylole und Toluol) werden 2030 in China stehen, prognostiziert ICIS. 

Die Chemiebranche bekam 2024 vor allem die anhaltende Immobilienkrise zu spüren; aber auch in Branchen wie dem Automobilsektor lief es nicht wirklich rund. Die Umsatzzuwächse blieben in den verschiedenen Segmenten bescheiden. Den stärksten Zuwachs sah das Segment Kunststofffasern.

Dabei kam es aufgrund fehlender Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage sowie entsprechenden Preisentwicklungen in einigen Segmenten zu dramatischen Gewinneinbußen. Die petrochemische Sparte fuhr einen operativen Verlust von umgerechnet rund 6,3 Milliarden US-Dollar (US$; 45,9 Milliarden Renminbi Yuan; RMB). Offiziellen Zahlen der nationalen Statistikbehörde (NBS) zufolge betrug der operative Gewinn im Vorjahr 52,2 Milliarden RMB (7,2 Milliarden US$). Auch im Segment Basischemikalien ging der operative Gewinn um 9,1 Prozent zurück; leicht negativ tendierte die Entwicklung im Bereich pharmazeutische Produkte sowie bei Gummiprodukten. Lediglich der operative Gewinn der Kunstfaserherstellung stieg deutlich um 35,3 Prozent.

Hoffen auf erhöhte Nachfrage 2025

Für 2025 hofft die chemische und petrochemische Industrie vor allem auf eine stärkere inländische Nachfrage. Auf dem Volkskongress im März 2025 wurden Konjunkturmaßnahmen verlängert, wie Direktsubventionen beim Kauf neuer Haushaltselektronik oder beim Verschrotten alter Fahrzeuge sowie die Stärkung der Privatwirtschaft, was von Branchenvertreter begrüßt wird. Zwar dürfte China weiter die Dekarbonisierung seiner Wirtschaft verfolgen, doch diese Entwicklung 2025 angesichts der wirtschaftlichen Situation wohl etwas verlangsamen. Kreditversicherer Atradius sieht Anfang März 2025 Chinas Chemiemarkt nur noch mit 2,2 Prozent im laufenden und mit 3,6 Prozent im kommenden Jahr wachsen.

Wichtige Abnehmerbranchen unter Druck

Wichtige Nachfrager für chemische Erzeugnisse wie der Bausektor oder die Automobilbranche befinden sich weiter unter Druck. Zwar zeigen sich leichte Anzeichen von Verbesserung, doch die Immobilienkrise ist bei weitem noch nicht vorbei. Der weltweite Absatz chinesischer Autos legte 2024 zwar noch um 4,5 Prozent zu, jedoch die Verkäufe im Inland bei steigendem Anteil von Fahrzeugen mit alternativem nur noch um 1,6 Prozent. Damit wird auch für Autobauer der Export immer wichtiger; fast jedes fünfte in China produzierte Fahrzeug wurde 2024 bereits im Ausland verkauft. Für die stark exportorientierte Elektronik- und IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie)-Branche trüben sich die Exportaussichten durch die eskalierende Strafzollpolitik der USA ein. Zusätzlich bedrohen das De-facto-Importverbot der USA für Elektroautos "made in China" sowie Antisubventionszölle der EU die heimische Autobranche.

Preisverfall durch Überkapazitäten geht weiter

Die trotz nachlassender Nachfrage weiter aufgebauten Produktionskapazitäten sorgen für fallende Preise im In- wie im Ausland. Laut Independent Commodity Intelligent Services (ICIS) dürften die weltweiten Überkapazitäten für die sechs wichtigen petrochemischen Ausgangsstoffe (Ethylen, Propylen, Butadien, Benzol, gemischte Xylole sowie Toluol) 2025 rund 226 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen. Ein Großteil davon steht in China. So betrug Chinas Anteil an den weltweiten Produktionskapazitäten für Ethylen 2024 bereits 23 Prozent. Allein 2024 sollen laut ICIS in China Anlagen für zusätzlich jährlich 18,7 Millionen Tonnen (Basis-)Chemieprodukte aufgebaut worden sein – rund vier Fünftel des weltweiten Kapazitätsaufbaus. Auch 2025 sind weitere Projekte in Bau und Planung.

Inlandsnachfrage nach Pestiziden schwach

Auch den Bereich Agrarchemikalien wird Trumps Zollpolitik treffen. In den ersten acht Monaten 2024 wurden laut AgriBusiness Global 89 Prozent aller in China produzierten Pestizide exportiert. Die Nachfrage nach chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln in China selbst dürfte 2025 hingegen aufgrund eines prognostizierten geringeren Einsatzes von Insektiziden sinken. Mit einem leichten Anstieg wird hingegen bei Bio-Pestiziden gerechnet, die einen wachsenden Nischenmarkt bedienen. Gemäß der Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen befand sich China 2022, was die Intensität des Pestizideinsatzes angeht, mit Platz 93 im Mittelfeld von insgesamt 197 Ländern weltweit.

Erhöhter Bedarf an Feinchemikalien und Spezialchemie

Mit weiter steigendem Bedarf wird im Bereich Spezial- und Feinchemikalien gerechnet. Davon profitieren auch internationale sowie deutsche Chemiehersteller. Einer Marktstudie von Grandview Research zufolge dürfte der chinesische Markt zwischen 2025 und 2030 im jährlichen Durchschnitt um 12,5 Prozent wachsen. So hat die gesteigerte Nachfrage aus dem Bereich erneuerbarer Energien laut der Branchenplattform CHEManager zu Investitionen in die Herstellung von Separatoren für Lithiumbatterien, für Elektrolyte für Lithium-Ionen-Batterien, Harzmaterialien, abbaubare Kunststoffe sowie technische Kunststoffe geführt.

Risikoabwägung wichtig

Um gegen die inländische Konkurrenz preislich zu bestehen und kundenspezifisch innovative Produkte anbieten zu können, setzen einige internationale Chemiefirmen auf weitere Lokalisierung. Dabei müssen auch deutsche Chemieunternehmen steigende geopolitische Risiken, die Auswirkungen der US-Zollpolitik und Chinas Reaktion darauf eigene Schutzzölle, Ausweitung der Exportkontrolle im Blick behalten und miteinander abwägen, ohne die eigene Wettbewerbsposition in China und (damit) auch international zu gefährden.

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