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Wirtschaftsausblick | Mongolei
Die mongolische Wirtschaft profitiert von Chinas Abkehr von den Corona-Beschränkungen. Die gestärkten Exporte beleben die Konjunktur. Das Land fährt die Kupferproduktion hoch.
22.12.2022
Von Jan Triebel | Ulan Bator
In der Mongolei nimmt die konjunkturelle Erholung nach der Covid-19-Pandemie wieder stärker Fahrt auf. Zwar dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022 mit einem realen Plus von rund 2 Prozent erneut nur überschaubar steigen. Die Wachstumserwartungen für 2023 liegen jedoch mit real gut 4 Prozent deutlich höher.
Im Jahr 2022 verhinderten zwei externe Faktoren eine stärkere Expansion des BIP. So sorgte der Ukrainekrieg auch in der Mongolei für deutliche Preiserhöhungen und beträchtliche Lieferengpässe. Außerdem bremste Chinas Festhalten an der Null-Covid-Strategie eine stärkere Wachstumsdynamik.
Während beim Ukrainekrieg ein Ende vorerst nicht in Sicht ist, schwenkte die chinesische Führung zum Jahresende 2022 schrittweise auf eine gemäßigte Corona-Politik um. Diese Entscheidung hat direkte Folgen für die mongolische Wirtschaft, deren erfolgreiches Agieren stark von Rohstoffexporten insbesondere nach China abhängt. Sie können die gemeinsame Grenze nun wieder relativ ungehindert passieren. Chinas Anteil an den mongolischen Exporten lag im Zeitraum Januar bis Oktober 2022 bei etwa 85 Prozent.
Neben den Erleichterungen an der Grenze wird zudem mit einer steigenden chinesischen Nachfrage nach verschiedenen Rohstoffen gerechnet. Dazu passt es gut, dass die Mongolei 2023 beispielsweise mehr Kupfer produzieren und exportieren will.
Das Buntmetall stammt von der Mine Oyu Tolgoi, einer der weltweit größten Lagerstätten für Kupfererz. Dieses wird vor Ort zu Kupferkonzentrat angereichert und geht ausschließlich in den Export - nach China oder im Transit über China an andere ausländische Abnehmer. Der Minenbetreiber Rio Tinto verspricht dank milliardenschwerer Investitionen eine spürbar höhere Kupferproduktion. Dazu startet die Oyu-Tolgoi-Mine den Erzabbau im 1. Halbjahr 2023 auch unter Tage. Bisher wurde das Kupfererz dort nur im offenen Tagebau gefördert.
Oyu Tolgoi steuert mit seinem Kupferkonzentrat bereits seit einigen Jahren nennenswerte Beiträge zu den Exporterlösen der Mongolei bei. Wertmäßig bestritt das Buntmetall mit rund 2,3 Milliarden US-Dollar (US$) im Zeitraum Januar bis Oktober 2022 knapp ein Viertel aller Ausfuhren. Nur Steinkohle schnitt mit einem Lieferanteil von 51 Prozent (5,1 Mrd. US$) stärker ab.
Indikator | 2020 | 2021 *) | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 13,3 | 15,3 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 4.128 | 4.657 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 3,36 | 3,41 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ...Togrog) | 2.814 | 2.849 | - |
Nach dem Wegfall Corona bedingter Einschränkungen belebt sich das Investitionsgeschehen weiter. Die bereits 2021 verzeichnete Erholung setzt sich nach Einschätzung der Analysten von EIU 2022 und 2023 mit Wachstumsraten von etwa 7 Prozent fort.
Einen wichtigen Beitrag zu den Bruttoanlageinvestitionen steuern weiterhin ausländische Unternehmen bei. Im 1. Halbjahr 2022 flossen ausländische Direktinvestitionen von 1,3 Milliarden US$ in verschiedene Projekte im Land. Das waren rund 2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Im Fokus steht das Oyu-Tolgoi-Vorhaben. Dort schloss der als Betreiber und Investor eingebundene anglo-australische Bergbaukonzern Rio Tinto Mitte Dezember 2022 die seit längerem verfolgte Komplettübernahme aller ausländischen Anteile erfolgreich ab.
Wichtige Investitionsimpulse liefern zudem Maßnahmen der öffentlichen Hand. Die Regierung verfolgt hierzu einen speziellen Aktionsplan. Ihre New Revival Policy umfasst knapp 100 Projekte mit Schwerpunkten in den Sektoren Energie sowie Verkehr und Logistik. Langfristig sind umgerechnet rund 30 Milliarden US$ an Investitionen zu erwarten.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Erdgaspipeline Soyuz Vostok (963 km; Teilstrang der Power of Sibiria-2 zwischen Russland und China) | 8.000 | Planung | Gazprom *) |
Mautpflichtige Fernstraße zwischen den Grenzen der Mongolei zu Russland und zu China zwischen Altanbulag und Zamyn-Üüd (988 km) | 4.500 | vorläufige Machbarkeitsstudie erstellt | |
Kohlekraftwerk Tavan Tolgoi (450 MW) | 1.000 bis 1.500 | Planung; Ausschreibung Anfang 2023 | |
Erdölraffinerie in Altanshiree (Aimag Dorno-Gobi) | 1.250 | Umsetzung | Engineers India Ltd.; Megha Engineering & Infrastructures Limited (beide Indien) |
Kohlelagerstätte Ovoot (mit Anlage zur Kohlenwäsche und Verbindungsstraße Ovoot-Erdenet) | 259 | Planung | |
Stadtprojekt New Zuunmod im Khushigt Valley im Einzugsgebiet des Chinggis Khan International Airport von Ulan Bator | 146 | Planung | Regierung |
Batteriespeichersystem für Strom aus erneuerbaren Energien (80 MW/200 MWh) | 115 | Planung | |
220-kV-Freileitung zwischen Choir und Sainshand (220 km) und 220/110/35-kV-Umspannwerk | 75,5 | Planung | |
Solar- und Windkraftanlagen an fünf Standorten (bis zu 50,5 MW) | 60,6 | Planung, teilweise Umsetzung und fertiggestellt | |
Müllheizkraftwerk (15,4 MW) in Ulan Bator | k.A. | Planung | KM Infrastructure Corporation (Gemeinschaftsunternehmen Mongolei, Südkorea) |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte". Weitere Informationen finden sich in der Nationalen Ausschreibungsdatenbank.
Der private Konsum ist 2022 wieder auf einen Wachstumskurs eingeschwenkt. Noch 2021 hatte die Kauflaune der Privathaushalte wegen der anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie eine deutliche Delle aufgewiesen. Nach Einschätzung der EIU-Experten soll der positive Trend auch 2023 Bestand haben. Sie erwarten für 2022 und 2023 Zuwächse der Konsumausgaben um jeweils real etwa 5 Prozent.
Vom robusten Konsum profitiert vor allem der Einzelhandel. Die dort erzielten Umsätze fielen im Zeitraum Januar bis September 2022 nominal um gut 30 Prozent höher als ein Jahr zuvor aus.
Der Nachholbedarf, der sich bei den Verbrauchenden zwischenzeitlich aufgestaut hatte, gilt aktuell als Haupttriebkraft für die höhere Konsumneigung. Ohne diesen Effekt hätte der private Verbrauch kaum zulegen können, da die Realeinkommen der Bevölkerung aktuell leicht schrumpfen. Darin schlägt sich hauptsächlich die anhaltend hohe Inflation nieder, die Ende November 2022 auf Jahresbasis bei 14,5 Prozent lag.
Getragen von der anziehenden privaten Nachfrage und der robusten Entwicklung der Investitionen legen die Importe deutlich zu. Für 2022 gilt ein nominaler Zuwachs um annähernd 30 Prozent als möglich. Im Jahr 2023 dürfte das Einfuhrplus sogar noch höher ausfallen.
Dafür sorgt vor allem, dass China seine Corona-Einschränkungen gegen Jahresende 2022 spürbar lockerte. Entsprechend können auch Warentransporte an der mongolisch-chinesischen Grenze wieder zügiger abgefertigt werden. In letzter Zeit war es dort immer wieder zu Lieferstaus gekommen. Diese dürften sich nun auflösen.
2020 | 2021 | Januar bis November 2022 | Veränderung Januar bis November 2022/Januar bis November 2021 | |
---|---|---|---|---|
Importe | 5.299 | 6.849 | 7.871 | 26,2 |
Exporte | 7.576 | 9.247 | 11.145 | 27,2 |
Diese Entwicklung dürfte gleichermaßen auch die mongolischen Exporte spürbar beleben. Von Corona-Kontrollen auf chinesischer Seite waren Ladegut wie Fahrzeugführer gleichermaßen betroffen. So musste die Abfertigung an der Grenze nicht selten tagelang eingestellt werden. Mittlerweile läuft die Abwicklung dort aber weitestgehend reibungslos, was den Exporten 2022 ebenfalls zu einem nominalen Umsatzplus von etwa 30 Prozent verhilft. Für 2023 ist mit einer ähnlich starken Dynamik zu rechnen.