Wirtschaftsausblick | Slowenien
Sloweniens Wirtschaft schaltet 2026 einen Gang hoch
Nach einem schwachen Jahr 2025 soll die Konjunktur 2026 wieder Fahrt aufnehmen – getragen von Exporten und Investitionen. Doch Standortschwächen bremsen weiter.
23.12.2025
Von Kirsten Grieß | Ljubljana
Top-Thema: Die Wettbewerbsfähigkeit sinkt, die Risiken steigen
Sloweniens exportorientierte Wirtschaft steht unter Druck: Seit Jahren verliert der Standort an Wettbewerbsfähigkeit – belastet durch hohe Arbeitskosten, einen starren Arbeitsmarkt, Fachkräftemangel und eine hohe Steuerlast. Kapazitätsengpässe im Gesundheitssystem treiben den Krankenstand der Belegschaften nach oben. Externe Faktoren wie geopolitische Spannungen und Handelskonflikte verstärken die Unsicherheit.
Wirtschaftsverbände und Unternehmen kritisieren zunehmend die Wirtschaftspolitik der Regierung unter Ministerpräsident Robert Golob. Als jüngstes Negativbeispiel gilt die kurzfristige Einführung eines verpflichtenden Weihnachtsgeldes, das Lohnkosten und Verwaltungsaufwand erhöht. Für Steuerentlastungen fehlt im klammen Haushalt hingegen der Spielraum. Mit Blick auf die Parlamentswahl im Frühjahr 2026 wächst jedoch die Hoffnung auf Reformen.
Wirtschaftsentwicklung: Slowenien steuert auf eine Erholung zu
Trotz Standortschwächen rechnen Analysten ab 2026 mit einer konjunkturellen Erholung. Die Prognosen unterscheiden sich im Detail, zeigen aber in die gleiche Richtung: Die Wirtschaft soll wieder an Dynamik gewinnen. Die EU-Kommission erwartet für 2026 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,4 Prozent. Das nationale Institut IMAD geht von 2,1 Prozent aus. Auch für 2027 wird mit weiterem Wachstum gerechnet.
Kurzfristig bleibt die Lage aber verhalten. Nach einem schwachen 1. Halbjahr 2025 mussten die Frühjahrsschätzungen deutlich nach unten korrigiert werden. Statt ursprünglich mehr als 2 Prozent erwartet IMAD für das Gesamtjahr 2025 nur noch ein Wachstum von 0,8 Prozent. Ursache der Korrektur ist die schwache Exportentwicklung, die signifikant hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Exportwirtschaft hofft auf Nachfrageimpulse
Im Jahr 2026 dürfte sich die Auslandsnachfrage indes erholen. Nach Prognosen der EU-Kommission sollen Sloweniens wichtigste Absatzmärkte Deutschland, Italien und Österreich um rund 1 Prozent wachsen. Das könnte die Exporte nach dem Nullwachstum 2025 zurück in den positiven Bereich bringen. IMAD erwartet ein Exportplus von 2,8 Prozent, die OECD bleibt mit 1,3 Prozent deutlich vorsichtiger. Angesichts globaler Unsicherheiten sind sämtliche Erwartungen jedoch mit Risiken verbunden.
Eine stärkere Nachfrage aus dem Ausland würde auch der Industrie zugutekommen. Nach einem Produktionsrückgang von 1 Prozent in den ersten neun Monaten 2025 deuten aktuelle Daten bereits auf eine leichte Stabilisierung bei der Produktionsleistung und dem Geschäftsklima hin.
Für zusätzlichen Schub sorgt voraussichtlich die Produktionserweiterung bei Revoz. In dem slowenischen Renault-Werk soll ab 2026 der neue E-Twingo vom Band laufen. Zwei weitere E-Modelle von Dacia und Nissan folgen. Der Pharmasektor bleibt ein stabiler Wachstumstreiber – Sandoz nimmt 2026 ein neues Werk in Betrieb. Auch die Verteidigungsindustrie gewinnt an Gewicht: Die kürzlich gegründete staatliche Investmentgesellschaft DOVOS soll den Aufbau neuer Produktionskapazitäten beschleunigen.
EU-Mittel treiben öffentliche Investitionen voran
Die Regierung erwartet für 2026 ein solides Plus bei den Bruttoanlageinvestitionen von rund 3 Prozent – basierend auf der Annahme, dass sich Exporte und Industrieleistung erholen. Bereits im 3. Quartal 2025 legten die Ausgaben im Jahresvergleich um 9,1 Prozent zu. Besonders dynamisch entwickelten sich die Investitionen in den Gebäudebau, vor allem im Nichtwohnungsbau.
Die staatlichen Investitionen dürften 2026 kräftig wachsen, stimuliert durch EU-Mittel. Denn der EU-Wiederaufbaufonds läuft Ende 2026 aus, sodass Slowenien die verbleibenden rund 700 Millionen Euro binnen zwölf Monaten abrufen muss. Außerdem stehen bis 2030 knapp 3 Milliarden Euro an Kohäsionsgeldern bereit. Ein Teil der Mittel fließt in den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe 2023.
Der Staatskonsum stützt die Binnennachfrage
Ein zentraler Wachstumstreiber bleibt die Binnennachfrage. Allerdings schwächt sich der Anstieg der privaten Konsumausgaben mittelfristig etwas ab. Parallel steigen die Staatsausgaben und stützen die Konjunktur. Bereits in diesem Jahr sorgt die Einführung des neuen Weihnachtsgeldes für Mehrausgaben. Ab 2026 kommt ein weiterer Ausgabenschub hinzu: Das Verteidigungsbudget soll bis 2030 schrittweise von derzeit 2 auf 3 Prozent des BIP angehoben werden, verbunden mit zusätzlichen Ausgaben für Personal und Ausrüstung.
Deutsche Perspektive: Deutschland bleibt ein Schlüsselmarkt
Der Warenhandel mit Deutschland ist 2025 rückläufig. Nach Daten des slowenischen Statistikamts sanken die Einfuhren aus Deutschland in den ersten neun Monaten um 4,3 Prozent, die Exporte nach Deutschland gingen um 1 Prozent zurück. Besonders betroffen ist die wichtigste Warengruppe: Lieferungen von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen schrumpften um 1,9 Prozent.
In Slowenien überwiegt die Erwartung, dass sich die Entwicklung mittelfristig umkehrt. Hoffnung verbinden Unternehmen insbesondere mit einer Erholung der deutschen Automobilindustrie sowie mit Investitionen aus dem Sondervermögen der Bundesregierung. Auch für die Verteidigungsindustrie bleibt Deutschland ein Schlüsselmarkt, sowohl für Aufträge als auch für Kooperationen mit deutschen Rüstungsunternehmen.
Neue Großinvestitionen deutscher Unternehmen gab es zuletzt nicht, dennoch bewerten die Firmen den Standort weiter als attraktiv. Laut der AHK Slowenien (Deutsch-Slowenische Industrie- und Handelskammer) profitieren Investoren von kurzen Entscheidungswegen, Förderinstrumenten und beschleunigten Genehmigungsverfahren. Gleichzeitig wächst die Sorge über die künftige Wettbewerbsfähigkeit: In der jüngsten Konjunkturumfrage der AHK wird die Innovationskraft des Landes positiv hervorgehoben, während hohe Arbeitskosten, Steuern und Regulierung als Standorthemmnisse gelten.