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Wirtschaftsausblick | Slowenien
Sloweniens Wirtschaft hat sich von der Coronakrise gut erholt. Der Ukrainekrieg und seine Folgen werden das Wachstum jedoch dämpfen.
15.12.2022
Von Waldemar Lichter | Ljubljana
Die slowenische Wirtschaft blickt auf ein überraschend gutes Jahr 2022 zurück. In der ersten Jahreshälfte legte die Wirtschaftsleistung gut zu. Im 1. Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real um 9,3 Prozent, im 2. Quartal um weitere 7,9 Prozent jeweils gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal. Das lässt ein sehr gutes Ergebnis für das Gesamtjahr erwarten. Die Europäische Kommission prognostiziert deshalb für 2022 ein sehr hohes BIP-Plus von 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Doch das Wachstum begann sich im Laufe des Jahres abzuschwächen. Verantwortlich dafür ist der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Dessen direkte Folgen auf die slowenische Wirtschaft - etwa über geringere Exportnachfrage aus Russland oder der Ukraine - sind zwar relativ gering. Deutlich stärker wirkt sich aber die kriegsbedingte Verschlechterung der Konjunktur im EU-Raum und insbesondere in Deutschland aus.
Nach Berechnungen des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) belaufen sich die slowenischen Exporte nach Deutschland auf über 15 Prozent der slowenischen Wirtschaftsleistung. Eine Abschwächung der Konjunktur in Deutschland wirkt sich daher stark negativ auf die slowenischen Exporte und auf das Wirtschaftswachstum aus.
Hinzu kommen die ebenfalls durch den Krieg bedingten kräftigen Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen sowie Unsicherheiten über die Stabilität der Energieversorgung. Slowenien ist im hohen Maße auf Erdgasimporte aus Russland angewiesen. Das Land bemüht sich deshalb verstärkt darum, seine Bezugsquellen zu diversifizieren. Als neuer wichtiger Partner kommt jetzt Algerien hinzu, mit dem Ende 2022 ein langfristiger Liefervertrag abgeschlossen wurde.
Neuen Schwung dürfte dem Land insbesondere die Umstellung auf eine grüne und digitale Wirtschaft bringen. Slowenien will in puncto Wettbewerbsfähigkeit künftig weltweit zu den Top-20 Ländern gehören. Entsprechend soll die Wirtschafts- und Finanzpolitik ausgerichtet werden. Mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sollen zu den wichtigsten Kriterien für die Entwicklung aller Sektoren der Wirtschaft werden.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 47,0 | 52,2 | 3.602 |
BIP pro Kopf (Euro) | 22.360 | 24.770 | 43.292 |
Bevölkerung (Mio.) | 2,1 | 2,1 | 83,2 |
Die Investitionen verlieren infolge des Ukrainekrieges und der Konjunkturabschwächung an Schwung. Die ungewissen Konjunkturaussichten im Inland und auf wichtigen Exportmärkten senken die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen bremst staatliche Vorhaben zwar etwas aus. Die Investitionsausgaben im Staatshaushalt bleiben jedoch weiterhin hoch. Für 2023 sind 2,24 Milliarden Euro eingeplant – nach 2,3 Milliarden Euro 2022 und 1,23 Milliarden Euro 2021.
Staatliche Förderprogramme tragen dazu bei, dass auch die Investitionen der Unternehmen ungeachtet des ungünstig gewordenen konjunkturellen Umfeldes nicht ganz abflachen. Zu den Schwerpunkten und Prioritätssektoren der Regierung gehören Gesundheit, Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung. Gefördert werden die "grüne" Energiewirtschaft, Digitalisierung, nachhaltige Landwirtschaft sowie Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Der Staat will eine proaktive Rolle bei der Einführung neuer und digitaler Technologien spielen. Beabsichtigt sind Investitionen in die Elektrifizierung im Transport- und Logistiksektor (E-Mobilität) und im Wohnungsbau (wie Energieeffizienz). Wichtige Impulse für Investitionen werden von Zahlungen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU ausgehen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Millionen Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Kernkraftwerk Krško: neuer Block mit 1.100 MW | 5.000 | Energiegenehmigung Mitte 2021 erteilt, Antrag auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens gestellt; endgültige Entscheidung über den Bau frühestens 2027 | |
Bau von zehn neuen Wasserkraftwerken am mittleren Lauf der Save (insgesamt 330 Megawatt) | 1.300 bis 1.500 | Studie; Konzessionsvertrag für die ersten drei Anlagen | |
Bau der neuen Bahnstrecke Divača-Koper | 997 | Durchführung: Ausschreibung für die Installation von Signal- und Sicherheitsanlagen steht noch aus | Projektgesellschaft 2TDK; eine öffentlich-private Partnerschaft mit interessierten Nachbarländern wird bei der Projektfinanzierung nicht mehr angestrebt; anstatt dessen laufen Verhandlungen mit der Europäischen Investitionsbank über ein neues Darlehen |
Ausbau der Bahninfrastruktur in Ljubljana | 800 | Ausschreibungsverfahren für die Ausarbeitung der Projektunterlagen; Bauarbeiten sollen 2023 ausgeschrieben werden | |
Pumpspeicherwasserkraftwerk Kozjak (420 Megawatt) | 400 | Planung | DEM; Tochter des Energiekonzerns HSE |
Hafen Koper: Ausbau des Containerterminals | 248 | Ausarbeitung der Projektunterlagen | |
1) Autobahnbau: zweite Röhre im Karawankentunnel (zusammen mit Österreich); 2) Nord-Süd-Schnellstraße (sogenannte 3. Entwicklungsachse) | 1) slowenischer Teil: 150; 2) 1.350 | 1) Durchführung; 2) Ausschreibung für Teilabschnitte; Durchführung | Autobahngesellschaft DARS |
Wasserkraftwerk Mokrice am unteren Lauf der Save | 215 | Einholung von Baugenehmigungen |
Öffentliche Ausschreibungen werden in Sloweniens Nationaler Ausschreibungsdatenbank veröffentlicht.
Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an.
Der private Verbrauch trug 2021 und Anfang 2022 im starken Maße zum Wachstum bei. Diese Impulse schwächen sich deutlich ab. Hohe Inflation, sinkendes Verbrauchervertrauen infolge des Ukrainekrieges und Ungewissheit über die künftige Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung werden die Konsumbereitschaft der Bevölkerung dämpfen. Der Verbrauch wird durch die weiterhin gute Lage auf dem Arbeitsmarkt gestützt. Die Beschäftigung wächst, die Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefstand. In einigen Bereichen ist Arbeitskräftemangel festzustellen.
Sloweniens Wirtschaft ist stark internationalisiert: Der Anteil der Aus- und Einfuhren am BIP beträgt mehr als 80 Prozent. Die Entwicklung auf wichtigen Märkten, vor allem in der EU, hat einen starken Einfluss auf das Geschäft der bedeutenden slowenischen Exportwirtschaft. Die Konjunkturabschwächung in der EU und das eingebrochene Russlandgeschäft infolge des Ukrainekriegs beeinträchtigen die Ausfuhraussichten. Negativ könnten sich der Kostendruck infolge des starken Preisanstiegs bei Energie und Rohstoffen sowie Lieferengpässe bei wichtigen Komponenten auswirken. Ungeachtet dessen wächst der slowenische Außenhandel weiterhin robust. In den ersten zehn Monaten 2022 stiegen die Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 36 Prozent, die Importe sogar um 42 Prozent.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 36.914 | 48.781 | 32,1 |
Exporte (fob) | 39.247 | 48.544 | 23,7 |