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Anhaltende Trockenheit und Instandhaltungsarbeiten führen dazu, dass Tansanias Wasserkraftwerke nicht genug Strom erzeugen. Nun soll der Netzausbau vorangetrieben werden.
12.01.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Trotz Überkapazitäten bei der installierten Leistung leidet Tansania seit Ende 2022 unter Stromknappheit. Neben Instandhaltungsarbeiten an einigen Kraftwerken sind ausbleibende Regenfälle der Hauptgrund für die Knappheit, so der staatliche Stromversorger Tanesco. Einige Wasserkraftwerke können nur mit verminderter Leistung Strom produzieren. Deshalb begann Tanesco im November mit der Rationierung der Stromversorgung.
Beim Bau neuer Kraftwerke setzte Tansania in den vergangenen Jahren überwiegend auf Wasserkraft. Die gegenwärtige Präsidentin Samia Suluhu Hassan will diesen Kurs fortsetzen. Mit Abstand größtes Projekt ist der Bau des Julius-Nyerere-Staudamms (Kapazität: 2.115 Megawatt) im Selous Nationalpark, der vermutlich 2024 ans Netz gehen wird. Um dürrebedingte Engpässe besser abfedern zu können, will Tanesco bestehende thermische Kraftwerke ausbauen, wie Kinyerezi I um 90 Megawatt auf insgesamt 310 Megawatt.
Gegenwärtig liegt die installierte Stromerzeugungskapazität Tansanias bei etwa 1.606 Megawatt und die Nachfrage bei rund 1.300 Megawatt. Wenn der Nyerere-Staudamm ans Netz geht, steigt die Überkapazität weiter an. Die Dürre zeigt indes, dass es ein Trugschluss wäre, von einem Überangebot an Strom zu sprechen. Und auch bei voller Auslastung der Wasserkraftwerke dürfte ein Überangebot an Strom nur für begrenzte Zeit Bestand haben, denn die Stromnachfrage steigt rasant an.
Wachstumstreiber für die Stromnachfrage sind der Bevölkerungszuwachs um jährlich rund 1,8 Millionen Menschen, die fortschreitende Elektrifizierung der ländlichen Gebiete sowie die wirtschaftliche Dynamik in der Industrie. Die positiven Konjunkturaussichten für 2023 unterstreichen diesen Trend. Mehr Informationen dazu bietet der aktuelle GTAI-Wirtschaftsausblick.
Daher dürfte die Planung weiterer Kraftwerke auch nicht allzu lange auf sich warten lassen. Die Planungsgrundlage bildet der Power System Master Plan (PSMP), der im Jahr 2020 vom Energieministerium aktualisiert wurde. Darin geht die tansanische Regierung von einer jährlichen Steigerung der Stromnachfrage in Höhe von rund 13,8 Prozent bis 2030 aus. Um diese zu decken, werden etwa 6.200 Megawatt an zusätzlicher Kapazität benötigt, rund 71,5 Prozent sollen aus Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energiequellen kommen. Insbesondere beim Bau von Solar- und Windparks sind private Investoren willkommen.
Investiert wird vonseiten des Staates auch in Übertragungsleitungen und städtische Verteilernetze. Gegenwärtig haben in den Städten etwa 70 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom und auf dem Land etwa 22 Prozent. Insbesondere bei der ländlichen Elektrifizierung besteht großer Nachholbedarf. Während viele Geberorganisationen Off-Grid-Lösungen in entlegenen Gegenden favorisieren, bevorzugt die Regierung die Erweiterung des Netzes. Insbesondere in der Region um die Stadt Kigoma am Tanganyikasee besteht großer Nachholbedarf, da diese Gegend nicht ans Tanesco-Netz angeschlossen ist.
Der staatliche Netzbetreiber Tanesco ist der wichtigste Player in der tansanischen Stromversorgung und für die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung zuständig. Westliche Geber würden eine Aufsplittung von Tanesco befürworten, wie in vielen anderen Staaten bereits erfolgt. Damit könnten schrittweise auch private Betreibermodelle in den drei Bereichen ausprobiert werden. Tanesco verkauft zudem Strom an die staatliche Zanzibar Electricity Corporation (ZECO) im halbautonomen Sansibar. Für die ländliche Elektrifizierung ist die Rural Energy Agency (REA) zuständig.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
Julius Nyerere Hydro (Rufiji) Wasserkraftwerk (2.115 Megawatt (MW)) | 3.600 | im Bau | Tanesco |
Rusumo Hydropower Plant (80 MW) | 468 | im Bau seit 2012; geplante Fertigstellung: 2023 | Gemeinschaftsprojekt von Ruanda, Burundi und Tansania im Rahmen der Nile Basin Initiative (Nelsap-cu) |
Transmission Line Geita-Nyakanazi-Kigoma (400 Kilovolt (kV)) | 105 | in Planung | Tanesco |
Transmission Line Nyakanazi-Rusumo (220 kV) | k.A. | in Planung | Tanesco |
Für deutsche Unternehmen bestehen zahlreiche Möglichkeiten sich bei staatlichen Stromversorgungsprojekten einzubringen. Für Kraftwerke und Netze müssen fast sämtliche technische Ausrüstungen importiert werden. Darüber hinaus werden bei Energiebauprojekten Consulting-Dienstleistungen nachgefragt. Insbesondere, wenn Geber wie Weltbank, Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), EU und KfW sich bei der Finanzierung einbringen, sind Beteiligungschancen für deutsche Unternehmen gut.
Deutsche Unternehmen bearbeiten den Markt sehr unterschiedlich. Zulieferer von technischen Komponenten bedienen ihn überwiegend von Deutschland oder Kenia aus, oft mit einem lokalen Vertriebspartner in Tansania. Letzterer ist von Vorteil bei der Teilnahme an staatlichen Ausschreibungen. Beratende Ingenieurdienstleister tendieren zu einer eigenen Präsenz vor Ort, weil für sie der enge Kontakt zu den Behörden wichtig ist.
Auch bei privaten Investitionen in die Stromversorgung bestehen Erfolgsaussichten. Die Industrie im Großraum Daressalam leidet beispielsweise unter der unzuverlässigen Netzstromversorgung und muss eine Back-up-Versorgung sicherstellen. Gleiches gilt für netzferne Betreiber von Minen, Farmen und Lodges. Bislang kommen überwiegend Dieselgeneratoren zum Einsatz. Lösungen mit erneuerbaren Energiequellen wie Fotovoltaik bieten sich aufgrund steigender Leistungsfähigkeit zunehmend an.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Kompetenzzentrum "Energie und Umwelt" | |
Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz | |
für den Energiesektor zuständiges Ministerium | |
staatlicher Stromversorger; zuständig für Generation, Transmission und Distribution | |
staatlicher Stromversorger für die Inselgruppe Sansibar | |
Regulierungsbehörde für den Energiesektor | |
autonome Agentur; untersteht dem Energieministerium; zuständig für die ländliche Stromversorgung | |
Verband für den Einsatz erneuerbarer Energien |