Special | Thailand | US-Zölle
Aufatmen über den US-Zoll-Deal
Die USA belegen Einfuhren aus Thailand mit einem Zusatzzoll von 19 Prozent. Ein in Teilen präferierter Marktzugang für US-Waren setzt deutsche Hersteller unter Druck.
07.08.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Das Weiße Haus in Washington, D.C. hat am 31. Juli 2025 verkündet, dass die USA Zusatzzölle in Höhe von 19 Prozent auf Importe aus Thailand erheben, die ab dem 7. August gelten. Angedroht war zuvor ein Aufschlag auf die bestehenden Zölle von 36 Prozent. Einfuhren aus den USA nach Thailand würden dagegen weitgehend zollfrei. Offenbar ist es den Unterhändlern aus Bangkok aber gelungen, einige Bereiche ihrer Wirtschaft vor einer Marktöffnung zu schützen.
Das Verhandlungsteam Thailands hatte sich nicht rechtzeitig mit der US-Regierung einigen können – anders als andere große Länder der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN). Deshalb überwiegt in Thailand die Erleichterung darüber, nicht stärker als die regionalen Konkurrenten Vietnam (zusätzlich 20 Prozent) sowie Malaysia, Indonesien und Philippinen (jeweils plus 19 Prozent) belastet zu werden.
Bisher ist nur der grobe Rahmen der Handelskonditionen bekannt. Einzelheiten werden zwischen beiden Seiten weiter verhandelt. Die von den USA diktierten neuen bilateralen Handelsregeln verschlechtern die ohnehin ungünstigen Wirtschaftsaussichten Thailands weiter, denn die USA sind der wichtigste Exportmarkt für Thailand.
Thailands Verpflichtungen aus den US-Handelsvereinbarungen
- US-Zölle von 19 Prozent auf Importe aus Thailand
- Neue Ursprungsregeln, insbesondere zur Vermeidung von Lieferungen aus China, die über Thailand umgeleitet werden (Transshipments)
- Weitgehende Zollfreiheit für Einfuhren aus den USA
- Großzügigere Quotenregelung für Agrarimporte aus den USA
- Verringerung des Handelsüberschusses mit den USA um 70 Prozent innerhalb von 5 Jahren
- Einkauf von mehr Energie und Flugzeugen in den USA
- Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse für US-Importe
- Fast-track Service für US-Investitionen
Exporte: USA sind wichtigster Absatzmarkt
Der Anteil der USA an den Gesamtausfuhren Thailands hat sich in den vergangenen 10 Jahren auf 20 Prozent verdoppelt. Unter den ASEAN-Ländern ist der Anteil nur in Vietnam und Kambodscha noch höher.
Etwa die Hälfte der thailändischen Warenexporte in die USA sind Elektronikprodukte. Viele US-amerikanische Elektronikhersteller produzieren seit Jahrzehnten in Thailand. Das dürfte mit ein Grund sein, warum der Zollsatz nicht höher ausgefallen ist. Nun liegt er deutlich unter dem für China.
Laut Branchenbeobachtern ist der Zollsatz nicht hoch genug, dass US-Hersteller ihre Elektronikproduktion zurück in die USA verlagern. Pablo Jacob leitet in der Provinz Prachinburi die Leiterplattenproduktion des deutschstämmigen Unternehmens STARTEAM Global aus Hongkong. Er beobachtet eine Zunahme von Anfragen US-amerikanischer Unternehmen, die sich unabhängiger von chinesischen Lieferketten machen wollen. Das war auch der Grund für den Aufbau der Produktion von STARTEAM Global in Thailand.
Unliebsame Transshipments
Ein wichtiger Punkt in den Handelsvereinbarungen sind die noch auszuformulierenden Ursprungsregeln für Waren. Sie sollen vor allem verhindern, dass chinesische Fertigwaren bzw. nur geringfügig weiterverarbeitete Produkte über Thailand in die USA umgeleitet werden, um US-Zölle auf China zu umgehen (sogenannte Transshipments).
Berichten zufolge soll der sogenannte Regional Value Content, also der lokale Anteil von Rohstoffen und Vorprodukten am Endprodukt, über die üblichen 40 Prozent angehoben werden. Die thailändischen Zollbehörden sollen Produkte stärker überprüfen, die für eine Verletzung solcher Regeln besonders anfällig sind. Ein Beispiel dafür sind Solarpaneele. Das ist durchaus auch im thailändischen Interesse und wird unter dem Schlagwort "Zero Dollar Factories" diskutiert. Gemeint sind Produktionsstätten, die keinen Mehrwert für die Volkswirtschaft generieren.
Importe: Agrarsektor wird geschützt
Medienberichten zufolge hat Thailand im Rahmen der Handelsvereinbarungen 10.000 von 11.000 Zolltarifpositionen für Einfuhren aus den USA auf Null gesetzt. Barrieren bleiben vor allem bei den Produkten bestehen, die Thailand selbst herstellt.
Offenbar ist es dem Königreich gelungen, den Agrar- und Nahrungsmittelsektor zumindest in Teilen weiter vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Das Land erwirtschaftet weltweit einen der höchsten Überschüsse beim Handel mit Nahrungsmitteln. Politisch gut vernetzte Eliten beherrschen viele Sektoren der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft und sträuben sich gegen jede Marktöffnung.
Als besonders empfindlich wird die Produktion von Schweinefleisch angesehen, für das faktisch ein Importverbot gilt. In den USA sind die Kosten dafür deutlich geringer. Nun darf (ein Äquivalent von) bis zu 1 Prozent der heimischen Produktion aus den USA eingeführt werden. Maisimporte aus den USA sollen nur erlaubt sein, wenn auf dem thailändischen Markt Mangel herrscht.
Außerdem soll Thailand, wie viele andere Länder, mehr Öl, Gas sowie Flugzeuge des Herstellers Boeing in den USA einkaufen. Allerdings sind Öl und Gas bereits die wichtigsten Einfuhrgüter von dort. Das Königreich ist aufgefordert, innerhalb von 5 Jahren seinen Überschuss im bilateralen Warenhandel von knapp 50 Milliarden US-Dollar um 70 Prozent abzubauen.
Ähnlich große Auswirkungen wie die Zollbefreiung für die USA kann der vorgesehene Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse haben. Dazu zählen Inspektionen, Zertifizierungen oder Hygienebestimmungen. Sollten US-Produkte eine Vorzugsbehandlung gegenüber Gütern aus anderen Ländern erhalten, würde das den Wettbewerb verzerren. Und wenn sich die Einkaufspolitik nach der Herkunft der Güter richtet statt nach ihrem Preis, steht das unter Umständen der Entwicklung marktwirtschaftlicher Strukturen in Thailand entgegen.
Verschärfte Konkurrenzsituation für deutsche Lieferanten
Für deutsche Thailand-Exporteure erhöht die Zollfreiheit für US-Produkten den Wettbewerbsdruck. Beide Länder beliefern Thailand in denselben Technologiefeldern vor allem mit Vorprodukten und Hightech: Elektronik, Maschinen, chemische Erzeugnisse und Kfz. Es handelt sich dabei nicht immer um die gleichen Subsektoren.
Auch gegenüber Herstellern aus anderen ASEAN-Staaten sowie aus China, Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland haben deutsche Firmen einen Nachteil durch Einfuhrzölle. Denn diese Länder haben mindestens ein Freihandelsabkommen mit Thailand.
Die EU und Thailand verhandeln derzeit ein Freihandelsabkommen. Ein Abschluss noch im Jahr 2025 scheint aber unwahrscheinlich. Die politische Einigung über ein neues Freihandelskommen zwischen Indonesien und der EU erhöht den Druck für Thailand.