Special | Ukraine | Rechtliche Entwicklungen
Sanktionen der Ukraine gegenüber Russland und Compliance
Neben den zahlreichen internationalen Sanktionen hat die Ukraine ebenfalls Sanktionen gegenüber Russland eingeführt. Der nachfolgende Beitrag widmet sich diesem Thema.
13.03.2024
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Sanktionen der Ukraine gegenüber Russland
Mit der Einführung des Kriegsrechts in der Ukraine wurde die Möglichkeit für Unternehmen, Geschäfte mit russischen oder belarussischen Unternehmen oder Staatsbürgern zu tätigen, erheblich eingeschränkt. Zu Unternehmen unter russischem oder belarussischem Einfluss zählen alle in der Ukraine tätigen juristischen Personen sowie ihre Niederlassungen und Repräsentanzen, bei denen eine natürliche oder juristische Person oder eine staatliche russische Organisation direkt oder indirekt als Gründer oder Begünstigter oder in einer anderen Form mit mehr als zehn Prozent beteiligt ist. Das Gesetz Nr. 2116 über die Grundprinzipien der zwangsweisen Beschlagnahme von Eigentum der Russischen Föderation und ihrer Einwohner in der Ukraine eröffnet die Möglichkeit der Enteignung und Nationalisierung von Eigentum und weiteren Vermögenswerten wie Wertpapieren.
Des Weiteren ist es ukrainischen Finanzinstituten nicht gestattet, Abbuchungen von Konten oder Einzahlungen auf Konten von ukrainischen Unternehmen vorzunehmen, die einen Bezug zu Russland oder Belarus aufweisen. Die Konten sind damit praktisch gesperrt. Diese Unternehmen können keine Gelder von Konten abheben oder Transkationen in russischem oder belarussischem Rubel abwickeln. Eine Ausnahme gilt unter anderem für die Zahlung von Löhnen und Steuern.
Zudem wird geplant die Steuern auf Einkünfte aus Russland oder von in Russland registrierten Niederlassungen zu erhöhen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf Nr. 7323 vom 30. März 2022 zur Änderung des Steuergesetzes der Ukraine bezüglich der Besteuerung von Wirtschaftssubjekten mit wirtschaftlichen Beziehungen zum Aggressorstaat liegt vor. Bisher liegt das Gesetz zur Überprüfung der Werchowna Rada vor. Das Gesetz richtet sich nicht nur an ukrainische Unternehmen, sondern auch an internationale Unternehmen:
- deren Geschäftssitz in Russland ist oder die als Endbegünstigte einen Wohnsitz in Russland haben,
- die Einkünfte aus Russland beziehen,
- die zu einer Unternehmensgruppe gehören, deren Teilnehmer Einkünfte aus Russland beziehen oder Russland wirtschaftlich unterstützen.
Update: Das zuvor genannte Gesetz ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Publikation nach wie vor nicht angenommen worden. Dennoch sollten international agierende Unternehmen vor der Aufnahmen der Geschäfte in der Ukraine ihre Geschäftsbeziehungen überprüfen. Denn eine Geschäftsbeziehung mit einem russischen oder belarussischen Unternehmen kann zu erheblichen Reputationsschäden und Verstößen gegen die nationale Gesetzgebung führen. In diesem Fall drohen Sanktionen oder sogar strafrechtliche Verantwortung wegen Terrorfinanzierung. Um dies zu vermeiden, sollten Unternehmen anhand des ukrainischen Sanktionsregisters und anderer staatlicher Register die Unternehmensstruktur des Vertragspartners prüfen.
Compliance-Anforderungen ukrainischer Banken
Die Ukraine verhängte bereits im Jahr 2014 aufgrund russischer Militäraktionen in der Ukraine, insbesondere wegen der Annektion der Krim, Sanktionen gegen Russland beziehungsweise russische Staatsbürger. In diesem Zusammenhang verhängte auch der EU-Rat schrittweise Sanktionen gegen Russland. Angesichts der hohen Anzahl der Sanktionen und der Tiefe teils langjähriger wirtschaftlichen Verflechtungen können juristische Personen eine russische Präsenz in ihrer eigenen Unternehmensstruktur beziehungsweise Geschäftsbeziehungen nicht gänzlich ausschließen. Solche Geschäftsbeziehungen können zu einer Reihe von Risiken führen wie dem Abbruch von Geschäftsbeziehungen oder der Nicht-Durchführung einer Finanztransaktion. Dies bedeutet, dass auch bereits (langjährige) bestehende Beziehungen von ukrainischen Geschäftspartnern beziehungsweise ukrainischen Banken wiederholt auf eine mögliche Beteiligung eines russischen Staatsbürgers beziehungsweise Unternehmens überprüft werden müssen.
Die Anwendung von Sanktionen und anderer beschränkender Maßnahmen wird durch das Gesetz Nr. 1644 - VII vom 14. August 2018 über Sanktionen (Pro sanktsiyi) geregelt. Das Gesetz bezweckt den Schutz der nationalen Interessen der Ukraine und die Verhinderung von Verstößen. Es definiert konkrete Sanktions- und Wirtschaftsmaßnahmen gegenüber Personen und/oder Wirtschaftszweigen beziehungsweise Unternehmen. Ferner sieht es vor, dass weitere restriktive Maßnahmen Anwendung finden können, sofern sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Hiervon macht die ukrainische Nationalbank (NBU) in Form von Erlassen Gebrauch. So regelt der Erlass Nr. 65 vom 11. Mai 2023 über die Billigung der Verordnung über die Durchführung wirtschaftlicher und anderer restriktiver Sondermaßnahmen (Sanktionen) unter anderem die Durchführung von Finanztransaktionen. In diesem Zusammenhang verlangt die NBU von ukrainischen Banken eine umfassende Überprüfung von Personen beziehungsweise Unternehmen, die möglicherweise Sanktionen unterliegen könnten. Die Überprüfung wird anhand von der Bank vorliegenden Informationen vorgenommen. Dazu gehören unter anderem solche Informationen wie Daten der Personen oder Angaben über Finanzinstitute, die an grenzüberschreitenden Transaktionen beteiligt sind.
Für deutsche Unternehmen bedeutet es, dass sie sich auf eine Überprüfung einstellen müssen. Dabei werden unter anderem die geschäftlichen Aktivitäten und/oder Gesellschafter überprüft. In diesem Zusammenhang können Nachweise angefordert werden, dass keine Geschäftstätigkeit mit Russland besteht. Zu beachten ist, dass auch ein Versuch, Sanktionen zu umgehen, als ein Verstoß gegen das ukrainische beziehungsweise europäische Recht gewertet werden kann.