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Wirtschaftsausblick | USA

US-Konjunkturmotor beginnt zu stottern

Riesige Förderprogramme können den Abschwung nicht verhindern. Doch treiben sie die Nachfrage nach deutschen Investitionsgütern. Sorgen bereitet der zunehmende Protektionismus.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Wirtschaftsentwicklung: Zumindest keine Rezession in Sicht

Die gute Nachricht zuerst: Die USA werden laut Prognosen praktisch aller Banken und Forschungsinstitute um eine Rezession herumkommen. Zugleich sind sie sich einig, dass sich die Konjunktur ab dem 4. Quartal 2023 abschwächen wird. Diese Schwäche soll dann im 1. Halbjahr 2024, möglicherweise auch darüber hinaus, anhalten. Aufs Jahr hochgerechnet könnte sich das reale Wirtschaftswachstum 2024 gegenüber 2023 in etwa halbieren. 

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Die Gründe für den Abschwung sind vielfältig. Die Konsumenten halten sich zurück, weil die Zinsen für Konsumkredite deutlich gestiegen sind. Hinzu kommt eine ausgeprägte Schwäche des privaten Wohnungsbaus. Auch auf dem Arbeitsmarkt nähern sich die Tage, als sich Arbeitnehmer über kräftig steigende Löhne und eine breite Auswahl an Jobangeboten freuen konnten, dem Ende. Auf der Positivseite sind die riesigen Infrastruktur- und Konjunkturprogramme zu nennen. Ohne diese wäre die Wirtschaft vermutlich längst in eine Rezession gerutscht. Allerdings dürfte in Folge die Verschuldung steigen. 

Die USA bekommen die Inflation zunehmend in den Griff. Damit endet die Zeit rascher Leitzinserhöhungen.

Die Inflation hat an Schrecken verloren. Nachdem die Preissteigerungsrate im Juni 2022 gemäß Zahlen des nationalen Arbeitsministeriums auf 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen war, fiel sie bis zum Juni 2023 auf 3 Prozent. Zwar legte sie im August 2023 wieder auf 3,7 Prozent zu. Zugleich sank aber die für die US-Zinspolitik ausschlaggebende Kerninflation (ohne Lebensmittel- und Energiepreise) auf 4,3 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Analysten erwarten mehrheitlich, dass die Notenbank Fed von weiteren Zinsanhebungen absehen und den weiteren Marktverlauf beobachten wird.

Wirtschaftliche Eckdaten in den USA

Indikator

2021

2022

Vergleichsdaten Deutschland 2022

BIP (nominal, Mrd. US$)

22.996

25.463

4.075

BIP pro Kopf (US$)

70.160

76.622

48.630

Bevölkerung (Mio.)

332

332

83

Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ...US$)

1,183

1,053

-

Quelle: Internationaler Währungsfonds 2023; U.S. Census Bureau 2023; Deutsche Bundesbank 2023; Statistisches Bundesamt 2023

Investitionen: Deutsche Unternehmen verstärken ihr Engagement

Ziel des im November 2021 verabschiedeten Infrastructure Investment und Jobs Act ist es, die veraltete Infrastruktur bis 2028 mit 1.200 Milliarden US-Dollar (US$) zu modernisieren. Der Schwerpunkt liegt auf dem Straßenbau, dem Wassersektor sowie dem Ausbau der ländlichen IT-Netze. Zusätzlich regt der Inflation Reduction Act (IRA) vom August 2022 (Umfang: 750 Milliarden US$) vor allem im Umweltbereich hohe Investitionen an. Im verarbeitenden Gewerbe zählen die Herstellung von Halbleitern und Elektrofahrzeugen sowie die Biotechnologie zu den geförderten Bereichen. 

In allen Sparten des Tiefbaus - aber auch des gewerblichen Hochbaus - legten in Folge die erbrachten Bauleistungen laut dem nationalen Statistikamt im 1. Halbjahr 2023 zu. Der Bedarf an Baumaschinen zog entsprechend an. In der Landwirtschaft investieren die Farmen vor dem Hintergrund gestiegener Nahrungsmittelpreise und der Arbeitskräfteknappheit verstärkt in neue Maschinen und Automatisierungstechnik. Zugleich modernisieren die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie ihre Fertigung. 

Viele deutsche Unternehmen planen, ihr Engagement in den USA zu verstärken. Dahinter steckt einerseits der wachsende Markt für Anlagegüter. Andererseits wollen sie sich - etwa mit dem Aufbau einer Produktion vor Ort - vor dem wachsenden Protektionismus schützen. Zugleich suchen Firmen Alternativen zum chinesischen Absatzmarkt mit seinen hohen politischen Risiken. 

Ausgewählte Großprojekte

Projektbezeichnung

Investitionssumme (Mio. US$)

Projektstand

Projektträger

Modernisierung von Zugflotte, Bahnhöfen, Eisenbahnbrücken und -tunneln

50.000

Langfristiger Plan

Amtrak

Bau von mehreren Halbleiterfabriken in Arizona

40.000

Im Bau, Inbetriebnahme sukzessiv ab 2025

Taiwan Seminconductor Manufacturing (TSMC)

Bau von zwei Halbleiterfabriken in Ohio

20.000

In Planung

Intel

Bau von Halbleiterfabriken in Taylor (Texas)

17.000

In Planung

Samsung

Hudson Tunnel Project

12.300

In Planung, Umweltstudie im September 2023 abgeschlossen

Hudson Tunnel Projekt

Las Vegas - Los Angeles Highspeed Rail

12.000

Inbetriebnahme bis 2027

Brightline West

Golden Triangel Petrochemical Complex

8.500

Baubeginn im März 2023

Quatar Energy und Chevron Chemical

Redline Extension Project Chicago

3.600

In Planung

Chicago Transit Authority

Quelle: Pressemeldungen 2023; Unternehmensangaben 2023

Konsum: Verbraucher bei Autos ausgabefreudig

Der private Konsum ist traditionell für fast 70 Prozent der Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verantwortlich. Die Verbraucher halten sich im Herbst 2023 wegen der stark gestiegenen Kreditzinsen mit der Neuanschaffung langfristiger Konsumgüter zurück. Sie gehen stattdessen lieber essen oder ins Kino. Prognosen erwarten bis weit ins 1. Halbjahr 2024 hinein ein zurückhaltendes Ausgabeverhalten.

Anders sieht die Lage im Automobilbereich aus. Dort machen sich immer noch starke Nachholeffekte bemerkbar, da 2022 viele Haushalte ihren Pkw-Kauf zurückstellen mussten. Wegen des weltweiten Halbleitermangels gab es nicht genug Neufahrzeuge. In den ersten acht Monaten 2023 stiegen die Neuzulassungen (Pkw einschließlich leichter Transportfahrzeuge) nach Angaben der National Automobile Dealers Association um 18 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Außenhandel: Deutschland im Plus, China im Minus

Der US-Außenhandel war 2022 nach Angaben des US-Handelsministeriums kräftig gestiegen und hatte einen Rekordwert erreicht. Doch in den ersten sieben Monaten 2023 entwickelte sich das Geschäft rückläufig, wobei die Importe mit minus 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wesentlich stärker nachgaben als die Exporte (-1,3 Prozent). Entsprechend verringerte sich das Handelsbilanzdefizit.

Außenhandel der USA (in Milliarden US-Dollar; nominale Veränderung in Prozent)
 

2021

2022

Veränderung 2022/2021

Importe

2.829

3.243

14,6

Exporte

1.758

2.065

17,5

Quelle: U.S. Department of Commerce 2023; U.S. International Trade Commission 2023

Die USA waren 2022 laut dem statistischen Bundesamt der größte Zielmarkt für die deutsche Exportwirtschaft. Zwischen Januar und Juli 2023 stiegen die Importe der Vereinigten Staaten aus Deutschland – gegen den rückläufigen Trend – um 17 Prozent, so das US-Handelsministerium. Die Hauptwettbewerber fuhren teils schwere Verluste ein. Die Einfuhren aus China etwa gingen um ein Viertel zurück.

Das amerikanische Handelsbilanzdefizit mit Deutschland belief sich 2022 laut der Behörde auf 74 Milliarden US$. Es dürfte 2023 auf einen Wert von rund 90 Milliarden US$ steigen. Damit können deutsche Unternehmen zur Zielscheibe protektionistischer Maßnahmen werden. Diese haben in den letzten Jahren stark zugenommen.

Dabei setzen die USA vornehmlich auf nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Im Rahmen des "Build America, Buy American Act" beispielsweise gelten für öffentliche Projekte Vorgaben zur Erbringung lokaler Wertschöpfungsanteile ("local content"). Es gibt allerdings Ausnahmen, wenn keine lokalen Anbieter existieren oder deren Produkte zu teuer sind. Das kommt bei Kapitalgütern, insbesondere im Maschinenbau, nicht selten vor.

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