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Wirtschaftsausblick | Nordmazedonien

Nordmazedoniens Wirtschaft setzt auf neue Investitionen

Inflation, Energiekrise und Finanzpolitik hemmen das Tempo der Wirtschaft. Impulse hingegen geben Investitionen aus dem Ausland. Auch deutsche Unternehmen investieren weiter.

Von Martin Gaber | Belgrad

Wirtschaftsentwicklung: Nur wenig Wachstum in Sicht

Die Wirtschaft in Nordmazedonien entwickelt auch im Jahr 2023 keine richtige Dynamik. So wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr laut Weltbank real um 2,4 Prozent zulegen. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und die Erste Group Research sehen das deutlich pessimistischer. Sie gehen von einem realen Plus deutlich unter 2 Prozent aus.
Bereits im Jahr 2022 ist das reale Wachstum mit einem Plus von 2,1 Prozent moderat ausgefallen, so die vorläufige Berechnung der Statistikbehörde Nordmazedoniens.

Nach einer Wartezeit von knapp 17 Jahren hatten im Sommer 2022 die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union begonnen. Dafür hatte Nordmazedonien einige Hürden gemeistert und unter anderem seinen Landesnamen geändert. Doch der Schwung einer Annäherung an die EU wird von den Nachwirkungen der Coronapandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ausgebremst.

Energiekrise und restriktive Finanzpolitik setzen Wirtschaft unter Druck

Die Inflation untergräbt die Kaufkraft der Haushalte und übt Druck auf die Betriebe aus, Löhne anzuheben. Gleichzeitig führt die restriktive Finanzpolitik dazu, dass Kredite teurer werden. Das setzt Bevölkerung und Wirtschaft unter Druck und führt dazu, dass die Inlandsnachfrage nachgibt. Hinzu kommt eine mögliche Konjunkturkrise in der EU. Diese könnte dazu führen, dass die Nachfrage aus dem Ausland stagniert. Nordmazedoniens Exportwirtschaft ist stark von Exporten in die EU abhängig. 

Solarprojekte könnten für Entlastung sorgen

Dem gegenüber stehen anziehende Direktinvestitionen aus dem Ausland. Nordmazedonien bleibt ein interessanter Standort für Investoren, die weiterhin auf die Chancen in dem Balkanstaat vertrauen. Auch bei der Energiekrise ist etwas Entlastung in Sicht. Zahlreiche Solarprojekte befinden sich in der Umsetzung. Das wird die inländische Stromproduktion erhöhen und so für eine Entlastung bei den Preisen sorgen. Nordmazedonien ist bislang auf teure Stromimporte angewiesen.

Politische Lage bleibt angespannt

Bulgarien hatte bei der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien sein Veto eingelegt. Damit die Verhandlungen doch beginnen konnten, musste Skopje Zugeständnisse machen. Dafür sind nun aber Verfassungsänderungen notwendig, die in der Bevölkerung umstritten sind. Das setzt die aktuelle Regierung um Premiermister Dimitar Kovačevski unter Druck. Die Opposition fordert vorgezogene Wahlen für das Jahr 2023. Ordentliche Wahlen stehen eigentlich erst für 2024 an.

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Wirtschaftliche Eckdaten Nordmazedoniens

Indikator

2020

2021

Vergleichsdaten Deutschland 2022

BIP (nominal, Mrd. Euro)

10,9

11,71

3.602

BIP pro Kopf (Euro)

5.236

6.3811

43.292

Bevölkerung (Mio.)

2,1

1,82

83,2

Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Mazedonische Denari)

61,50

61,58

-

1 vorläufig; 2 neuer ZensusQuelle: Statistikbüro Nordmazedonien 2023; Nationalbank Nordmazedonien 2023; Statistisches Bundesamt

Investitionen: Direktinvestitionen legen deutlich zu

Nach einer langsamen Erholung nach der Coronapandemie haben die ausländischen Direktinvestitionen im Jahr 2022 deutlich zugelegt. Zuflüsse von 753,8 Millionen Euro bedeuten ein Plus von über 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, so die Zahlen der Nationalbank Nordmazedoniens. Vor allem der Automobilbereich ist weiterhin im Fokus. Aber auch in anderen Branchen wird weiter investiert. So baut Gerresheimer sein Werk in der Freihandelszone Skopje aus. Die Serienproduktion für Arzneimittelverpackungen soll dort im Jahr 2024 beginnen. Dadurch werden 200 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Investition beträgt nach Regierungsangaben 126 Millionen Euro.

Investitionen sind ein wichtiger Impuls für das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Bruttoanlageinvestitionen hatten nach der Pandemie wieder zugelegt. So gab es im Jahr 2022 ein reales Plus von 16 Prozent, so das wiiw. Diesen Schwung nimmt die Wirtschaft aber wohl nicht mit ins Jahr 2023. Für dieses Jahr wird noch ein Plus von 4 Prozent erwartet.

Ausgewählte Großprojekte in Nordmazedonien

Projektbezeichnung

Investitionssumme (Mio. Euro)

Projektstand

Projektträger und Ansprechpartner

Bau und Sanierung der Eisenbahnverbindungen am Orient/Ost-Mittelmeer-Korridor und am Korridor VIII

1.500

Finanzierung: EBRD, EIB, WBIF; einzelne Streckenabschnitte derzeit ausgeschrieben

Ministerium für Verkehr und Kommunikation

EBRD

Ausbau der Autobahn am Korridor VIII

1.000

Finanzierung: EBRD, EIB, WBIF; einzelne Streckenabschnitte derzeit ausgeschrieben

Ministerium für Verkehr und Kommunikation

EBRD

Bau des Windparks Virovi im Nordosten des Landes

500

Vorgesehen sind 69 Turbinen mit einer Gesamtkapazität von rund 415 MW

WPD Deutschland

Bau einer Abwasserbehandlungsanlage in Skopje

140

Finanzierung: WBIF, EIB- und EBRD-Darlehen; Ausschreibung im Gange

Stadt Skopje

Vodovod Kanalizacija Skopje

EIB

Erstellung von mehreren regionalen Abfallmanagementsystemen

130

Finanzierung: EBRD; Ausschreibungen in Vorbereitung

Ministerium für Umwelt und Raumplanung – Sektor Abfallmanagement 

EBRD

Bau von Gasverbindungsleitungen zu Serbien, Griechenland, Albanien und Kosovo

100

Finanzierung: EIB-Darlehen; Machbarkeitsstudie abgeschlossen; in Vorbereitung

MER JSC Skopje

Bau des Windparks Miravci bei Gevgelija, Grenze zu Griechenland

50

Projektdokumentation und Genehmigungsverfahren abgeschlossen; Stromausfuhr über Griechenland geplant

Kaltun Group

YEO Teknoloji

Bau eines Solarparks auf Kohleabbauflächen in Osmolej mit einer Gesamtkapazität von 100 bis 200 MW

30

Finanzierung: EBWE, Eigenfinanzierung und ÖPP; Verträge mit privaten Investoren in Osmolej unterzeichnet, Osmolej 1 mit 10 MW im Testbetrieb; Großprojekt in Vorbereitung


ESM

Solarpro Holding

Fortis Onc. USA  

Grisim Elektric, Türkei

Bau eines Solarparks auf Kohleabbauflächen in Bitola mit Gesamtkapazität von über 100 MW

30

Finanzierung: EBRD, Eigenfinanzierung und ÖPP; Beratungsdienstleistungen ausgeschrieben

ESM

Stärkung des Übertragungsnetzes in der südöstlichen Region Nordmazedoniens zur Anbindung erneuerbarer Energien und Umsetzung von Smart-Grid-Konzepten

10


Finanzierung: EBRD-Darlehen und Eigenmittel

Mepso

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Pressemeldungen

Weitere Informationen und aktuelle Ausschreibungen finden Sie bei der Behörde für öffentliche Ausschreibungen (Biro za javni nabavki). Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubriken „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.

Konsum: Inflation trübt die Kauflaune

Die Inflationsrate wird auch im Jahr 2023 nur knapp unter der Marke von 10 Prozent liegen, darin sind sich sowohl die Zentralbank Nordmazedoniens als auch internationale Geberbanken einig. Nachdem die Inflation im Jahr 2022 davongezogen ist, konnten Löhne und Gehälter nicht mehr mithalten. So legen diese nominal zwar deutlich zu, real verfügt die Bevölkerung aber über weniger Kaufkraft. Galt der Privatverbrauch bis vor Kurzem noch als wichtiger Motor für den wirtschaftlichen Aufschwung, so wird er in diesem Jahr nur noch kleine Impulse setzen – falls überhaupt. Für die Unternehmen aber auch den öffentlichen Sektor wächst der Druck, Gehälter weiter zu erhöhen. Aufgestockt werden die Einkommen allerdings durch Rücküberweisungen aus dem Ausland. Diese lagen laut Weltbank im Jahr 2021 bei rund 490 Millionen US-Dollar.

Außenhandel: Preissteigerungen erzeugen Exportrekorde

Nordmazedoniens Außenhandel wird auch weiterhin zweistellig wachsen. Das liegt in erster Linie aber an Preissteigerungen und nicht an einer boomenden Nachfrage. Das Exportvolumen stieg erstmals auf über 8 Milliarden Euro und liegt damit rund 20 Prozent über dem Vorjahreswert, so Zahlen der nordmazedonischen Statistikbehörde. Gleichzeitig liegt die Menge der exportierten Güter rund 3 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Importen ab.

Wichtigster Exportpartner ist Deutschland. Rund 3,7 Milliarden Euro und damit fast die Hälfte aller Exporte gehen in die Bundesrepublik. Bei Importen von rund 1 Milliarde Euro generiert Nordmazedonien damit einen Handelsüberschuss. Grund sind die zahlreichen Automobilzulieferer vor Ort, die zur Weiter- und Endverarbeitung nach Deutschland exportieren. Die Nachfrage der deutschen Autoindustrie wird somit ein Schlüsselfaktor für die Exportentwicklung bleiben.

Warenaußenhandel Nordmazedoniens (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent)

2021

2022

Veränderung 2022/2021

Importe

9.638

12.125

25,8

Exporte

6.923

8.300

19,9

Quelle: Statistikbüro Nordmazedonien 2023

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