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Wirtschaftsausblick | Singapur

US-Handelspolitik verunsichert singapurische Wirtschaft

Singapurs Wirtschaft wird 2025 an Schwung verlieren. Deutsche Firmen bleiben dem Regionalhub trotzdem treu. Auch die neue Sonderwirtschaftszone weckt Interesse.

Von Alexander Hirschle | Singapur

Top-Thema: Neue Impulse durch Sonderwirtschaftszone in Johor

Neben der US-Handelspolitik ist die im Januar 2025 neu gegründete Sonderwirtschaftszone in Johor das beherrschende Wirtschaftsthema im 1. Halbjahr. Die Johor-Singapore Special Economic Zone (JS-SEZ) soll die unterschiedlichen Standortvorteile von Singapur und Malaysia in einer Region zusammenbringen. Darüber hinaus soll das Projekt die Wettbewerbsfähigkeit beider Länder erhöhen und mehr Wertschöpfung generieren.

Firmen, die sich in der Sonderwirtschaftszone ansiedeln, können bis zu 15 Jahre von einer reduzierten Unternehmenssteuer von 5 Prozent profitieren. Die Ermäßigung ist vor allem für Unternehmen vorgesehen, die in "fortschrittlichen" Sektoren wie künstlicher Intelligenz, Quantencomputing, Medizintechnik oder Luftfahrt tätig sind.

In den ersten Monaten des Jahres 2025 berichteten lokalen Medien von großem Interesse bei Firmen aus der Medizintechnikbranche. Von den steigenden Aktivitäten in der Region dürften auch Baufirmen profitieren. Beratungsfirmen, Banken und Regierungsinstitutionen bieten unzählige Seminare und Webinare an, um Unternehmen die Vorzüge der JS-SEZ näher zu bringen. 

Gemäß einer Umfrage der Deutsch-Singapurischen Industrie- und Handelskammer (AHK) genießt die Sonderwirtschaftszone in der deutschen Wirtschaftsgemeinschaft in Singapur einen hohen Bekanntheitsgrad. In Johor selbst sind bereits circa 90 deutsche Firmen aktiv. Dort berichten Unternehmensvertretende ebenfalls von gestiegenem Interesse – gleichzeitig aber auch von einem zunehmenden Mangel an qualifizierten Beschäftigten.

Wirtschaftsentwicklung: Prognosen nach unten korrigiert

Mitte April senkte das Handels- und Industrieministerium MTI seine Prognose für das reale Wachstum des singapurischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 0 bis 2 Prozent. Der Internationale Währungsfonds korrigierte die für 2025 erwartete BIP-Steigerung ebenfalls von 2,5 auf 2,0 Prozent herunter. Der Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit rechnet sogar nur mit einer Zunahme um 1,7 Prozent. Zu Jahresbeginn waren die Erwartungen auch aufgrund des starken Vorjahresergebnisses von 4,4 Prozent noch optimistischer gewesen. 

Die von den USA angekündigten Zollerhöhungen sendeten am sogenannten "Liberation Day" Anfang April Schockwellen durch ganz Südostasien. Singapur war mit einem Zollsatz von 10 Prozent bedacht worden. Mit Strafzöllen in dieser Größenordnung hatten Experten vor Ort nicht gerechnet. Es herrschte großes Unverständnis, da der Stadtstaat sehr gute politische und wirtschaftliche Beziehungen mit den USA pflegt. Als einziges Land in der Region ASEAN (Vereinigung südostasiatischer Nationen) weist es ein bilaterales Handelsbilanzdefizit auf. Die USA sind der wichtigste Handelspartner für Dienstleistungen und der zweitwichtigste bei Gütern. Zudem sind sie der wichtigste ausländische Investor in Singapur. 

Trotz des temporären Aussetzens der Zölle rechnet die Behörde Enterprise Singapore damit, dass die Nachfrage wichtiger Handelspartner zurückgehen könnte. Fachleute erwarten für die kommenden Monate eine Abschwächung des Exportwachstums. Für das Gesamtjahr 2025 gehen sie sogar von einem Rückgang der Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr aus. Dabei war der singapurische Außenhandel im 1. Quartal mit einem starken Plus ins neue Jahr gestartet.

Einige Ökonomen fürchten sogar eine technische Rezession, also dass das BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Singapur ist als internationale Handelsdrehscheibe besonders abhängig von der globalen Nachfrage. Die Ein- und Ausfuhren entsprechen zusammen etwa 180 Prozent der Wirtschaftsleistung. Jegliche Friktion im Welthandel wirkt sich damit indirekt negativ auf die kleine und offene Volkswirtschaft aus. 

Haushalt als Konjunkturspritze

Die Regierung versucht gegenzusteuern. Durch den Überschuss im Staatshaushalt 2024 stehen umfangreiche finanzielle Mittel zur Förderung von gesellschaftlichen Kernbereichen wie Gesundheit, Bildung und Transport zur Verfügung. Außerdem werden die Ausgaben für Verteidigung stark aufgestockt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Förderung strategischer Zukunftssektoren wie künstlicher Intelligenz. 

Weil in den vergangenen Jahren die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind, versucht die Regierung auch den privaten Konsum zu unterstützen. Ab Mitte des Jahres vergibt sie Einkaufsgutscheine an die Bevölkerung. Das eröffnet Geschäftschancen für ausländische Lieferanten von Konsumgütern, denn Experten gehen davon aus, dass die Gutscheine überwiegend für importierte Waren eingelöst werden.

Deutsche Perspektive: Unternehmen nutzen Singapur als regionale Drehscheibe

Angesichts des voraussichtlich geringen Wirtschaftswachstums 2025 in Singapur sind die Geschäftsaussichten für deutsche Exporteure getrübt. Viele deutsche Firmen berichten zudem über eine deutlich zunehmende Konkurrenz durch chinesische Waren. In den vergangenen Jahren eroberten sie in der ganzen ASEAN-Region große Marktanteile. Dieser Trend dürfte sich durch die US-Handelspolitik fortsetzen, wenn chinesische Firmen mit ihren Produkten noch stärker nach Südostasien drängen. 

Die Schwächephase im bilateralen Handel zwischen Deutschland und Singapur hat sich 2024 fortgesetzt. Die deutschen Ausfuhren in die Löwenstadt verloren 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Einfuhren gingen sogar um 22 Prozent zurück. Trotzdem bleibt Singapur der wichtigste Empfänger deutscher Waren in Südostasien. Ein Großteil der Lieferungen wird allerdings weiter in umliegende Länder verschifft. Die deutschen Tochterfirmen vor Ort sind häufig für die ASEAN-Region oder ganz Asien-Pazifik zuständig.

Rund 80 Prozent der AHK-Mitglieder sind mit Singapur als Hub für ihre regionalen Aktivitäten zufrieden. Mehr als ein Drittel der Unternehmen wollen die Zahl ihrer Arbeitskräfte am Standort ausbauen. Als größte Herausforderungen gelten die steigenden Kosten und zunehmende Schwierigkeiten, eine Arbeitsgenehmigung für ausländische Beschäftigte zu erhalten.

Weitere Informationen über Singapur finden Sie auf der GTAI-Länderseite Singapur.

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