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Wirtschaftsausblick | Slowenien

Moderates Wachstum für 2024

Slowenien kämpft mit den Folgen des Hochwassers. Immerhin dürfte die Wirtschaft 2024 wieder stärker anziehen. Von öffentlichen Bauinvestitionen gehen wichtige Impulse aus.

Von Kirsten Grieß | Ljubljana

Top-Thema: Milliardenschäden nach Flutkatastrophe

Die Flutkatastrophe vom August 2023 verursachte in Slowenien immense Schäden. Für den Wiederaufbau sind Ausgaben von rund 10 Milliarden Euro angesetzt. Knapp die Hälfte davon entfällt auf die öffentliche Infrastruktur. Die Finanzierung wird in einem eigenen Gesetz geregelt, das unter anderem eine Erhöhung der Körperschaftsteuer von 19 auf 22 Prozent vorsieht. Bei Finanzexperten und in der Wirtschaft stößt das auf Kritik. Auch andere wirtschaftspolitische Maßnahmen der Regierung sind umstritten.

Erste Gelder für die Beseitigung der Schäden fließen bereits. Die Regierung will außerdem zusätzliche Mittel aus dem EU-Kohäsionsfonds und dem Wiederaufbaufonds abrufen. Für Ljubljana hat der rasche Wiederaufbau Priorität. Das bedeutet aber auch, dass Zukunftsinvestitionen etwa in den Ausbau erneuerbarer Energien oder die Digitalisierung des Landes zurückgestellt werden. Für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts sind das keine guten Nachrichten.

Wirtschaftsentwicklung: Bauinvestitionen sorgen 2024 für Wachstum 

Für das Jahr 2023 erwartet die Europäische Kommission in ihrer jüngsten Prognose ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,3 Prozent. Das ist deutlich schlechter als im Vorjahr. Positiver sind die Aussichten für 2024: Dann soll die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnen und um 2 Prozent zulegen. Wichtigster Wachstumstreiber wird voraussichtlich die Bauwirtschaft sein. 

Sorgenkind bleibt dagegen die Industrie, die mit durchschnittlich 20 Prozent den Großteil der slowenischen Wirtschaftsleistung erbringt. Das Produktionsvolumen schrumpft bereits seit Ende 2022. Hohe Energiekosten und eine sinkende Binnennachfrage setzen den Unternehmen zu. Obwohl sich das Geschäftsklima 2024 leicht verbessern dürfte, bremst die schwächelnde Auslandsnachfrage weiterhin exportorientierte Industriebetriebe. 

In der zuletzt starken Logistikbranche gingen die Umsätze 2023 deutlich zurück. Auch 2024 dürfte für die Unternehmen trotz steigender Transport- und Lagermengen herausfordernd bleiben. Ein neues Mautgesetz ist angekündigt und wird die Transportkosten erhöhen. Die Informations- und Kommunikationstechnologien soll im laufenden Jahr dagegen um 10 Prozent wachsen und damit etwa so stark wie im Jahr 2023. Die Branche klagt allerdings über einen massiven Fachkräftemangel. Auch in anderen Wirtschaftsbereichen hemmt der angespannte Arbeitsmarkt zunehmend das Wachstum.

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EU-Gelder und Wiederaufbau schaffen Nachfrage

Wichtige Nachfrageimpulse sind 2024 von öffentlichen Ausgaben zu erwarten. Slowenien kann mit 2,7 Milliarden Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU rechnen. Davon wurden Ende Dezember 536 Millionen Euro ausgezahlt. Rund 500 Millionen Euro an Kohäsionsgeldern sind ebenfalls für 2024 eingeplant. 

Zusammen mit den Investitionen in den Wiederaufbau stehen damit hohe Summen für Infrastrukturprojekte zur Verfügung. Für 2024 kündigte die Regierung bereits den Start von zwölf mehrjährigen Bauvorhaben im Schienensystem des Landes an. Im Hochwasser- und Überschwemmungsschutz ist die Auswahl der Maßnahmen noch nicht abgeschlossen, es wird aber mit zahlreichen Projekten gerechnet. Weitere Gelder sind für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude und den Hochschulausbau eingeplant, ebenso wie für die Beschaffung neuer Forschungsausrüstung. Entsprechende Ausschreibungen sind in Kürze zu erwarten.

Höhere Einkommen stützen den Konsum 

Die Analysten der slowenischen Nationalbank rechnen für 2024 mit einem Anstieg des privaten Konsums um 1,4 Prozent, angetrieben von einer sinkenden Inflation und steigenden Reallöhnen. Die Europäische Kommission erwartet für 2024 einen Rückgang der Inflation auf durchschnittlich 3,9 Prozent. Die Realeinkommen wuchsen in den ersten zehn Monaten 2023 um durchschnittlich 1,8 Prozent. Diese Entwicklung dürfte sich 2024 fortsetzen.

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Deutsche Perspektive: Gesunkenes Vertrauen in den Wirtschaftsstandort

Deutschland ist traditionell der wichtigste Exportmarkt Sloweniens. Die konjunkturelle Lage dort und in anderen wichtigen Absatzmärkten schlägt sich spürbar im slowenischen Außenhandel nieder. Im 3. Quartal schrumpften die realen Exporte gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,7 Prozent. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet das slowenische Institut für makroökonomische Analyse und Entwicklung (IMAD) mit einem Minus von 1 Prozent. Im Jahr 2024 sollen die Ausfuhren wieder leicht anziehen – allerdings unter der Bedingung, dass sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Europa nicht merklich abkühlt.  

Bei ausländischen Direktinvestitionen belegte Deutschland Ende 2022 Platz 4. Der deutsche Investitionsbestand betrug zu diesem Zeitpunkt 1,8 Milliarden Euro. Das sind rund 35 Prozent mehr als 2018. Zuletzt trübte sich die Stimmung der deutschen Unternehmen allerdings etwas ein. In der Frühjahrsumfrage 2023 der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer gaben nur 75 Prozent der Befragten an, erneut im Land investieren zu wollen. Das sind 10 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Am unzufriedensten zeigten sich die Unternehmen mit der Berechenbarkeit der slowenischen Wirtschaftspolitik. 

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Es gibt aber auch andere Stimmen: Die slowenische Niederlassung von Bosch-Siemens Haushaltsgeräte (BSH) wurde stark von der Flut getroffen.  Jetzt sucht das Management nach einem alternativen Standort – ganz bewusst in Slowenien. Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sowie eine leistungsfähige Zulieferindustrie sprächen für das Land. Auch der deutsche Pharmakonzern Sartorius ist vom Standort überzeugt. In den vergangenen drei Jahren hat Sartorius mehr als 10 Millionen Euro in sein slowenisches Werk investiert. Der Bau eines neuen Biotech-Campus ist geplant.

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