Wirtschaftsausblick | Spanien
Spaniens Wirtschaft zeigt sich weiterhin in guter Verfassung
Trotz globaler Unsicherheiten wächst die Wirtschaft stärker als erwartet. Die EU-Kommission hebt ihre Prognose für 2025 und 2026 deutlich an. Ein Unsicherheitsfaktor nimmt aber zu.
26.11.2025
Von Friedrich Henle | Madrid
Top-Thema: Regierung auf wackligem Fundament
Im Oktober 2025 kündigte die katalanische Regionalpartei "Junts per Catalunya" offiziell ihre Zusammenarbeit als Koalitionspartner mit der spanischen Minderheitsregierung auf. Für Ministerpräsident Pedro Sánchez ist es nun noch schwieriger geworden, Gesetzesvorhaben durchs Parlament zu bringen. Ein Haushalt für das Jahr 2026 ist nicht in Sicht. Es wäre die dritte Fortschreibung des letzten offiziellen Haushalts, der für 2023 verabschiedet werden konnte. Gleichzeitig scheint es aktuell nicht wahrscheinlich, dass es zu einem Misstrauensvotum und damit dem Sturz der Regierung kommt. Die nächsten Wahlen fänden planmäßig erst im Jahr 2027 statt.
Die politische Krise engt nicht nur den Handlungsspielraum der Regierung ein, sondern gefährdet auch den vollständigen Abruf wichtiger EU-Fördermittel. Spanien konnte aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität insgesamt 164 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten für den Zeitraum 2021 bis 2027 einplanen. Bis November 2025 hat die Regierung aber erst etwa 70 Prozent der Zuschüsse und 20 Prozent der Kredite bei der EU abgerufen. Grund ist auch, dass gewisse Auflagen der EU bisher nicht erfüllt werden konnten. Dazu gehört beispielsweise der geforderte Wegfall des Steuerprivilegs auf Dieselkraftstoff.
Wirtschaftsentwicklung: Wachstum deutlich über dem EU-Durchschnitt
Die spanische Wirtschaft wächst trotz des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds. In ihrer im November 2025 veröffentlichten Frühjahrsprognose hebt die EU-Kommission die Wachstumsaussichten für die Jahre 2025 und 2026 nochmals an. Das spanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll im laufenden Jahr real um 2,9 Prozent steigen, 0,3 Prozentpunkte mehr als noch im Mai 2025 vorausgesagt. Für das kommende Jahr 2026 steigt die Prognose von 2,0 auf 2,3 Prozent. Damit liegt das Land weiterhin deutlich über dem durchschnittlichen BIP-Wachstum in der EU, das die EU-Kommission für beide Jahr auf jeweils 1,4 Prozent beziffert.
Einer der Gründe für den guten Wirtschaftsausblick ist die hohe private Nachfrage. Neue Arbeitsplätze und reale Einkommenszuwächse sorgen für mehr Konsum. Hinzu kommt eine starke Einwanderung, vor allem aus Lateinamerika. Laut nationaler Statistikbehörde INE stieg die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Spanien von Anfang 2021 bis Anfang Oktober 2025 um 1,7 Millionen auf 49,4 Millionen Menschen.
Investitionen: Unternehmen reagieren auf gestiegene Nachfrage
Gleichzeitig scheint die Zuversicht auch in der Privatwirtschaft zuzunehmen. Unternehmen kaufen verstärkt Maschinen und Anlagen, um die wachsende Nachfrage bedienen zu können. Bei den Ausrüstungsinvestitionen erwartet die EU-Kommission für das Jahr 2025 einen Anstieg um 8,6 Prozent, nach 1,9 Prozent im Vorjahr. Bei den öffentlichen Investitionen ist mit 2,9 Prozent Zuwachs zu rechnen. Einen großen Anteil daran haben EU-Fördermittel und große Infrastrukturprojekte, zum Beispiel im Eisenbahnsektor.
Die Bauinvestitionen werden der Prognose zufolge 2025 um 4,3 Prozent zulegen. Derzeit fließen zum Beispiel mehr Gelder in Logistikprojekte und in Rechenzentren. Auch im Wohnungsbau gehen die Zahlen wieder leicht nach oben. Große urbane Entwicklungsprojekte, wie beispielsweise Madrid Nuevo Norte, befinden sich in der Umsetzung. Dennoch fehlen - insbesondere in den großen Städten - bezahlbare Wohnungen.
Außenhandel: US-Zölle belasten nicht allzu stark
Spanien befindet sich im Handelsstreit der USA mit der EU in einer besseren Lage als andere Länder. Im Jahr 2024 exportierte es weniger als 5 Prozent seiner Güter in die USA. Dennoch sind einige Branchen vom Zollstreit stark betroffen, wie Germany Trade & Invest in einer europaweiten Studie analysiert hat. Dazu gehören die Pharma- und die Kfz-Zulieferbranche. Außerdem verweisen im Agrarsektor die Wein- und Olivenbauern darauf, dass in den US-Markt etwas mehr als 10 Prozent ihrer gesamten Exporte flössen.
Beim Außenhandel insgesamt erwartet die EU-Kommission steigende Zahlen für Spanien. Für die Importe von Waren und Dienstleistungen beträgt die Prognose für das Jahr 2025 plus 5,7 Prozent. Die Zunahme der Exporte wird auf plus 3,6 Prozent beziffert. Besonders stark entwickeln sich die Dienstleistungsexporte.
Deutsche Perspektive: Optimismus überwiegt
Das Konjunkturbarometer der Deutschen Handelskammer für Spanien (AHK) vom November 2025 zeigt ebenfalls ein positives Bild, wenngleich die Dynamik gegenüber der letzten Erhebung vom Frühjahr 2025 etwas nachgelassen hat. Von den befragten deutschen Unternehmen mit Sitz in Spanien erwarten nun 41,3 Prozent eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation in den kommenden zwölf Monaten. Keine Veränderung sehen 46 Prozent und 12,7 Prozent gehen von einer Verschlechterung ihrer Lage aus.
Im Vergleich zu anderen Ländern, in denen die gleiche Erhebung durchgeführt wird, steht Spanien gut da: "In einem global unsichereren Umfeld bleiben die Erwartungen in Spanien bemerkenswert stabil und liegen über dem EU-Durchschnitt sowie über Ländern wie Deutschland, wo nur 15 Prozent der Unternehmen im kommenden Jahr eine Verbesserung erwarten“, betont Mischa Groh, seit 1. Oktober 2025 neuer Geschäftsführer der AHK Spanien.
Die gute wirtschaftliche Lage in Spanien sorgt auch für einen Anstieg der Importe. Deutsche Unternehmen profitieren davon. Von Januar bis September 2025 exportierten sie Waren im Wert von 43,9 Milliarden Euro in das iberische Land. Ginge die Entwicklung bis Jahresende so weiter, stünde ein Plus von 8,1 Prozent gegenüber dem Exportwert 2024 in den Büchern.
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