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Wirtschaftsumfeld | Taiwan | FDI

Taiwan diversifiziert sein Auslandsgeschäft

Taiwanische Firmen wenden sich zunehmend von China ab. Geopolitische Verwerfungen und der Handelskrieg mit den USA bewegen viele dazu, sich in neuen Märkten zu positionieren. 

Von Alexander Hirschle | Taipei

Auch die nachlassende Dynamik und die steigenden Lohnkosten machen China für taiwanische Firmen weniger attraktiv. Einer Untersuchung von der internationalen Datenbank fDi Marktes zufolge, flossen von 2020 bis 2023 nur noch 5 Prozent der taiwanischen Auslandsinvestitionen ins Reich der Mitte. Im Zeitraum 2012 bis 2015 lag der Vergleichswert noch bei 42 Prozent; 2010 sogar bei über 80 Prozent.

Beim Streben, die eigene Wirtschaft zu diversifizieren, stehen vor allem Südostasien und Indien im Fokus der Taiwaner. Dieser Trend dürfte sich künftig fortsetzen. Durch die starke Stellung Taiwans vor allem bei der Produktion von Halbleitern kann diese Entwicklung enorme Auswirkung auf die internationalen Lieferketten haben.

Investitionen in China auf Rekordtief

Auch die taiwanischen Investitionsstatistiken von 2023 deuten in dieselbe Richtung: Lokale Firmen weiteten ihre Engagements in internationalen Märkten deutlich um 137 Prozent auf 23,6 Milliarden US-Dollar (US$) aus. Die Investitionen in China werden separat berechnet und brachen 2023 auf ein Rekordtief von 3 Milliarden US$ ein. Im Jahr 2022 hatten sie noch bei 5 Milliarden US$ gelegen. 

Auf der anderen Seite hatten die Engagements in den sogenannten „New-Southbound-Countries“, zu denen Indien sowie die Länder Südostasiens und Ozeaniens gehören, bereits 2022 diejenigen ins Reich der Mitte erstmalig überholt. Dieser Trend setzte sich 2023 verstärkt fort. Darüber hinaus legten auch die taiwanischen Direktinvestitionen in den USA im Zuge des Aufbaus von zwei Chipfabriken von TSMC in Arizona massiv um fast das neunfache des Vorjahreswerts zu. Die Investitionen in Japan zogen fast um das Dreifache an.

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Rekordzuwächse bei Investitionen in Deutschland

Deutschland hat ebenfalls von den Aktivitäten taiwanischer Firmen profitiert. Diese investierten 2023 fast 4 Milliarden US$ in Deutschland. Dies entsprach einem Anstieg um 1.358 Prozent. Fast die gesamte Summe entfiel auf die Sparte "elektronische Teile und Komponenten". In den kommenden Jahren dürfte sich dieser Trend durch den Bau des TSMC-Werks in Dresden weiter verfestigen.

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Die Bedeutung Taiwans selbst für deutsche Zulieferer wird durch die internationale Verlagerung der Industrien jedoch nicht abnehmen. Die Entscheidungen über den Kauf von Ausrüstungen und Komponenten dürften weiterhin größtenteils in den Mutterhäusern in Taiwan fallen. Eine Präsenz vor Ort bleibt daher auch in Zukunft unerlässlich, um von der globalen Expansion taiwanischer Firmen zu profitieren.

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Neue Halbleiterprojekte in ASEAN lanciert

Der weltweit drittgrößte Auftragsfertiger von Chips, Global Foundries aus den USA, hatte bereits im September 2023 eine neue Fab in Singapur eröffnet. Die Gesamtinvestitionen beliefen sich Pressemeldungen zufolge auf 4 Milliarden US$. Spätestens bis 2026 sollen in der neuen Anlage 450.000 Wafer pro Jahr vom Band laufen. Sie sollen vorwiegend in Smartphones und anderen mobilen Geräten sowie zunehmend auch in elektrischen Fahrzeugen verwendet werden. 

Taiwanische Firmen kündigten in den vergangenen Monaten ebenfalls zahlreiche Einzelprojekte in Alternativdestinationen an. Branchengerüchte besagen, dass auch Vanguard International Semiconductor seine Aktivitäten in Singapur intensivieren möchte. ASE Technology Holding Co wiederum wird seine Kapazitäten in Malaysia ausweiten. Auf diese Weise soll sich der Umsatz in spätestens drei Jahren von derzeit 350 Millionen US$ auf 750 Millionen US$ mehr als verdoppeln. Das auf Packing und Testing von Chips spezialisierte Unternehmen geht davon aus, dass die Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz die Nachfrage nach seinen Erzeugnissen stark ankurbeln werden. 

Der Elektronikgigant Hon Hai Precision Industry Co (besser bekannt als Foxconn) richtet sein Augenmerk stärker auf Vietnam als Alternativstandort und wird 250 Millionen US$ im Norden des Landes investieren. Die Mittel sollen in den Bau zweier neuer Fabriken im Industriepark Quang Ninh fließen, wie Nikkei Asia Mitte 2023 meldete. In den Werken will Hon Hai ab 2025 elektrische Komponenten für die Branchen Kfz und Telekommunikation herstellen. Mit dem Projekt würde sich das gesamte Investitionsvolumen von Foxconn in Vietnam auf 3 Milliarden US$ erhöhen.  

Indien steht als alternativer Standort immer stärker im Fokus

Foxconn nimmt darüber hinaus den indischen Subkontinent ins Visier. Auch das Scheitern des Megaprojekts mit der Bergbaugesellschaft Vedanta Mitte 2023 hat an dieser grundsätzlichen Ausrichtung nichts geändert. Im Rahmen eines Joint Ventures war eine fast 20 Milliarden US$ schwere Investition in den Aufbau einer Chip- und Display-Fertigung in Indien angedacht gewesen. Presseverlautbarungen zufolge ist Foxconn weiterhin auf der Suche nach lokalen Partnern, um künftig Halbleiter vor Ort zu produzieren.

Unabhängig von den Chip-Plänen wird Foxconn im Rahmen seiner Diversifizierungsstrategie rund 1,6 Milliarden US$ im indischen Bundesstaat Karnataka investieren, um seine Kapazitäten für iPhones auszubauen. Bis 2025 will das Unternehmen 25 Prozent der von ihm hergestellten iPhones in Indien produzieren. Derzeit beläuft sich der Vergleichswert auf knapp 20 Prozent beziehungsweise 10 Millionen Geräte. 

Das taiwanische Unternehmen Gogoro erwägt die Beteiligung an einem Großprojekt in Indien, um dort ein Ökosystem für Elektroscooter aufzubauen. Das Vorhaben wird auf ein Gesamtvolumen von 1,5 Milliarden US$ taxiert und ist auf einen Zeitraum von acht Jahren ausgelegt. Gogoro wäre dabei für die Herstellung der Scooter und Akkupacks sowie der Batteriewechselstationen im Bundesstaat Maharashtra verantwortlich. Für die Taiwaner würde dies einen weiteren wichtigen Schritt zur internationalen Expansion darstellen. Es laufen bereits Vorhaben in Israel, Indonesien und den Philippinen.

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