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Neue Halbleiterprojekte in Asien, der EU und USA angekündigt

Global jagen sich Investitionen in neue Halbleiterwerke. Treiber sind die Nachfrage der Schlüsselindustrien – und großzügige Fördermittel zur Steigerung der Unabhängigkeit.

Von Achim Haug, Christina Otte | Bonn

Die Welt ist abhängig von Halbleitern – die Chips werden dabei immer kleiner und die angekündigten Fabriken dafür größer. Germany Trade & Invest (GTAI) hat die größten geplanten Investitionen in die Halbleiterproduktion zusammengestellt und analysiert, wie wichtige Produktionsländer die Halbleiterfertigung im Land fördern. Das Ergebnis: Nicht nur die USA und Asien ziehen mit ihren riesigen Förderprogrammen und Subventionen neue Halbleiterinvestitionen an, auch in der Europäischen Union und allen voran in Deutschland sind zahlreiche Projekte geplant. Megatrends wie die Digitalisierung und Nachhaltigkeit treiben die Nachfrage, gleichzeitig sollen die Lieferketten diversifizierter und resilienter werden. 

Asien steht klar im Zentrum der Branche. Knapp 80 Prozent aller Halbleiter wurden im Jahr 2020 dort produziert. China, Taiwan, Südkorea und Japan sind Zentren der Chipherstellung, weitere Fertigungsschritte finden häufig in Südostasien statt. Die Vereinigten Staaten haben beim Design eine führende Stellung und auch die EU rangiert unter den wichtigsten sieben Produktionsstandorten. Insbesondere in Ostdeutschland wächst ein starkes Cluster heran, mit den Investitionsankündigungen von Intel in Magdeburg und TSMC, Infineon und weiteren in Dresden.

Deutschland auf Rang 2 der geplanten Projekte

GTAI hat insgesamt 64 Projekte in 15 Ländern erfasst, von der Front-end-Fertigung bis zum nachfolgenden Packaging und Testing. Die meisten Investitionen sind in den USA angekündigt (12), aber Deutschland liegt mit zehn Projekten schon auf Rang 2. In Taiwan und Japan sind jeweils acht Investitionsprojekte vermerkt, aber selbst an kleineren Standorten wie Singapur (5) und Malaysia (3) werden neue Halbleiterkapazitäten geschaffen. Für den Hightech-Standort Südkorea wurden zwar nur vier Projekte angekündigt, dafür entsteht dort in Yongin das möglicherweise weltweit größte Megacluster, in das langfristig bis zu 230 Milliarden US-Dollar (US$) fließen sollen.

Ohne Förderung geht es nicht: Neue Großprojekte werden in allen Regionen subventioniert. Die bekanntesten Förderprogramme sind der EU Chips Act (43 Milliarden Euro), der US CHIPS and Science Act (53 Milliarden U$) und der Big Fund in China mit einer neuen Finanzierungsrunde (rund 41 Milliarden US$). In Taiwan, Japan und Südkorea sind die direkten Subventionen intransparenter, die Regierungen unterstützen aber ihre heimischen Schlüsselindustrien großzügig.

Die Halbleiterindustrie durchlebt turbulente Zeiten: Sorgte die Coronakrise für einen Boom bei Produkten der Informations- und Telekommunikationstechnik (IKT), kühlt sich die Nachfrage nach Halbleitern seit dem 2. Halbjahr 2022 ab. Eine schwache Weltkonjunktur und geopolitische Konflikte bremsen zusätzlich. So lag der Umsatz der globalen Halbleiterindustrie 2022 bei rund 600 Milliarden US$. Für 2023 gehen Experten von einem Marktrückgang um 5 bis 10 Prozent aus. Doch 2024 wird wieder mit kräftigem Wachstum und steigenden Investitionen gerechnet: Die Analysten des US-amerikanischen Marktforschungsinstituts Gartner erwarten ein Plus von 18,5 Prozent auf 631 Milliarden US$.

Langfristiges Wachstum gilt als sicher

Auf lange Sicht sorgen die Energiewende und steigende Elektrifizierung und Digitalisierung aller Lebensbereiche für eine wachsende Nachfrage. Zudem wird die Automobilindustrie durch teilautonomes Fahren und Elektromobilität zu einem immer wichtigeren Kunden. Laut einer McKinsey-Prognose soll der weltweite Markt für Halbleiter bis 2030 auf 1 Billion US$ anwachsen. 

Die Trends treiben auch die Technologieweiterentwicklung. So bedingen künstliche Intelligenz und autonomes Fahren besonders leistungsstarke Chips; Smartphones und andere tragbare Geräte erfordern kleine und stromsparende Technologien, und Autos stellen durch hohe Temperaturen und Vibration besondere Anforderungen. Die Firmen reagieren darauf mit veränderten Chiparchitekturen oder der Nutzung neuer Materialien. So werden Leistungshalbleiter aus Siliziumcarbid (SiC) oder Galliumnitrit (GaNi) entwickelt, zum Beispiel von Infineon.

Halbleiterindustrie soll resilienter werden

Auch die Rohstofflieferketten sind in den Fokus geraten, nicht zuletzt durch Exportkontrollen Chinas für Gallium und Germanium, die das Land zum 1. August 2023 einführte. Die Abhängigkeit von Asien wird ohnehin zunehmend mit Unwohlsein betrachtet, in der Coronapandemie sorgten hohe IT-Bestellungen kombiniert mit unterbrochenen Lieferketten für Halbleitermangel, unter anderem in der Automobilproduktion. Daher gewinnen unabhängige Lieferketten und der Aufbau multipler Beschaffungsquellen an Bedeutung.

Im Zentrum der Sorge: China. Der Markt macht rund ein Drittel der weltweiten Nachfrage aus, dort sitzen wichtige Kunden und viele ausländische Hersteller. Die Elektronikproduktion ist stark auf das Reich der Mitte fokussiert. Kein Land importierte in den vergangenen Jahren so viele Halbleiter, 2022 im Wert von 333 Milliarden US$. China möchte die Eigenversorgung stärken, bisher bleiben die Ergebnisse noch deutlich hinter den Plänen zurück.

Geopolitik verändert Umfeld

Die US-Regierung hat eine Reihe von Sanktionen gegen China eingeleitet, unter anderem ein Exportverbot für Hochleistungschips. Den US-Exportbeschränkungen auf Halbleiterproduktionsausrüstung haben sich auch die wichtigen Lieferländer Japan und Niederlande angeschlossen. Dies schränkt die Entwicklung in China ein, befeuert aber auch die dortigen Ambitionen zusätzlich, von westlicher Technologie unabhängiger zu werden.

Die westlichen Halbleiterfirmen sind derzeit noch stark vom chinesischen Markt abhängig. Die Loslösung ist also nicht einfach. Der Trend geht aber klar zu mehr Diversifizierung in den Produktionsstätten und Nearshoring in den USA und der EU. So hat Intel das Megaprojekt in Magdeburg unterfüttert mit geplanten Anlagen für Tests und Montage in Polen. Damit soll künftig die gesamte Wertschöpfungskette in Europa angeboten werden.

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