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SüdkoreaKonjunktur / Außenwirtschafts-, Industriepolitik / Investitionsklima / Kaufkraft, Konsumverhalten
Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Südkorea
Südkoreas Wirtschaftsleistung wird 2020 sinken. Der Rückgang dürfte aber innerhalb der OECD-Länder am geringsten ausfallen. Ausrüstungsinvestitionen sollen 2020 und 2021 steigen.
27.11.2020
Von Frank Robaschik | Seoul
Trotz der Coronapandemie fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Südkoreas in den ersten drei Quartalen 2020 real nur um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr rechnet die Bank of Korea (BOK) mit einem Minus von 1,1 Prozent. Zu Gute kommt dem Lande die bisher erfolgreiche Pandemiebekämpfung, die Tatsache, dass es im Inland keinen Lock- oder Shutdown gab und dass die Konjunktur in der für Südkorea wichtigen Elektronikindustrie insgesamt intakt ist. Die stark exportorientierte Wirtschaft war vor allem im April und Mai 2020 von Shut- und Lockdowns in wichtigen Absatzmärkten und von Werksschließungen südkoreanischer Firmen im Ausland betroffen. Für 2021 rechnet die BOK wieder mit einem realen BIP-Wachstum von 3,0 Prozent, gibt aber angesichts hoher Unsicherheiten auch zwei weitere Szenarien mit einem Wachstum von 2,2 Prozent und 3,8 Prozent an.
Durch die rapide Verbreitung des Coronavirus Anfang 2020 war neben den Fluglinien zunächst die Binnenwirtschaft mit Hotels und Restaurants von massiven Umsatzeinbußen betroffen. Mittlerweile nehmen die Airlines immer mehr Flugverbindungen wieder auf. Solange die Pandemie wütet und bei Einreise zwei Wochen Quarantäne eingehalten werden müssen, ist jedoch nicht mit einer Rückkehr zu früheren Hochs zu rechnen. Auch der Beginn einer dritten Infektionswelle im November 2020 mit den damit verbundenen Einschränkungen trifft ein weiteres Mal die Dienstleistungswirtschaft. Die Produktion des verarbeitenden Gewerbes lief und läuft im Wesentlichen weiter.
Die Regierung des Präsidenten Moon nahm sich in der Coronakrise deutlich mehr der Belange der Wirtschaft an als in den letzten Jahren. So stabilisierte sie insbesondere die Wertpapier- und Devisenmärkte und stellte Firmen dringend benötigte Liquidität zur Verfügung. Darüber hinaus setzt sie einen New Deal mit einem Schwerpunkt auf Investitionen in die Digitalisierung um.
Indikator | 2018 | 2019 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 1.718 | 1.639 | 3.854 |
BIP pro Kopf (US$) | 33.296 | 31.696 | 46.385 |
Bevölkerung (Mio.) | 51,7 | 51,8 | 83,1 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = Südkoreanische Won) | 1.102 | 1.167 | - |
Getrieben von hohen Aufwendungen des IT-Sektors stiegen die Ausrüstungsinvestitionen in den ersten drei Quartalen 2020 real um 6,7 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Die Bauinvestitionen verzeichneten eine Zunahme um 0,6 Prozent. In der Krise steckt der Staat mehr Geld in die Infrastruktur – eine Entwicklung, die sich 2021 fortsetzen dürfte. Hinzu kommt der New Deal mit einem Schwerpunkt auf der Digitalisierung. Die Telekommunikationsgesellschaften sollen bis 2022 mehr als 20 Milliarden US-Dollar (US$) in ihre 5G-Netze investieren. Im Energiebereich laufen die Investitionen wie geplant weiter.
Samsung Electronics setzt neben Speicherchips zusätzlich auf Logikchips und die Auftragsfertigung von Halbleitern. Die Hyundai Motor Group erhöht die Investitionen in Elektro- und Brennstoffzellenautos, autonomes Fahren sowie kleine Flugzeuge (Personal air vehicles) und Robotik. Bei Displays investieren die Unternehmen in moderne OLED. Die Batteriehersteller LG Chem, Samsung SDI und SK Innovation bauen Werke im Ausland. Auch in der Biotechnologie treiben viele Firmen Projekte voran.
Projektbezeichnung | Summe | Projektstand | Anmerkung |
---|---|---|---|
New Deal | 137 | 2020 bis 2025 | Staatliches Programm mit Schwerpunkten auf Digitalisierung, künstlicher Intelligenz, erneuerbaren Energien, Elektro- und Wasserstoffautos sowie Gebäudesanierung |
Großinvestition von Samsung Electronics | 114 | 2019 bis 2030 | Ausbau der Auftragsfertigung und Fertigung von Logikchips |
Cluster zur Produktion von Halbleiterchips in Yongin (Provinz Gyeonggi) | 103 | Baubeginn 2022 | SK Hynix |
Investitionen in zukünftige Mobilität der Hyundai Motor Group | 86 | 2020 bis 2024 | Vor allem Elektroautos, Mobilitätsdienstleistungen, Wasserstofffahrzeuge, autonomes Fahren, kleine Flugzeuge (Personal air vehicles) und Robotik |
Plan Renewable Energy 3020 | 79 | Plan 2018 bis 2030 | Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien von 6 auf 20 Prozent |
10 Year National Railway Network Plan | 75 | Umsetzung 2016 bis 2025 | Ausbau des Schienenverkehrs |
Großinvestition von POSCO | 39 | 2019 bis 2023 | Bereiche Stahl, Batteriechemikalien, Energie |
Großinvestition von Celltrion | 34 | Vision 2019 bis 2030 | Bereiche Biopharmazeutika, chemische Arzneimittel und E-Health |
Informationen zu aktuellen Projekten finden Sie auf der Länderseite Südkorea unter „Entwicklungsprojekte“.
Der private Konsum fiel in der Krise in den ersten drei Quartalen 2020 um real 4,4 Prozent gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Der von der BOK erhobene Composite Consumer Sentiment Index stieg im November 2020 auf 98 Punkte – nach einem Tief im April 2020 mit 71 Punkten. Damit lag der Wert im November 2020 nur drei Prozentpunkte unter dem Niveau des Vorjahresmonats.
Zwar sind die realen Erwerbseinkommen der privaten Haushalte in den ersten drei Quartalen 2020 real um 2,1 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode gefallen. Im 2. Quartal 2020 waren sie sogar um 5,2 Prozent gesunken. Dies wurde vom Staat jedoch durch Einkaufsgutscheine und andere Hilfen an die Haushalte mehr als kompensiert. Gesunken sind in der Coronakrise vor allem Ausgaben für Freizeit, private Bildung und Übernachtungen in Hotels. Dafür steht das Geld, das sonst in Auslandsreisen fließt, für den Binnenkonsum zur Verfügung. Relativ gut läuft der Verkauf von Luxusgütern und – dank einer befristeten Reduzierung der Erwerbssteuern – der Verkauf von Autos.
In den ersten zehn Monaten 2020 gingen südkoreanische Einfuhren um 8,7 Prozent zurück, während die Ausfuhren um 8,2 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum sanken. Besonders stark fiel der Einbruch der Ausfuhren im April und Mai 2020 während der Lock- und Shutdowns in der Europäischen Union, in den USA und in Südostasien aus. Gestiegenen Ausfuhren von Halbleitern, dem wichtigsten Exportprodukt Südkoreas, standen dabei deutliche Rückgänge bei Mineralölerzeugnissen, Kfz-Teilen und Flachbildschirmen gegenüber. Für 2021 erwarten alle wichtigen Branchen außer der Textilindustrie und dem Schiffbau ein Anziehen der Ausfuhren. Die BOK prognostiziert für das Gesamtjahr 2020 bei Exporten ein Minus von 6,5 Prozent und für 2021 ein Plus von 8,5 Prozent. Bei Importen belaufen sich die Erwartungen für 2020 auf einen Rückgang von 7,8 Prozent und für 2021 auf ein Plus von 9,5 Prozent.
Entgegen dem Trend stieg in den ersten zehn Monaten 2020 der Handel mit Deutschland. Die Importe von Produkten "made in Germany" wuchsen dank höheren Einfuhren von Kfz um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, südkoreanische Ausfuhren nach Deutschland legten sogar um 3,4 Prozent zu.
2018 | 2019 | Veränderung | |
---|---|---|---|
Importe | 535,2 | 503,3 | -6,0 |
Exporte | 604,9 | 542,2 | -10,4 |
Handelsbilanzsaldo | 69,7 | 38,9 | - |