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Wirtschaftsausblick | Indien

Indisches Wirtschaftswachstum übertrifft Erwartungen

Das Wirtschaftswachstum ist in Indien stärker als in anderen großen Volkswirtschaften. Konjunkturfördernde Maßnahmen der Regierung federn negative Effekte der US-Zollpolitik ab.

Von Werner Kemper | New Delhi

Wirtschaftsentwicklung: Indien als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft

Indien bleibt weiterhin die am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt legte im Finanzjahr 2024/2025 (1. April bis 31. März) um 6,5 Prozent zu. Für das aktuelle Finanzjahr 2025/2026 gehen die Prognosen vom gleichen Ergebnis aus. Manche Analysten erwarten sogar bis zu 6,8 Prozent. 

Im 1. Quartal des aktuellen Finanzjahres konnte das Wachstum sämtliche Erwartungen von 6,5 Prozent Wachstum übertreffen und erreichte 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.  

Im Finanzjahr 2026/2027 soll das Wachstum laut Weltbank bei 6,3 Prozent liegen – vorausgesetzt, die von den USA erhobenen Zusatzzölle bleiben bei 50 Prozent.

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Staatliche Ausgaben treiben Investitionen

Laut Weltbank werden die Bruttoanlageinvestitionen 2025/2026 um 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Trotzdem bleiben hier noch Steigerungsmöglichkeiten. Ein breit angelegter privatwirtschaftlicher Investitionszyklus hat nicht begonnen, die durchschnittliche Kapazitätsauslastung ist zu gering. 

Die Stimmung in der Wirtschaft ist weiterhin zuversichtlich. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe liegt seit Mitte 2021 deutlich über 50, was auf Wachstum hindeutet. Im August 2025 wurde mit 59,3 ein ausgezeichneter Wert erreicht. Aufgrund der Unsicherheiten wegen der US-Zusatzzölle ging der Wert im September 2025 aber wieder auf 58,5 zurück.

Staatliche Ausgaben für den Infrastrukturausbau bleiben der wichtigste Investitionstreiber. Die Regierung machte im Haushalt für das Finanzjahr 2025/2026 deutlich, dass sie weiterhin Gelder hierfür bereitstellen wird.

Guter Monsunregen stützt den Konsum

Im Finanzjahr 2025/2026 sollen die Ausgaben für den privaten Konsum um 7,1 Prozent zulegen. Der diesjährige Monsun war sehr regenreich, und führte zu einer guten Ernte und gestiegenen Einnahmen der Landbevölkerung. Dieses zusätzliche verfügbare Einkommen fließt zu großen Teilen direkt in den privaten Verbrauch, der mit einem Anteil von über 60 Prozent am Bruttoinlandsprodukt der wichtigste Treiber des Wirtschaftswachstums in Indien ist. Mit einem Bevölkerungsanteil von 64 Prozent ist die Landbevölkerung eine wichtige Konsumentengruppe.

Top-Thema: Handelspolitik der USA schadet kleineren Produktionsbetrieben unmittelbar

Indiens Wirtschaft ist überwiegend binnenorientiert und daher weniger vom internationalen Handel abhängig als etwa die Länder Südostasiens. Dennoch ist die Nation nicht vollkommen isoliert von den Auswirkungen der Handelspolitik der USA. Die gesamten Exporte Indiens in die USA lagen 2024/2025 bei 81 Milliarden US-Dollar (US$). Dies entspricht grob einem Fünftel der gesamten indischen Ausfuhren. Die US-Zusatzzölle werden sich im laufenden Fiskaljahr allerdings nicht merklich auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum Indiens auswirken. 

Eine Vielzahl kleinerer Betriebe, die ihre Produktion auf die Bedürfnisse des US-Marktes ausgerichtet hatten, spüren jedoch die negative Konsequenzen unmittelbar. Dazu zählen allen voran Textilhersteller, Exporteure von Schalentieren und von Edelsteinen. Für diese Firmen ist es unmöglich, kurzfristig ihre Produktion umzustellen oder neue Absatzmärkte zu erschließen. Die Folge ist eine Geschäftsaufgabe der kleineren Betriebe. 

Allerdings hat die indische Regierung bereits konjunkturstützend eingegriffen. Dazu zählen Leitzinssenkungen der Zentralbank, zuletzt im Juni 2025 um 50 Basispunkte auf 5,5 Prozent. Ende September 2025 erfolgte die Vereinfachung und Reduktion der Umsatzsteuer. Diese Maßnahme kommt vor allem der ärmeren Bevölkerung zugute. So waren die Preise für Nahrungsmittel im Juli 2025 um 1,8 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat. Die niedrigere Umsatzsteuer hat sich bereits positiv auf den Konsum ausgewirkt.

Deutsche Perspektive: Deutsch-indischer Außenhandel gewinnt an Bedeutung

Ein Nebeneffekt der US-Zollpolitik könnte sein, dass Indien intensiver nach neuen Absatzmärkten sucht und dadurch verhandlungsbereiter bei Handelsabkommen ist. Die EU und Indien verhandeln momentan über ein solches. Beide Seiten haben wiederholt bekräftigt, dass sie sich noch 2025 einigen wollen. Dieser straffe Zeitplan wird kein vollumfängliches Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zulassen. Wahrscheinlicher ist ein Abkommen in mehreren Schritten, bei dem zunächst die Zölle auf wenig kontroverse Produkte gesenkt werden. 

Eine Einigung wäre ein wichtiges Signal in Zeiten, in denen der deutsch-indische Handel weiter zulegt und Indien als Absatzmarkt deutscher Exporte an Bedeutung gewinnt. Im 1. Halbjahr 2025 führte Indien Waren im Wert von 8,7 Milliarden US$ aus Deutschland ein, ein Plus von 9,7 Prozent zum Vorjahreszeitraum. 

Allerdings wären Zollsenkungen nur ein Baustein für tiefere Wirtschaftsbeziehungen. Insbesondere nicht tarifäre Handelshemmnisse sind für deutsche Unternehmen herausfordernd, allen voran die indischen Standards in Form der Quality Control Orders des Bureau of Indian Standards. 

Trotzdem überwiegt für deutsche Firmen das positive Indienbild. Das Land wird als großer und bisher oft übersehener Absatzmarkt wahrgenommen. Zudem sehen deutsche Unternehmen wachsendes Potenzial für den Auf- und Ausbau von Produktionsstandorten in Indien. Einen Überblick über die Standortbedingungen bietet unser Wirtschaftsstandort. Alle Informationen zu Indien finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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