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Wirtschaftsumfeld | Kanada | Wirtschaftsstruktur

Industrie hat tragende Rolle in Kanadas Wirtschaftsstruktur

Der Umbau des Sektors schreitet dank aktiver Klimapolitik voran.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Kanada hat sich einer grüneren, emissionsarmen Wirtschaft verschrieben. Der kanadische Klimaschutzplan setzt dafür klare Vorgaben, etwa das Ziel für Netto-Nullemissionen bis zum Jahr 2050. Öffentliche Investitionen fließen in den nächsten Jahren verstärkt in grüne Technologien.

Der Aufbau einer eigenen Wasserstoffwirtschaft sowie der Ausbau von Elektromobilität und Batterietechnik mit regionalen Wertschöpfungsketten und die allgemeine Förderung von Umwelttechnologien sind wichtige Regierungsziele. Die Klimaschutzpolitik spielt damit unter der liberalen Trudeau-Regierung eine zentrale Rolle und bietet Unternehmen eine breite Palette an staatlichen Förderungen.

Gute Ausgangslage für deutsche Firmen

Deutschland verfolgt ähnliche Ziele wie Kanada. Beide Länder wollen in Zukunft stärker kooperieren. Auch deshalb nehmen die Besuche deutscher Interessensvertreter merklich zu. Beide Länder pflegen eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit - etwa bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Ebenso verlässlich sind die Handelsbeziehungen, die mit dem Freihandelsabkommen CETA weiter ausgebaut werden sollen. Und ebenso wichtig, Kanada hat was Deutschland braucht: Rohstoffe und Energie. Die Bedeutung des Landes als Absatz- und Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen sollte künftig also steigen.

38,8 Mio.

Personen lebten 2022 im Land.

Quelle: IWF 2023

2.140 Mrd.

US-Dollar betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022.

Quelle: IWF 2023

55.085

US-Dollar machte das BIP pro Kopf damit 2022 aus.

Quelle: IWF 2023

Rang 25

belegte das Land 2022 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2023

Rang 14

nimmt das Land im Corruption Perceptions Index 2022 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2023

Schwachstelle und Chance zugleich: Kanadas einseitige Abhängigkeit von der US-Wirtschaft

Mit einer Außenhandelsquote von über 60 Prozent gehört Kanada zu den klassischen Handelsnationen. Wichtigster Handelspartner sind die USA, die 50 Prozent aller Importe liefern und 75 Prozent der Exporte abnehmen. Seit Jahren versucht das Land seine Handelspartner zu diversifizieren. Bisher ist dies der Politik allerdings nicht geglückt. 

Die Strategie zielt meist darauf ab, die Exportabhängigkeit von der Nachfrage im US-Markt zu reduzieren. Dazu gehört der Plan, Überseeexporte mit neuen Außenwirtschaftsförderungsinstrumenten bis 2025 um 50 Prozent zu steigern. Der Handel mit Deutschland konnte zuletzt zulegen und soll zukünftig eine größere Rolle spielen.

Auf dem Papier ist Kanada in puncto Freihandelsabkommen bereits sehr gut in die Weltmärkte eingebunden. Mit 15 Freihandelsabkommen, darunter CETA (Europäische Union) und CPTPP (Asien-Pazifik), soll kanadischen Unternehmen der Schritt in Überseemärkte erleichtert werden. Realistisch werden die Abhängigkeiten zu den USA vorerst nicht geringer. Der Nafta-Nachfolger "CUSMA" sowie der 2022 verabschiedete Inflation Reduction Act der USA sorgen für eine fortgeführte Integration Kanadas in den nordamerikanischen Markt.

Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.

SWOT-Analyse Kanada

S

Stärken Strengths

  • Guter Zugang zum gesamten nordamerikanischen Markt
  • Intaktes Rechts- und Bankensystem
  • Rohstoffreichtum
  • Stabile Binnennachfrage mit robustem Haushaltskonsum
  • Handelsnation mit breitem Netz an internationalen Handelsabkommen
W

Schwächen Weaknesses

  • Bürokratie, unterschiedliche Standards zwischen Provinzen erschweren Binnenhandel
  • Transportinfrastruktur benötigt Ausbau
  • Geringes Produktivitätswachstum der Unternehmen aufgrund niedriger Investitionsquoten
  • Kleiner Binnenmarkt im Verhältnis zur Größe des Landes
  • Einige Provinzen abhängig von Energieexporten und Ölpreisentwicklung 
O

Chancen Opportunities

  • Öffentliche Förderung grüner Technologien
  • Günstige Abschreibungsbedingungen bis 2028
  • Industrie muss bei Digitalisierung aufholen
  • Strategie für kritische Mineralien verabschiedet
  • Ambitionierter Klimaplan, Wasserstoffwirtschaft soll gefördert werden
T

Risiken Threats

  • Hohe Verschuldung der privaten Haushalte birgt Gefahren für zukünftigen Konsum
  • Einseitige Abhängigkeit der Wirtschaft vom US-Markt
  • Fachkräftemangel im Verarbeitenden Gewerbe
  • Lieferkettenrisiken bleiben relevant
  • Inflation und steigende Zinsen bremsen Konjunktur

Hoffen auf wachsenden Rohstoff- und Transportsektor

Kanada ist auf dem Papier eine Dienstleistungsökonomie. Der Einzelhandel, der Gesundheitssektor sowie die Finanz- und Immobilienwirtschaft sind prägende Wirtschaftszweige.

Gleichzeitig beschäftigt das produzierende Gewerbe noch immer über ein Fünftel aller Arbeitnehmer. Im verarbeitenden Gewerbe sind der Transportsektor mit der ausgeprägten Kfz- und Luftfahrtbranche international bedeutend. Die Integration der kanadischen Automobilindustrie in den gesamten nordamerikanischen Markt ist stark.

Auch das Baugewerbe sowie der gesamte Primärsektor inklusive des Bergbaus und der Öl- und Gasindustrie sind wichtige Wirtschaftszweige. Letztere geben - aufgrund ihrer Bedeutung für den Export - oft den Puls der kanadischen Konjunktur wieder. Die Förderung kritischer Mineralien für die Energiewende soll schnell ausgebaut werden.

Neue Strategie für kritische Mineralien soll Kanada als globalen Rohstoffproduzenten und EV-Standort etablieren

Die im Dezember 2022 veröffentlichte Strategie ist eine Roadmap zum Ausbau der nachhaltigen Förderung und Verarbeitung kritischer Mineralien. Sowohl die lokalen als auch globalen Lieferketten für diese Rohstoffe will Kanada in Zukunft stärker bedienen.

Die Strategie umfasst den kompletten Bergbau bis hin zum Recyclingsektor. Genauer sollen fünf Segmente der Wertschöpfungskette für kritische Mineralien gefördert werden: Geowissenschaft und Exploration, Mineralgewinnung, Aufbereitung, fortgeschrittene Fertigung und Recycling.

Doch gerade die Finanzierung neuer Bergbauoperationen ist hier aufgrund hoher regulatorischer Hürden und der oft fehlenden Infrastruktur in den abgelegenen Gebieten der Rohstoffvorkommen nicht einfach. Nun will die Regierung mit der Privatwirtschaft in Zukunft gemeinsam ins Risiko gehen, um die Projekte voran zu treiben. Vor allem bei der Finanzierung, dem Bürokratieabbau sowie dem Infrastrukturbau für priorisierte Vorhaben will der Staat aktiver werden.

Für deutsche Ausrüster sollten sich entlang dieser Wertschöpfungskette in den nächsten Jahren vermehrt Chancen ergeben. Konkret im Bergbausektor werden Unternehmen zunehmend auf Umwelttechnologien setzen müssen, um ihren CO2-Ausstoß zu verringern. Das betrifft alles von der autarken Energieversorgung entlegener Minen bis zu energieeffizienten Bergbaumaschinen und Raffinationsprozessen.

Bedeutung der Wirtschaftszweige in Kanada (Anteile in Prozent)

Sektoren

Anteil an der Bruttowertschöpfung 2022

Anteil an den Beschäftigten 2022

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

2,1

0,2

Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung)

7,6

1,2

Verarbeitendes Gewerbe

9,5

9,0

Energieversorgung (inklusive Wasserversorgung)

2,1

0,8

Baugewerbe

7,4

6,6

Dienstleistungen

71,3

82,2

Quelle: Statistics Canada 2023

Ontario und Québec geben den Ton an

Die wirtschaftlich stärkste Region des Landes ist die Greater Toronto Area (GTA) in der Provinz Ontario. Hier sitzt viel verarbeitendes Gewerbe sowie eine starke Finanzwirtschaft und Technologiebranche. Québec punktet unter anderem mit einer ausgeprägten Pharmaindustrie und Luftfahrtbranche sowie einem großen Bergbausektor. Die Prairieprovinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba sind von Landwirtschaft, Bergbau und fossiler Energiegewinnung geprägt. Im Westen wartet British Columbia mit einer Energie- und Rohstoffwirtschaft auf, zu der auch eine umfangreiche Forstwirtschaft zählt. In und um Vancouver sind viele Technologieunternehmen samt florierendem Start-up Ökosystem ansässig.


Eckdaten der wichtigsten Provinzen in Kanada (2021)

Gebiet

Anteil am BIP (in %)

BIP pro Kopf (in US$) *)

Bevölkerung (in Mio.)

Ontario 

38,1

51.218

14,9

Québec 

20,1

46.631

8,6

Alberta

14,9

66.893

4,5

British Columbia 

14,0

53.390

5,2

Saskatchewan 

3,5

59.557

1,2

Manitoba

3,2

45.641

1,4

Nova Scotia 

2,1

41.491

1,0

New Brunswick 

1,7

42.711

0,8

Newfoundland and Labrador 

1,5

57.980

0,5

Prince Edward Island 

0,3

41.341

0,2

*Umrechnungskurs: Jahresdurchschnittskurs 2021: 1 US$ = 1,254 kan$Quelle: Statistics Canada, Bank of Canada 2023

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