Wirtschaftsausblick | Tansania
Tansanias Wirtschaft darf auf gute Jahre hoffen
Tansania ist wieder im Gespräch. Weil der Markt im Vergleich zu Kenia nur wenig erschlossen ist, blicken auch deutsche Unternehmen mit Interesse auf das ostafrikanische Land.
09.07.2024
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Top Thema: Besseres Klima unter Präsidentin Hassan
Politisch haben sich die Rahmenbedingungen in Tansania zuletzt deutlich verbessert, da die seit 2021 amtierende Präsidentin Samia Suluhu Hassan wirtschaftsfreundlicher agiert als ihr Vorgänger. Beispiele für ein investorenfreundlicheres Klima sind die großzügigere Vergabe von Arbeitsvisa für Ausländer sowie die als Aufwertung zu verstehende Ansiedlung der Investitionsbehörde Tanzania Investment Centre (TIC) direkt unter dem Präsidialamt. Als Verbesserung sehen viele Beobachter auch die im Jahr 2022 geschaffenen rechtlichen Rahmenbedingungen im Bergbau.
Negative Trends gibt es auch. Unternehmen berichten über eine deutlich zunehmende Korruption. Aufgrund leerer Staatskassen werden an verschiedenen Stellen die Abgaben erhöht. Beides belastet in erster Linie den formellen Sektor. Daher sehen die Unternehmen die Entwicklung unter der neuen Präsidentin nicht uneingeschränkt positiv. Dennoch werden ihr bei der Präsidentschaftswahl, die für Oktober 2025 geplant ist, gute Chancen eingeräumt.
Wirtschaftsentwicklung: Positive Aussichten
Die Konjunkturaussichten für Tansania sind für 2024 positiv. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet mit einem realen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von etwa 5,6 Prozent; die Weltbank geht von 5,5 Prozent aus. Für ein Entwicklungsland, das zudem ein hohes Bevölkerungswachstum aufweist, bedeutet ein solches Wachstum keinen Boom, aber eine durchaus solide Konjunktur.
Tansania zählt aktuell zu den interessantesten Märkten auf dem Kontinent. Experten erwarten, dass die Dynamik ab dem Jahr 2025 noch zunimmt. Das Potenzial dieses fast 70 Millionen Einwohnern großen Marktes ist längst nicht ausgeschöpft und im Vergleich mit dem nördlichen Nachbarn Kenia sind viele Geschäftsbereiche noch unterentwickelt.
Im Gegensatz zu anderen Ländern der Region konnte die Inflation unter Kontrolle gehalten werden. Sie lag zuletzt bei 3,1 Prozent (Mai 2024). Nicht verhindert werden konnte der Wertverlust des Tansania-Schillings (T.Sh.) aufgrund der zunehmend negativen Leistungsbilanz. In den zwölf Monaten bis Juni 2024 verlor der T.Sh. gegenüber dem Euro etwa 11 Prozent an Wert. Der Druck auf die Währung wird auch im 2. Halbjahr 2024 anhalten. Inzwischen hat sich ein Schwarzmarkt gebildet, bei dem der Kurs des T.Sh. beim Kauf von Devisen noch schlechter ist. Devisen bleiben knapp und sind für Unternehmen nicht immer einfach zu bekommen.
Unternehmensvertreter gehen davon aus, dass die großen Infrastrukturprojekte weitergeführt werden. Dazu gehören die Eisenbahnlinie von Daressalam quer durch das Land nach Westen, das Wasserkraftwerk Julius Nyerere mit 2.115 Megawatt, die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) von Uganda zur Hafenstadt Tanga durch die Konzessionäre TotalEnergies und die China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) sowie der Bau des Msalato-Flughafens in Dodoma. Gleichzeitig gibt es Anzeichen dafür, dass 2024 weniger neue staatliche Projekte hinzukommen werden, da der Regierung das Geld für weitere Projekte dieser Art fehlt.
Die Investitionen des Privatsektors nehmen dagegen zu. Im boomenden Tourismus investieren auf Sansibar erstmals internationale Ketten in zahlreiche große Hotels.
Der Bergbau weitet die Förderung von Gold und Grafit aus. Aktuell wird die Nyanzaga-Goldmine von Perseus Mining errichtet. Sie soll im Jahr 2025 mit der Produktion beginnen. Auch die Konsumgüter- und Baustoffindustrie sowie die Landwirtschaft expandieren.
Luft nach oben besteht bei den ausländischen Direktinvestitionen. Laut UNCTAD lagen diese im Jahr 2023 bei rund 1,3 Milliarden US-Dollar (US$). Zwar verzeichnete Tansania damit als einziges Land unter den großen Volkswirtschaften der Region eine Steigerung, lag aber dennoch nur auf Platz 4 hinter Äthiopien, Uganda und Kenia.
Trotz der relativ niedrigen Inflationsrate dürfte der Konsum weiterhin unter seinem Potenzial bleiben. Importierte Konsumgüter sind aufgrund hoher Transportkosten und der Abwertung des T.Sh. deutlich teurer geworden. Mittelfristig bieten jedoch die hohe Bevölkerungszunahme von etwa 1,8 Millionen Menschen pro Jahr sowie eine wachsende urbane Mittelschicht Potenzial. Dies zeigt sich an wachsenden Investitionen in die Konsumgüterindustrie und die Landwirtschaft.
Aktuell ist der Import von Waren teuer. Dazu tragen Lieferkettenprobleme, die Devisenknappheit, steigende Frachtkosten und Effizienzprobleme im Hafen von Daressalam bei. Der neue Konzessionär Dubai Ports World will in den kommenden Jahren etwa 250 Millionen US$ in die Modernisierung der Anlagen investieren, sodass mit Verbesserungen gerechnet werden kann.
Weiterhin teuer bleibt die Fracht, weil fast alle Schiffe aus Europa statt der Route durch den Suezkanal den langen Umweg über Südafrika nehmen müssen. Verantwortlich sind Attacken der von Jemen aus operierenden Huthi-Milizen auf Frachtschiffe.
GTAI-Informationen zu Tansania
- Wirtschaftsstandort Tansania: Was kennzeichnet den Standort? (Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken)
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- Aktuelle geberfinanzierte Projekte: GTAI-Länderseite Tansania, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte"
Deutsche Perspektive: Da geht noch mehr
Die Aussichten für deutsche Exporte nach Tansania sind im weiteren Jahresverlauf 2024 gut, insbesondere bei Investitionsgütern wie Maschinen für private Projekte. Gleichwohl dürfte es schwer werden, an das gute Geschäft der letzten Jahre anzuknüpfen. Im Jahr 2023 lag der deutsche Ausfuhrwert bei etwa 184,1 Millionen Euro. Trotz hoher Schwankungen beim Ausfuhrvolumen war die Tendenz zuletzt deutlich steigend.
Die Aktivitäten deutscher Unternehmen in Tansania sind überschaubar. Einige sind als Zulieferer für die Industrie, die Landwirtschaft oder den Bausektor tätig. Ein Teil der Unternehmen verfügt über eine eigene Niederlassung vor Ort, andere bearbeiten den Markt vom regionalen Wirtschaftszentrum in Nairobi (Kenia) aus. Deutsche Firmen haben in Tansania unter anderem in die Produktion von Baustoffen, in Farmen und in den Tourismus investiert.