Wirtschaftsausblick | Thailand
Zollkonflikt mit USA dämpft Thailands Wachstumsaussichten
Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für Thailand. Vor den Verhandlungen in Washington hat die Regierung die Wachstumsprognose für 2025 stark nach unten korrigiert.
11.06.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Top-Thema: Thailand drängt bei Zöllen auf eine Einigung mit den USA
Die thailändische Wirtschaft befindet sich seit dem "Liberation Day" der USA in einer Schockstarre. US-Präsident Trump gab am 2. April 2025 bekannt, dass auf Waren aus Thailands Importzölle in Höhe von 36 Prozent anfallen sollten. Am 9. April 2025 wurde dieses Vorhaben für 90 Tage ausgesetzt. Die thailändische Wirtschaftsplanungsbehörde National Economic and Social Development Council (NESDC) senkte ihre ursprüngliche Wachstumsprognose für 2025 von 2,8 Prozent auf nur noch 1,8 Prozent. Die ursprüngliche Vorhersage wäre der beste Wert seit 2018 gewesen, die angepasste Prognose wäre der schlechteste Wert (jenseits der Coronakrise) seit 2014.
Der Grund für die pessimistischen Aussichten liegt darin, dass die USA der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für thailändische Waren sind. Fast 20 Prozent aller Exporte gehen dorthin. Die Hälfte davon entfällt auf Elektronikgüter wie Handys und Computerkomponenten. Auch Autoreifen und andere Kfz-Teile werden im großen Stil in die USA geliefert. Im Jahr 2024 erwirtschaftete Thailand einen Außenhandelsüberschuss mit den USA von fast 50 Milliarden US-Dollar (US$).
Die thailändische Wirtschaft könnte 2025 auch unter einer durch die US-Zölle verursachten Wirtschaftskrise in China leiden. Die Volksrepublik ist der zweitwichtigste Absatzmarkt für thailändische Waren.
Den Handelsüberschuss abbauen
Thailand muss die guten Handelsbeziehungen zu den USA bewahren. Dafür soll eine Delegation in Washington einen Kompromiss aushandeln. Klar ist: Thailand muss den bilateralen Handelsüberschuss abbauen. Dazu könnte das Land mehr Rohöl, Erdgas oder Boeing-Flugzeuge aus den USA abnehmen. Zudem ist eine Öffnung des in Thailand stark geschützten Marktes für Lebensmittel eine Option. Hier wird allerdings mit großem Widerstand seitens thailändischer Interessengruppen gerechnet.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist wie sehr die US-Handelsbarrieren sich mittelfristig gezielt gegen die wachsende chinesische Produktion im Königreich richten. Ähnlich wie Vietnam, Kambodscha oder Laos dient auch Thailand chinesischen Unternehmen insbesondere aus der Elektronikindustrie als Ausweichstandort, um die hohen US-Zölle zu umgehen. Oft ist nicht klar, wie groß die Wertschöpfung im Königreich tatsächlich ausfällt und ob mancherorts nicht einfach nur eingeführte Fertigwaren umetikettiert werden. Hier wollen die thailändischen Handelsemissäre den USA mehr Aufmerksamkeit und Transparenz versprechen.
Wirtschaftsentwicklung: Strukturprobleme bleiben ungelöst
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für Thailand im Jahr 2025 mit einem Wachstum von nur 1,8 Prozent. Das ist der niedrigste Prognosewert aller Länder der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN). Für die beiden darauffolgenden Jahre sieht der IWF Thailand mit unter 2 Prozent weiterhin als regionales Schlusslicht. Ein Problem ist die extrem hohe Haushaltsverschuldung von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung, die den Konsum dämpft. Aber Thailand leidet nicht unter einer Konjunkturkrise. Stattdessen haben sich strukturelle Probleme verfestigt.
Obwohl Thailand den höchsten Industrieanteil aller ASEAN-Staaten hat, gibt es nur wenige Branchen, die hochwertige Güter wie etwa Pkw herstellen. Die Elektronikindustrie expandiert zwar, produziert aber weiterhin überwiegend günstige Massenware. In Thailand stellen nur ausländische Unternehmen Hightech her.
Thailand verliert im regionalen Wettbewerb um Investitionen
Thailands Wirtschaft benötigt dringend Auslandsinvestitionen, die vor allem aus China kommen. Dabei hat das Königreich vor allem gegenüber Vietnam immer öfter das Nachsehen. Die letzten verfügbaren Zahlen der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zeigen, dass Thailand im Jahr 2023 rund 4,5 Milliarden US$ Zufluss an Auslandsinvestitionen erhalten hat – Vietnam hingegen mit 18,5 Milliarden US$ mehr als viermal so viel.
Ein zunehmendes Problem bildet die zudem die Demographie. Das thailändische Medianalter liegt mit 41,5 Jahren über dem vieler europäischer Industrieländer und fast acht Jahre über dem des großen regionalen Rivalen Vietnam. Die thailändische Gesellschaft beginnt bereits zu schrumpfen, etliche Branchen sind schon heute massiv auf Arbeitsmigration insbesondere aus Myanmar angewiesen.
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Deutsche Perspektive: Exporte nach Thailand schwächeln
Die deutschen Exporte nach Thailand sind 2024 im Vorjahresvergleich um 5,2 Prozent gesunken. In den ersten drei Monaten des Jahres 2025 gab es laut vorläufigen Zahlen von Destatis noch einmal einen leichten Rückgang gegenüber demselben Vorjahreszeitraum.
Gemäß einer Umfrage der AHK Thailand schätzten deutsche Unternehmen im Herbst 2024 ihre Geschäftslage verhaltener ein als im Vorjahr. Bei ihren Konjunkturerwartungen und Investitionsabsichten halten sich positive und negative Stimmen die Waage. Als größte Risiken bezeichnen die Firmen die geringe Nachfrage, gefolgt vom Fachkräftemangel und der Wirtschaftspolitik.
Hoffnung auf freien Handel
Die deutsche Wettbewerbsposition könnte sich gegenüber der asiatischen Konkurrenz aber verbessern. Denn die EU und Thailand verhandeln seit September 2023 über ein Freihandelsabkommen, das den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie Investitionen erleichtern soll. Die thailändische Seite will das Abkommen noch 2025 abschließen. Doch viele Beobachter sind skeptisch und rechnen damit, dass die Verhandlungen länger dauern werden.
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