
Special | Taiwan | Produktionsstandorte
Taiwan ist bei Elektronikproduktion stark aufgestellt
Taiwan baut seine Produktionskapazitäten insbesondere im Elektronik- und Halbleiterbereich weiter aus. Dies zieht ausländische Investitionen an.
25.06.2025
Von Jürgen Maurer | Taipei
Merck geht 2025 in Südtaiwan an den Start: Der deutsche Chemie- und Pharmakonzern wird seinen neuen Standort in Kaohsiung eröffnen, um Spezialgase und Halbleitermaterialien herzustellen. Diese werden in der Halbleiterfertigung für Dünnschicht- und Strukturierungsanwendungen benötigt, der Standort soll in weiteren Phasen ausgebaut werden.
Laut dem Deutschen Wirtschaftsbüro in Taiwan betreiben rund 15 Prozent der dort ansässigen deutschen Unternehmen eine eigene Fertigung auf der Insel. Unter den Betrieben sind nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleinere Firmen wie etwa der Hersteller von Lithographieausrüstung SüssMicroTec, der seit 2020 in Hsinchu eine Produktionsstätte hat. Bereits seit 2011 produziert außerdem Magura vor Ort, ein deutscher Hightech-Bremsenspezialist für Zweiräder.
Dieser Beitrag ist Teil einer umfassenden Analyse zu neuen Produktionsstandorten. Sie zeigt anhand verschiedener Länderkategorien, warum und wohin sich Fertigungskapazitäten verschieben.
Investitionstrends: Zurück auf die Insel
Insgesamt hat Taiwan bei ausländischen Investoren in den letzten Jahren an Attraktivität gewonnen. So lagen die ausländischen Direktinvestitionen in Taiwan zwischen 2016 und 2023 im jährlichen Durchschnitt bei 10,3 Milliarden US-Dollar (US$). Dies war deutlich mehr als in den Jahren zwischen 2008 und 2015, als die Investitionshöhe im Schnitt 5,4 Milliarden US$ betrug, wie Zahlen des Department of Investment Review zeigen.
Doch auch die Produktionsnetzwerke taiwanischer Unternehmen im Ausland haben für die relativ kleine Volkswirtschaft eine große Bedeutung, sodass die ausländischen Investitionszahlen in Taiwan selbst die wirtschaftliche Wichtigkeit der Insel nur in Teilen widerspiegeln. Denn schon jetzt findet die Produktion taiwanischer Firmen häufig in Drittländern statt – zu großen Teilen auch in China, dem größten Handelspartner der Insel. Doch um die Abhängigkeit von China abzubauen, setzt Taiwan erfolgreich Investitionsanreize für die Rückverlagerung oder in andere Regionen, etwa Südostasien oder Indien.
Branchenfokus: Starke Elektronikbranche
Elektronik und Halbleiter sind zentrale Bestandteile der Wirtschaft Taiwans: Sie erreichten 2024 einen Anteil am verarbeitenden Gewerbe von 37,5 Prozent, 7 Prozentpunkte mehr als noch 2019. Sie machen zwei Drittel der Gesamtexporte aus. Ausländische Investitionen im industriellen Bereich in Taiwan erfolgen meist im Umkreis des Elektronik- und Halbleiter-Ökosystems, etwa bei Ausrüstung und in der Verarbeitungschemie. Im Mai 2025 kündigte zum Beispiel der Chip-Gigant NVIDIA an, sein weltweites Headquarter für Geschäfte außerhalb der USA in Taipei anzusiedeln.
Speziell im Halbleiterbereich sind Taiwans Branchenunternehmen global führend in der Erzeugung von hochleistungsfähigen Chips und Informationsgeräten (Server, Computer), wie sie gegenwärtig für Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI) nachgefragt werden. Laut einer Hochrechnung des Branchenverbandes SEMI aus dem Jahr 2024 beträgt Taiwans Anteil an der globalen Produktionskapazität zur Herstellung von Waferchips 2025 rund 17 Prozent.
Darüber hinaus produzieren viele taiwanische Firmen als Original Equipment Manufacturer (OEM) und Auftragshersteller in einem breiten Spektrum von Branchen wie bei Metall- und Kfz-Teilen, Medizintechnik und Pharmazeutika bis hin zu Fahrrädern und Luft- und Raumfahrttechnik. Taiwans größter Halbleiterhersteller TSMC kam 2023 auf einen Marktanteil an der weltweiten Chip-Auftragsfertigung (Foundries) von 62 Prozent.
Das verarbeitende Gewerbe Taiwans ist eins der größten der Welt und macht rund ein Drittel des nationalen Bruttoinlandsprodukts aus. Die Insel ist stark exportorientiert und taiwanische Unternehmen sind wichtige Glieder in den globalen Lieferketten verschiedener Branchen. Vor diesem Hintergrund ist Taiwan als Produktionszentrum für ausländische Firmen – zum Beispiel aus Japan, den USA und der EU – interessant, aber weniger, um von hier aus in die Welt zu exportieren. Vielmehr geht es um die Nähe zu den taiwanischen Kunden, die Teile und Materialien auf der Insel selbst oder in anderen globalen Fertigungsstandorten brauchen.
Treiber und Risiken: Enge Produktionsnetzwerke
Abgesehen von der Elektronikbranche halten sich deutsche Firmen jedoch gegenwärtig mit neuen Investitionen in Taiwan zurück, so der jüngste Business Confidence Survey 2024/25 des Deutschen Wirtschaftsbüros. Dies hängt aber weniger mit der Sorge über die wachsenden Spannungen mit China zusammen, als vielmehr mit verringerten Wachstumserwartungen weltweit wie auch in Taiwan selbst.
Im Competitive Industrial Performance (CIP) Index der UNIDO nahm Taiwan im Jahr 2022 den fünften Rang ein. Das war ein Platz hinter Südkorea, aber ein Rang vor den USA und drei Ränge vor Japan. Zwischen 1993 und 2022 stieg Taiwan im Index um zehn Ränge auf. Auch im IMD World Competitiveness Ranking 2025 stieg Taiwan im Vorjahresvergleich um zwei Ränge auf den sechsten Platz auf.
Punkten kann Taiwan beispielsweise mit gut ausgebildeten Arbeitskräften und vergleichsweise günstigen Löhnen. Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung besitzt einen Universitätsabschluss und steht für Know-how-intensiven Einsatz zur Verfügung. Jedoch mangelt es zunehmend an Arbeitskräften für industrielle Fertigung und technisch-kaufmännische Berufe.
Zudem verfügt Taiwan über enge Produktionsnetzwerke sowie spezialisierte Industriecluster, die in Form von sogenannten Science Parks (Wissenschaftspark) über die Insel verteilt sind. Im internationalen Logistics Performance Index 2023 lag Taiwan auf Rang 17, zwei Plätze hinter Japan, aber vor Südkorea und den USA. Die Insel ist wegen ihrer starken Exportabhängigkeit ganz besonders auf gute Logistik angewiesen. Zudem werden praktisch alle Energierohstoffe, Materialien und die meisten Investitions- und Konsumgüter über den Seeweg angeliefert. Eine Blockade der Taiwanstraße durch China, welches Anspruch auf die Insel und damit auch auf den wichtigen Seeweg erhebt, wäre für Taiwan fatal.
Institution | Anmerkung |
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German Trade Office (AHK Taiwan) | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
InvestTaiwan | Nationale Investitionsförderungsagentur |
Investitionsgarantien des Bundes | Instrument zur Absicherung von Auslandsinvestitionen |