Branchen | Brasilien | Bergbau und Rohstoffe
Brasilien festigt seine Position als Rohstoffmacht
Brasiliens Bergbau zieht Milliardeninvestitionen an. Nachhaltigkeit und kritische Rohstoffe, aber auch Eisenerz und Dünger stehen im Fokus.
27.08.2025
Von Gloria Rose | São Paulo
Brasiliens Bergbau investiert kräftig. Von 2025 bis 2029 könnte der Sektor mehr als 68 Milliarden US-Dollar (US$) ausgeben, schätzt der Bergbauverband IBRAM. Davon fließen voraussichtlich 29 Prozent in den Eisenerzsektor und 27 Prozent in die Förderung kritischer Rohstoffe wie Kupfer, Nickel, seltene Erden, Lithium, Titan, Grafit, Vanadium und Niob. Bei Bauxit könnten die Investitionen dagegen sinken. Auch die Themen Nachhaltigkeit, Sicherheit, Soziales und Logistik stehen im Fokus. Auf sie entfallen 32 Prozent der geschätzten Investitionen.
Die erwarteten hohen Investitionen des Bergbaus kommen in einem aktuell schwierigen Umfeld in Brasilien. So hat die Zentralbank den Leitzins Selic wegen des hohen Inflationsdrucks seit September 2024 schrittweise von 10,5 auf 15 Prozent angehoben.
Eisenerz dominiert
Laut IBRAM ist der Umsatz des Bergbaus in Brasilien im 1. Halbjahr 2025 um 7,5 Prozent auf umgerechnet 25,8 Milliarden US$ gestiegen. Dabei ging der Umsatz mit Eisenerz um 8,2 Prozent zurück. Die Abschwächung der Konjunktur in China drückt auf den Weltmarktpreis für das Metall. Das mindert die Gewinne von Vale, Anglo American, CSN und anderen in Brasilien tätigen Konzernen.
Dennoch wird Eisenerz auch künftig eine wichtige Rolle in Brasilien spielen, nicht zuletzt wegen der hohen Qualität der brasilianischen Erze. Wie attraktiv die Förderung im Land ist, belegen die Bergbauinvestitionen.
Energiewende und Agrobusiness sorgen für neue Dynamik
Steigen dürfte künftig die Bedeutung des Abbaus kritischer Rohstoffe. Brasilien will im Zuge einer grünen Reindustrialisierung mehr dieser Produkte fördern und verarbeiten. Laut IBRAM legte der Umsatz in diesem Segment im 1. Halbjahr 2025 um 41,6 Prozent auf rund 4 Milliarden US$ zu. Damit entfielen bereits 15,5 Prozent des Branchenumsatzes auf kritische Rohstoffe.
Der Trend hat auch den Eisenerzgiganten Vale erfasst. Bis 2035 will der Konzern seine globale Kupferproduktion verdoppeln. Von den Gesamtinvestitionen von 6 Milliarden US$ fließt 2025 voraussichtlich ein Drittel in den Kupfer- und Nickelabbau.
Bei mineralischen Nährstoffen für die Düngemittelproduktion drängt die hohe Importabhängigkeit Brasilien dazu, eigene Minen zu erschließen. Derzeit importiert das Land 85 Prozent des Düngers.
Im Jahr 2025 sollen rund 17 neue Projekte starten, berichtet der Informationsdienstleister BNamericas in dem Mining Outlook 2025. Zum Großteil handelt es sich um den Abbau kritischer Rohstoffe und Düngemittel. Insgesamt summieren sich die Investitionen auf 8,9 Milliarden US$.
Projekt (Unternehmen) | Rohstoff | Investitionssumme in Mio. US$ | Stand |
---|---|---|---|
Potássio Autazes (Potássio do Brasil) | Kalium | 2.500 | Seit 2024 in Umsetzung, geplante Fertigstellung bis 2029 |
Piauí Nickel Project (Brazilian Nickel) | Nickel | 1.200 | In fortgeschrittener Phase, Suche nach Finanzierung für Produktionsstart 2029 |
Cristalino (Vale Basic Metals, VBM) | Kupfer | 500 | Machbarkeitsstudie wird durchgeführt, Produktion soll zeitnah zur Erschöpfung der Mine Sossego starten. |
Terra Brasil Project (Terra Brasil) | Kalium und Phosphat | 468 | Aufbereitungsanlage soll 2028 den kommerziellen Betrieb aufnehmen. |
Santa Quitéria (INB e Galvani) | Phosphat | 440 | Noch keine Umweltgenehmigung der Behörde IBAMA erteilt. |
Caldeira (Meteoric Resources) | Seltene Erden | 403 | Genehmigung bis 2026 erwartet; kommerzielle Produktion ab 2027 |
Jaguar Nickelsulfit-Projekt (Centaurus Metals) | Nickelsulfid | 371 | Machbarkeitsstudien abgeschlossen, endgültige Investitionsentscheidung (FID) soll im 1. Quartal 2026 fallen. |
Salinas Lithium Project (Pilbara) | Lithium | 308 | Wird bis 2026 neu bewertet, mögliche Änderungen im Zeitplan. |
Itinga (Lithium Ionic) | Lithium | 266 | Baubeginn 2025; kommerzielle Produktion ab 2027 |
Ferro Potiguar (Fomento) | Eisenerz | 240 | Bereits in Betrieb; Export ab 2027 geplant |
Auch der Goldsektor befindet sich im Aufwind. Seit Anfang 2024 ist der Preis für das gelbe Metall um 65 Prozent gestiegen. Vier Vorhaben könnten bis Ende 2026 in Bau gehen:
- Erweiterung der Mine Aurizona des kanadischen Unternehmens Equinox Gold
- Erschließung der Vorkommen Onças de Pitangui (Investor: Jaguar Mining, Kanada), Matupá (Aura Minerals, USA) und Cabaçal (Meridian Mining, Vereinigtes Königreich)
Risiko: Gold aus dem Amazonasgebiet
Durch den hohen Goldpreis floriert das illegale Goldschürfen im Amazonas-Regenwald, das bereits eine Fläche von der Größe des Saarlandes geschädigt hat. Weniger als die Hälfte des Goldes wird in Brasilien legal gewonnen, zeigt die Studie 'Europe’s Risky Gold'. Darin sieht das Institut Escolhas eine besondere Verantwortung der EU, dem wichtigsten Exportziel für brasilianisches Gold.
Brasiliens Bergbau im M&A-Boom
Mit der Energiewende und dem stark steigenden Strombedarf durch die erwartete KI-Revolution setzt ein internationaler Run auf kritische Rohstoffe ein. Im Jahr 2024 kam es in Brasilien zu 30 Übernahmen und Fusionen – die höchste Anzahl an M&A-Transaktionen in zwei Jahrzehnten. Der Trend setzt sich 2025 fort. Im 1. Halbjahr 2025 wurden 14 Abschlüsse getätigt, 55 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Unternehmen (Sitz) | Rohstoff | Umsatz 2024 1) | Veränderung 2024/2023 2) |
---|---|---|---|
Vale | Eisenerz, Nickel, Kupfer, Mangan, Gold, Phosphat, Kalium | 38,6 | -8,1 |
Nexa Resources (Luxemburg) | Kupfer, Zink, Blei, Gold, Silber | 2,4 | -18,0 |
Anglo American Minério de Ferro Brasil (Vereinigtes Königreich) | Eisenerz | 2,2 | 6,1 |
CBMM | Niob und -legierungen | 2,1 | 4,3 |
Hydro Alunorte (Norwegen) | Aluminiumoxid | 1,9 | -8,9 |
Samarco 3) | Eisenerz | 1,4 | -6,8 |
Kinross (Kanada) | Gold | 1,0 | 8,7 |
CMOC Brasil (China) | Niob und Phosphat | 0,8 | -22,7 |
South32 Minerals (Australien) | Bauxit und Aluminiumoxid sowie Aluminium (über Beteiligungen an MRN und Alumar) | 0,6 | 15,0 |
Anglo American Níquel Brasil (Vereinigtes Königreich) 4) | Nickel | 0,5 | -34,1 |
Neuer Rechtsrahmen für Umweltlizenzen
Seit langem stehen sehr lange Bearbeitungszeiten von Umweltlizenzen in der Kritik. Im Bergbau dauert es im Durchschnitt sieben Jahre, um alle Lizenzen zu erhalten. Schon seit 20 Jahren diskutiert Brasilien eine Flexibilisierung. Anfang August 2025 verabschiedete Präsident Lula da Silva einen neuen Rechtsrahmen, der Umweltgenehmigungen vereinfachen und beschleunigen soll. Lula legte jedoch gegen 63 der rund 400 Beschlüsse Vetos ein, über die der Kongress derzeit abschließend entscheidet; 180 Tage nach der Entscheidung wird der neue Rechtsrahmen in Kraft treten.
Brasiliens Bergbauverband IBRAM erwartet, dass der neue Rechtsrahmen des "Lei Geral do Licenciamento Ambiental (15.190/2025)" Bergbauinvestitionen attraktiver macht. Andererseits können vereinfachte Genehmigungsverfahren dazu führen, dass die Anzahl der Umweltklagen ansteigt, denn an den Umweltschutzauflagen selbst ändert sich nichts. Eine höhere Rechtsunsicherheit könne die Finanzierung von Projekten beeinträchtigen, warnen die Gegner der umstrittenen Reform. Im Ranking "Investment Attractiveness Index" des Fraser Institute fiel Brasilien 2024 von Rang 29 auf Rang 56 zurück.
Nachhaltigkeit ist Chance und Herausforderung
Bergbaukonzerne stehen unter Druck, ESG-Standards einzuhalten – eine Voraussetzung für die Finanzierung über Kapitalmärkte. Von 2025 bis 2029 wird der Sektor in Brasilien voraussichtlich 11,3 Milliarden US$ in Nachhaltigkeit investieren. Das entspricht 16,6 Prozent der geplanten Gesamtinvestitionen.
Brasilien bietet aufgrund der Pionierstellung bei erneuerbaren Energien sehr gute Voraussetzungen zur Dekarbonisierung. Schließlich haben die Betriebe dadurch Vorteile bei den indirekten Emissionen durch Energiebezug, den sogenannten Scope 2-Emissionen. Auch bei der Produktion nachhaltiger Kraftstoffe weist das Land Wettbewerbsvorteile auf. Außerdem gewannen Sicherheit und Umweltschutz nach den schweren Dammbrüchen 2015 in Mariana und 2019 in Brumadinho an Stellenwert. Das beschleunigt die Investitionen in neue Technologien und in die vollständige Verwertung von Rückstanden. Bei der Suche nach Lösungen durch Open Innovation unterstützt das Netzwerk Mining Hub den Sektor.
Doch beim Umweltschutz trifft der Bergbau auch auf große Herausforderungen. Es gibt zwar klare rechtliche Vorgaben, diese werden jedoch oft nicht durchgesetzt. Ein Beispiel sind verlassene Minen. Derzeit weisen 3.943 genehmigte Minen Anzeichen auf, dass die Aktivitäten eingestellt wurden, ohne dass das Gelände renaturiert wurde. Verstöße fallen negativ auf die gesamte Branche zurück.
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Zentraler Unterstützungsservice der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in Zusammenarbeit mit GTAI und DIHK. | |
AHK Brasilien | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in São Paulo, Rio de Janeiro, Porto Alegre und Curitiba |
Kompetenzzentrum Bergbau und Rohstoffe der AHK São Paulo Ansprechpartner: Katharina Gerlitz und Franz Hinze | |
VDMA Brasil | VDMA Verbindungsbüro in São Paulo |
Ministerium für Bergbau und Energie | |
Brasiliens Regulierungsbehörde für Bergbau | |
Serviço Geológico do Brasil (SGB) | Geologischer Dienst Brasiliens |
Brasiliens Institut für Bergbau (Branchenverband) | |
Mining Hub | Netzwerkhub für Open Innovation |
Exposibram | Fachmesse Bergbau, 27.-30.10.25, Salvador (Bahia) |
ABM Week 2025 | Fachmesse für Metallurgie und Bergbau, 09.-11.09.25, São Paulo |
Brasil Mineral | Fachzeitschrift und Internetportal mit Branchenmeldungen |