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Wirtschaftsausblick | Serbien

Serbiens Wirtschaft wächst 2026 unter ihren Möglichkeiten

Interne und externe Herausforderungen dämpfen die wirtschaftliche Entwicklung. Investitionen und Konsum kurbeln das Wachstum an. Neuwahlen sollen die innenpolitische Krise lösen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad

Top-Thema: Multiple innere und äußere Krisen verunsichern Wirtschaft

Auch ein Jahr nach dem Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad mit 16 Toten ebbt die Protestbewegung gegen Korruption, Schlamperei und den zunehmend autoritären Kurs der Regierung nicht ab. Präsident Aleksandar Vučić will die schwere innenpolitische Krise lösen und kündigt für 2026 vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an.

Das EU-Parlament verurteilt in einer harschen Resolution die Repressionen gegen Demonstranten und verlangt mehr Tempo bei Reformen. Sonst drohe die Blockade der Auszahlung von Mitteln aus dem EU-Wachstumsplan. Zudem redete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch Mitte Oktober 2025 in Belgrad Klartext und forderte den Beitrittskandidaten Serbien auf, eine strategische Entscheidung hin zur EU-Mitgliedschaft zu treffen. Neben dem ungelösten Kosovo-Konflikt ist Vučićs Schaukelpolitik zwischen EU und Russland das Haupthindernis.

Auch bescheinigt die EU-Kommission Serbien in ihrem Fortschrittsbericht Rückschritte und kritisiert die Schwächung demokratischer Institutionen, Druck auf Justiz und Presse sowie systemische Korruption. Eine Eröffnung des Verhandlungskapitels "Wettbewerbsfähigkeit und integratives Wachstum" zum EU-Beitritt liegt vorerst auf Eis.

Gegenwind kommt auch von der neuen US-Regierung: Die US-Einfuhrzölle in Höhe von 35 Prozent treffen Serbien zwar kaum direkt, doch die indirekten Folgen durch weniger Nachfrage aus der EU wiegen schwerer.

Die am 9. Oktober 2025 in Kraft getretenen Sanktionen gegen den Ölkonzern NIS gefährden die Treibstoffversorgung des Landes. Grund sind die russischen Mehrheitseigner Gazpromneft und Gazprom. Weder ein Verkauf noch eine Verstaatlichung von NIS konnte bislang umgesetzt werden. Infolge ausbleibender Rohöllieferungen musste die Raffinerie in Pančevo den Betrieb zeitweise einstellen. Eine dauerhafte Stilllegung würde einen spürbaren Rückgang der Industrieproduktion zur Folge haben. Russland zeigt keinerlei Kompromissbereitschaft und droht, im Falle einer Enteignung einen langfristigen Gasliefervertrag nicht zu verlängern.

Wirtschaftsentwicklung: Multiple Krisen verhindern höheres Wachstum

Serbiens Wirtschaft bleibt trotz der schwierigen Rahmenbedingungen auf Wachstumskurs. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigt 2026 real um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, erwartet das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) in seiner Herbstprognose. Das sind 0,5 Prozentpunkte weniger als noch im Frühjahr prognostiziert. Hintergrund bilden politischen Unsicherheit, Handelskonflikte und das geopolitische Kräftemessen rund um NIS. Auch die Krise der deutschen Kfz-Industrie dämpft das Wachstum. Serbien ist eng in die Lieferketten der europäischen Kfz-Industrie integriert. Lokale Zulieferbetriebe leiden unter der anhaltenden Absatzflaute deutscher Autobauer.

Ausländische Direktinvestitionen brechen ein

Wichtigster Wachstumstreiber sind 2026 Investitionen der Öffentlichen Hand von rund 18 Milliarden Euro in Projekte im Rahmen des Programms Sprung in die Zukunft - Serbien 2027 sowie in die Weltausstellung Expo. Staatliche Mittel fließen zudem in den Bau oder die Sanierung von Straßen und Schienenwegen sowie in die Beschaffung von Rafale-Kampfflugzeugen. Aufgrund des Haushaltsdefizits von rund 3 Milliarden Euro und der Tilgung von Altschulden steigt die Neuverschuldung 2026 um 8,3 Milliarden Euro - was einer Schuldenquote von rund 50 Prozent zum BIP führt.

Sinkende Zuflüsse bei steigenden Gewinnabflüssen ließen die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in den ersten acht Monaten 2025 um 54 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Euro einbrechen, meldet die Zentralbank. Neben Investitionen aus EU-Ländern sind auch chinesische FDI drastisch zurückgegangen. Im Vorjahr zog Serbien insgesamt noch rekordhohe 5,1 Milliarden Euro an FDI an.

Serbische Banken werden bis Mai 2026 die Vorschriften der Single European Payment Area (SEPA) implementieren. Mit der SEPA-Mitgliedschaft wird der grenzübergreifende Zahlungsverkehr mit der EU schneller und günstiger, was neue FDI begünstigt.

Erhöhung des Mindestlohns kurbelt Konsum an

Eine Rentenerhöhung zum 1. Dezember 2025 auf durchschnittlich 437 Euro sowie die erneute Anhebung des Mindestlohns zum 1. Januar 2026 auf 550 Euro befeuern den privaten Konsum. Seit 1. September 2025 begrenzt Serbien per Verordnung für 6 Monate die Gewinnspanne für zahlreiche Produktkategorien auf 20 Prozent. Der Margendeckel soll die Inflation dämpfen. Eine Verlängerung ist nicht in Sicht. Der Verbraucherpreisindex steigt 2026 um 4 Prozent, erwartet das wiiw. Die Konsumausgaben wachsen um real 3 Prozent.

Außenhandel vorerst insgesamt stabil

Die EU ist Serbiens wichtigster Handelspartner. Das Westbalkanland profitiert als Produktionszentrum vor der Haustür von der zollfreien Einfuhr zahlreicher Produkte in die Union. Beim Warenaustausch mit Deutschland könnte Serbien 2025 einen Handelsüberschuss erzielen. Dank des Freihandelsabkommens festigt China seine Position als Handelspartner Nummer zwei.

Neben dem Handel mit den EU-Staaten setzt Serbien auf andere Partner und unterzeichnete ein Freihandelsabkommen mit Ägypten.

Deutsche Perspektive: Beliebter Fertigungsstandort vor der Haustüre

Deutsche Firmen betrachten Serbien als interessanten Wirtschaftsstandort für Nearshoring und Beschaffung. Metallwaren, Kunststoffteile sowie Elektronik "made in Serbia" stehen bei deutschen Industriebetrieben hoch im Kurs.

Die rund 900 Firmen mit deutschem Kapital beschäftigen etwa 80.000 Mitarbeitende. Die Baumarktkette Hornbach plant die Eröffnung von Standorten in Belgrad, Novi Sad, Niš und Subotica. Die Kabelbaumfertiger Dräxlmaier und Leoni allerdings reduzieren wegen steigender Löhne ihre Belegschaft.

Auf der Länderseite Serbien finden Sie weitere Informationen, zum Beispiel über wichtige Branchen, rechtliche Rahmenbedingungen und Zollbestimmungen.

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