Wirtschaftsausblick | Südkorea
Südkorea stellt sich auf langsameres Wachstum ein
Die Zentralbank halbiert die Wachstumsprognose für 2025. Trumps Strafzölle sorgen für Unsicherheit im Export. Mehr Stabilität verspricht sich das Land vom neuen Staatsoberhaupt.
04.06.2025
Von Katharina Viklenko | Seoul
Top-Thema: Wieder mehr politische Stabilität nach der Präsidentenwahl
Am 3. Juni 2025 wurde Lee Jae-myung zum neuen Präsidenten Südkoreas gewählt. Damit kehrt etwas Stabilität in die südkoreanische Politik zurück. Die innenpolitische Krise, die in der Amtsenthebung des Vorgängers Yoon Suk-yeol mündete, hatte ab Dezember 2024 für ein politisches Vakuum, verunsicherte Konsumenten und geminderte Geschäftsstimmung gesorgt.
Außenpolitisch steht das Verhältnis zu den USA und die protektionistische Politik von US-Präsident Trump im Mittelpunkt. Der südkoreanische Handelsbilanzüberschuss mit den USA von fast 56 Milliarden US-Dollar (US$) 2024 brachte das Land in den Fokus der US-Strafzölle. Auch die Eskalation des US-Handelskonfliktes mit China trifft die exportorientierte Wirtschaft Südkoreas. Hoffnungen auf neue Wachstumspulse ruhen nun auf dem neuen Präsidenten. Er legt einen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien, was Chancen für deutsche Anbieter birgt.
Wirtschaftsentwicklung: Zentralbank halbiert BIP-Prognose
Ende Mai 2025 halbierte die südkoreanische Zentralbank Bank of Korea (BOK) nahezu ihre Prognose für das Jahr 2025: Statt 1,5 Prozent soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real nur noch um 0,8 Prozent wachsen. Eine niedrigere Wachstumsrate gab es nur während der Asienkrise, der globalen Finanzkrise und auf dem Höhepunkt der Coronapandemie. Im 1. Quartal 2025 stagnierte die Wirtschaftsleistung mit dem Minus von real 0,1 Prozent etwa auf dem Niveau des Vorjahresquartals. Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe erreichte lediglich ein Plus von 0,4 Prozent.
Im Jahr 2026 soll die reale BIP-Zunahme bei 1,6 Prozent liegen. Insgesamt muss sich die südkoreanische Wirtschaft angesichts struktureller Herausforderungen in den nächsten Jahren auf ein langsameres Wachstum einstellen. Zum erstarkenden Wettbewerb aus China in zentralen Branchen kommt langfristig der demografische Wandel hinzu.
Im Oktober und November 2024 senkte die Zentralbank nach langer Pause den Leitzins von 3,5 Prozent auf 3 Prozent; zwei weitere Anpassungen folgten im Februar und Mai 2025 auf 2,5 Prozent. Mehrere Zinssenkungen infolge signalisieren eine Verschiebung der Prioritäten: Anstelle der Finanzstabilität soll die Konjunktur gestützt werden. Forschungsinstitute rechnen mit weiteren Reduktionen auf einen Leitzins von 2 Prozent Ende 2025.
US-Zölle schmälern Exporte
Von Januar bis April 2025 nahmen Südkoreas Gesamtexporte nominal um 0,7 Prozent ab. Lieferungen in die USA gingen um 3,3 Prozent zurück, darunter sanken Kfz als größte Exportkategorie um 11,5 Prozent. Die US-Zölle dürften sich im 2. Halbjahr noch stärker bemerkbar machen.
Für 2025 prognostiziert das Korea Institute for Industrial Economics and Trade (KIET) einen Rückgang der Exporte um nominal 2,1 Prozent. Das größte Minus erwartet das Forschungsinstitut bei Kfz-Exporten, Maschinen und in der Petrochemie. Steigen sollen die Exporte hingegen im Schiffbau, bei Halbleitern und Informations- und Telekommunikationstechnik (IKT). Noch 2024 wurde das Wachstum der Wirtschaft fast ausschließlich von Exporten getrieben.
Investitionen sollen nur leicht steigen
Bei Ausrüstungsinvestitionen senkte die Zentralbank ihre Vorhersage für 2025 von ursprünglich real 2,6 Prozent auf 1,8 Prozent. Generell schauen südkoreanische Firmen pessimistischer in die Zukunft und halten sich angesichts von geopolitischer Unsicherheit mit Investitionen zurück.
Der Business Survey Index (BSI), den die Federation of Korean Industries unter den 600 größten Unternehmen des Landes durchführt, blieb im Mai 2025 unterhalb der Marke von 100 Punkten (unterhalb bedeutet verhaltene Stimmung). Bereits seit April 2022 schätzen mehr Firmen ihre Lage pessimistisch als optimistisch ein. Im verarbeitenden Gewerbe lag der BSI im Mai 2025 bei 94,7 Punkten. Nur Firmen in der Elektronikindustrie und im IKT-Sektor waren positiver gestimmt.
Alternde Bevölkerung konsumiert weniger
Für 2025 erwartet die Zentralbank ein Wachstum beim privaten Konsum von 1,1 Prozent und für 2026 von 1,6 Prozent. In den ersten drei Monaten 2025 lag die Zunahme lediglich bei real 0,5 Prozent. Der Einzelhandelsumsatz stieg im 1. Quartal 2025 um 1,7 Prozent. Das Konsumwachstum im Zeitraum 2025 bis 2030 dürfte laut der Zentralbank durch die rapide Alterung der Gesellschaft und die niedrige Fertilitätsrate jährlich 1 Prozentpunkt einbüßen.
Ein Lichtblick zeigte sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahl: Der von der BOK erhobene Composite Consumer Sentiment Index lag im Mai 2025 erstmals seit einem halben Jahr knapp über der 100 Punkte-Marke. Ein Wert über 100 Punkten bedeutet, dass der Anteil der Konsumenten überwiegt, die die weitere Entwicklung der Wirtschaft optimistisch einschätzen. Nach Ausrufung des Kriegsrechts im Dezember 2024 hatte der Index ein Tief von knapp 88 Punkten erreicht.
Deutsche Perspektive: Südkorea ist wichtiger Absatzmarkt in Asien
der deutschen Firmen nennen Handelsbeschränkungen und -konflikte als größte globale Herausforderung für ihr Geschäft in Südkorea in den nächsten fünf Jahren (AHK World Business Outlook, Frühjahr 2025) .
Südkorea war 2024 knapp nach Japan der drittgrößte Absatzmarkt für deutsche Exporte in Asien. Deutschland lieferte Waren im Wert von fast 20 Milliarden Euro dorthin. Doch zuletzt geriet das Geschäft ins Stocken: Die Exporte sanken 2024 um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, im 1. Quartal 2025 fiel das Minus mit 10,5 Prozent noch deutlicher aus.
Die größten Einbußen von Januar bis März 2025 verzeichneten deutsche Exporteure von Arzneimitteln (-28,4 Prozent), Elektrotechnik (-18,9 Prozent) sowie Maschinen und Anlagen (-15,2 Prozent). Einen Einbruch von fast einem Drittel gab es bei Nahrungs- und Genussmitteln. Hier zeigt sich die Importsperre für Schweinefleisch aus Deutschland vom Januar 2025. Einen positiven Lichtblick gab es bei deutschen Exporten von Medizintechnik, die um fast 17 Prozent zulegten.
Weitere Informationen zur Entwicklung der Wirtschaft und bedeutenden Branchen bietet die GTAI-Länderseite zu Südkorea.