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Rechtsbericht EU Arbeits- und Arbeitsgenehmigungsrecht

EU modernisiert die Regelungen für europäische Betriebsräte

Durch die Überarbeitung der Richtlinie 2009/38/EG soll die Rolle der europäischen Betriebsräte in multinationalen Unternehmen gestärkt werden.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Grundlegendes zu Europäischen Betriebsräten

Europäische Betriebsräte (EBR) sind Arbeitnehmervertretungsorgane, die transnationale Informationen und Konsultationen in solchen Unternehmen ermöglichen, die in zwei oder mehr EU-/EWR-Ländern tätig sind und mindestens 1.000 Mitarbeitende beschäftigen. Das anwendbare Betriebsverfassungsrecht ist dasjenige desjenigen Mitgliedstaates, in dem die "zentrale Verwaltung" des Unternehmens angesiedelt ist.

Die Regelung der EBR findet sich in Richtlinie 94/45/EG, die durch die Richtlinie 2009/38/EG geändert und neu gefasst wurde. In letzter Zeit wurden immer wieder Bedenken hinsichtlich des begrenzten Umfangs, der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit bestehender EBR-Rechte geäußert. Die Überarbeitung von 2025 geht auf diese Bedenken ein und steht im Einklang mit übergeordneten EU-Zielen zum sozialen Dialog und zur Beteiligung der Arbeitnehmer.

Schlüsselelemente der überarbeiteten Richtlinie von 2025

Die im Rahmen der neuen Richtlinie eingeführten Überarbeitungen zielen darauf ab, die Vertretung von Arbeitnehmern in großen multinationalen Unternehmen effektiver zu machen.

Klärung der Definition transnationaler Angelegenheiten

Die neue Richtlinie definiert den Begriff der “grenzüberschreitenden Angelegenheiten” klarer. Eine solche liegt vor, wenn eine Entscheidung in einem Mitgliedstaat wesentliche Auswirkungen auf Arbeitnehmer in mindestens einem weiteren Mitgliedstaat hat (neuer Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2009/38/EG). Diese erweiterte Definition wird voraussichtlich die Anzahl der Angelegenheiten erhöhen, die eine Konsultation mit EBR erfordern.

Konsultationsrechte werden gestärkt

Die neue Richtlinie wird Europäischen Betriebsräten (European Works Councils) das Recht geben, eine Meinung zu äußern, bevor eine Entscheidung von einem Unternehmen getroffen wird. Unternehmen sind verpflichtet, auf solche Äußerungen mit einer schriftlichen, begründeten Stellungnahme zu antworten, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird (neuer Art. 9 Abs. 3). So will man die Konsultation von einer verfahrensmäßigen Formalität auf einen inhaltlichen Dialog umwandeln, damit Arbeitnehmervertreter eine reelle Möglichkeit haben, die Ergebnisse zu beeinflussen.

Rechtsmittel und Sanktionen

Der neue Art. 11 Abs. 2 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, wirksame gerichtliche und administrative Verfahren einrichten müssen, die es den EBR ermöglichen, Verletzungen ihrer Rechte anzufechten (Buchstabe a). Er führt außerdem eine Verpflichtung für "wirksame, abschreckende und verhältnismäßige" Sanktionen ein (Buchstabe b), einschließlich finanzieller Sanktionen, um die Durchsetzungsstandards näher an andere Bereiche der EU-Sozialgesetzgebung anzupassen. Finanzielle Strafen sollten den Jahresumsatz einer Organisation berücksichtigen oder eine ähnlich abschreckende Natur haben.

Vertraulichkeitsregeln werden verschärft

Die neue Richtlinie verschärft die Kriterien, nach denen Arbeitgeber das Recht haben, Informationen aus Gründen der Vertraulichkeit zurückzuhalten. Sie müssen nun klare, objektive Begründungen haben, und solche Restriktionen müssen regelmäßig überprüft und aufgehoben werden, wenn sie nicht mehr gerechtfertigt sind. So soll ein Missbrauch der Vertraulichkeit verhindert werden.

Abschaffung bisheriger Ausnahmen

Der bisherige Bestandsschutz für “Alt-Vereinbarungen”, in Artikel 14 (alte Fassung) geregelt, läuft aus. Dies betrifft bestehende transnationale Abkommen, die schon vor Inkrafttreten der Richtlinie von 1994 geschlossen wurden. Derzeit profitieren noch etwa 300 Unternehmen von dieser Ausnahme. Sie müssen sich nun innerhalb der Übergangsfrist an die neue Richtlinie anpassen und Verhandlungsanträge zur Gründung eines EBR akzeptieren, wodurch diese Rechte Schätzungen zufolge auf circa 5,4 Millionen Arbeitnehmer ausgeweitet werden.

Zugang zur Justiz wird verbessert

Unternehmen müssen künftig die Kosten für Rechtsberatung und gerichtliche Verfahren der EBR tragen, um ihren Anspruch auf "effektiven Zugang zur Justiz" zu realisieren. Der neue Art. 11 Abs. 4 besagt insofern, dass die zentrale Verwaltung die angemessenen Kosten für gerichtliche und/oder administrative Verfahren für EBR und besondere Verhandlungsgremien (einschließlich ihrer Mitglieder oder Vertreter) tragen soll. Dies dürfte wahrscheinlich den Einsatz von Experten, insbesondere Rechtsanwält:innen, einschließen.

Nächste Schritte im Gesetzgebungsprozess

Die neue Richtlinie (EU) 2025/2450 wird am 31. Dezember 2025 in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach Veröffentlichung der überarbeiteten Richtlinie im Amtsblatt in nationales Recht umzusetzen. Die neuen Regeln werden ein Jahr später gelten, also am Januar 2029. 

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