Zollbericht MERCOSUR Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Mercosur und EU - Handelsabkommen wird Exporte ankurbeln
Das Ende Juni 2019 erfolgreich ausverhandelte Handelsabkommen ist Teil eines umfassenden Assoziierungsabkommens. Bisher haben die beiden Wirtschaftsblöcke keine Einigung erzielt.
15.02.2023
Von Andrea González Alvarez | Bonn
Am 28. Juni 2019 einigten sich der Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) und die Europäische Union nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer auf ein umfassendes Handelsabkommen, das Bestandteil des Assoziierungsabkommens ist.
Die EU ist der erste große Handelspartner, mit dem der Mercosur ein solches Abkommen beschließt. Es ist somit wichtiger Eckpfeiler für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Handelsblöcken. Mit dem Abkommen kann die weltweit größte Freihandelszone mit rund 800 Millionen Einwohnern entstehen. Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sind wichtige Absatzmärkte für die deutsche Wirtschaft. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner des Mercosur. Die Einfuhren von EU-Waren in den Mercosur beliefen sich bereits im Jahr 2019 auf rund 43,7 Milliarden US Dollar, die Einfuhren aus Deutschland betrugen rund 13,4 Milliarden US$. Der Mercosur exportierte 2019 Waren im Wert von 45,3 Milliarden US$ in die EU. Weitere Informationen zu Wareneinfuhren einzelner EU-Staaten in den Mercosur finden Sie hier.
Umfassender Zollabbau mit Übergangsfristen
Mit dem Handelsabkommen wird der Mercosur rund 90 Prozent der Importe von Industrieprodukten aus der EU liberalisieren. Insbesondere der Abbau der bisher hohen Zölle auf Kraftfahrzeuge (überwiegend 35 Prozent), Kfz-Teile (14 - 18 Prozent), Maschinen (14 - 20 Prozent), chemische Produkte (bis zu 14 Prozent) Arzneimittel (bis zu 18 Prozent) sowie Bekleidung und Schuhe (bis zu 35 Prozent) dürfte EU-Exporte dieser Produkte in den Mercosur-Raum künftig ankurbeln. Für sensible Sektoren hat sich der Mercosur Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren vorbehalten.
Im Gegenzug können rund 80 Prozent der Exporte von Industrieprodukten des Mercosur in die EU bereits mit Inkrafttreten des Handelsabkommens zollfrei gehandelt werden.
Überdies wird der EU-Nahrungsmittelsektor von einem Abbau hoher Zölle des Mercosur auf Produkte wie Schokolade (20 Prozent), Wein (20 - 27 Prozent) und Spirituosen (20 Prozent) profitieren. Des Weiteren verpflichtet sich der Mercosur, die geographischen Herkunftsbezeichnungen von 357 europäischen Nahrungsmitteln wie zum Beispiel Tiroler Speck, Münchener Bier oder Prosciutto de Parma zu schützen. Die hohen EU-Sicherheitsstandards im Nahrungsmittelbereich werden unverändert bleiben. Einfuhren aus dem Mercosur müssen somit künftig diesen Standards entsprechen.
Darüber hinaus umfasst das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur Bestimmungen zu politischem Dialog, Kooperation und Handel. Dazu zählen unter anderem die Verbesserung der Kooperation zu den Themen Einwanderung, Digitalisierung, Bildung und Forschung, Menschenrechte, Umweltschutz und Bekämpfung von Terrorismus, Geldwäsche und Cyberkriminalität.
Die Europäische Kommission hat Informationen zum Abkommen und den ausverhandelten Text hier veröffentlicht.
Technische Hemmnisse werden beseitigt
Das Handelsabkommen sieht zudem eine verstärkte Zusammenarbeit zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse, wie zum Beispiel doppelter Zertifizierungen, vor. Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens erhalten EU-Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang gleichwertigen Zugang wie lokale Unternehmen zu den öffentlichen Ausschreibungen in den Mercosur-Staaten.
Wie geht es weiter?
Seit Mitte 2019 gilt das Handelsabkommen als ausverhandelt. Seither stocken die Verhandlungen. Der Hauptgrund waren starke Bedenken einiger EU-Staaten in Bezug auf den Umweltschutz. Mitte 2023 hat die EU einen Vorschlag für eine Zusatzvereinbarung mit Sanktionen für die Nichteinhaltung von Umweltzielen unterbreitet. Die Mercosur-Staaten lehnten die von der EU vorgeschlagenen Sanktionen ab und legten als Antwort darauf einen Gegenvorschlag vor.
Derzeit verhandelt die EU eine gemeinsame Erklärung mit den südamerikanischen Staaten. Allerdings sind die Widerstände in beiden Wirtschaftsblöcken weiterhin groß. In Europa versuchen Umweltschützer nach wie vor das Abkommen zu stoppen. Darüber hinaus könnte der französische Präsidenten Macron ein Veto dagegen einlegen. In Frage steht auch, ob der neue Präsident Argentiniens Javier Milei das Projekt befürworten wird.
Wenn es zu einer Einigung kommt, wäre das Abkommen allerdings noch nicht beschlossen. Anschließend müssten die Parlamente aller Mitgliedstaate dem Deal zustimmen.
In Südamerika hat sich in jüngster Zeit etwas getan. Das vom Bolivien am 17. Juli 2015 unterzeichnete Beitrittsprotokoll ist Ende 2023 genehmigt worden. Somit steht Bolivien dem Beitritt zum Mercosur einen Schritt näher.