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Wirtschaftsumfeld | Portugal | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Portugals Wirtschaftsleistung wächst, und die Arbeitslosigkeit bleibt gering. Oft konkurrieren Unternehmen intensiv um Fachkräfte, etwa im IKT-Sektor und dem Tourismus.

Von Oliver Idem | Madrid

Portugals Volkswirtschaft hat den kurzen, coronabedingten, Einbruch schnell hinter sich gelassen. Im Jahr 2022 wurde mit real plus 6,7 Prozent das höchste Wirtschaftswachstum seit 35 Jahren erreicht. Die jüngsten Prognosen der Europäischen Kommission lauten auf 2,4 Prozent reales Wachstum im Jahr 2023 und eine Zunahme um 1,8 Prozent 2024. Weitere Informationen zur Wirtschaft des Landes bietet der Wirtschaftsausblick Portugal.

Der inländische Arbeitsmarkt erwies sich selbst in der Coronakrise als sehr robust. Die Prognosen der Europäischen Kommission lassen für 2023 eine Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent erwarten. Im nächsten Jahr soll sie auf 6,3 Prozent sinken.

Anzahl der Streiks nahm 2022 weiter zu

Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist in Portugal im öffentlichen Sektor hoch und im Privatsektor gering. Insgesamt nahm die Zahl der angekündigten Streiks 2022 um 215 auf 1.087 zu, wie aus Informationen der Generaldirektion für Arbeit und Arbeitsbeziehungen DGERT hervorgeht. Am häufigsten wurde die Arbeit 2022 im Transportsektor (17 Prozent) und der öffentlichen Verwaltung (13 Prozent) niedergelegt.

Deutsche Betriebe haben in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit der Einbindung der Arbeitnehmervertreter sowie generell mit einem offenen Kurs gegenüber der Gesamtbelegschaft gemacht.

Jüngere arbeiten häufiger befristet und in Teilzeit

Der Anteil befristeter Stellen blieb 2022 mit 16,6 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Befristungen sind in Portugal erheblich verbreiteter als in Deutschland (10,8 Prozent) und dem Durchschnitt der EU mit 12,9 Prozent. Bei den Berufseinsteigern in Portugal betrafen Befristungen 57,6 Prozent der Arbeitsverträge. 

Teilzeitarbeit ist in Portugal ebenfalls vor allem bei jungen Beschäftigten ein Thema. Eurostat zufolge arbeiteten laut den neuesten Angaben 2022 genau 6,8 Prozent der 15 bis 64 Jahre alten Portugiesen in Teilzeit. Bei Berufseinsteigern lag der Anteil mehr als dreimal so hoch: In der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren waren 21,8 Prozent in Teilzeit beschäftigt.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022 1)

Bevölkerung (in Mio.)

10,5

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 Jahre, in Mio.)

5,2

Erwerbstätige (in Mio.)

4,9

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

6,0

Analphabetenquote (in %) 2)

3,3

Universitätsabschluss (Erwerbspersonen mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss

 in %) 

29,1

1 Jahresdurchschnitt, vorläufig; 2 NUTS-3-Klassifikation bezogen auf die Durchschnittsbevölkerung im Jahr 2013.Quelle: Statistikamt INE Portugal 2023

Für ihr Arbeitsmarktbarometer Guia Hays 2023 befragte die Personalberatung Hays im Oktober 2022 online 3.139 Fachkräfte und 842 Unternehmen. Von den Unternehmen rechnen 58 Prozent mit mehr geschäftlichen Aktivitäten als 2022. Neue Arbeitskräfte werden 2023 unter anderem im IKT-Sektor benötigt. Die steigende Dienstleistungsnachfrage bringt einen höheren Personalbedarf mit sich. 

Business Services Center befinden sich in einer ähnlichen Situation. Im Bereich Life Sciences stehen das Rekrutieren und Halten von Talenten weit oben auf der Agenda. Im Hotelsektor fehlen unverändert Fachkräfte. Für Optimismus sorgt jedoch, dass ohne Coronabeschränkungen wieder bessere Planbarkeit herrscht. 

Fremdsprachenkenntnisse und MINT-Abschlüsse sind überdurchschnittlich verbreitet

Quer durch die von der Personalberatung Hays untersuchten Branchen ist Englisch die am häufigsten gewünschte Fremdsprache und den Unternehmen fast so wichtig wie die Landessprache. Die Arbeitskräfte in Portugal sind sprachlich überdurchschnittlich gut ausgebildet. Im EF English Proficiency Index 2022 belegt Portugal den 9. Rang unter 111 Ländern. Der Index errechnet sich aus den Ergebnissen von Sprachtests bei Erwachsenen.

Zudem sind technische und naturwissenschaftliche Studienabschlüsse häufiger vertreten als in den meisten EU-Staaten. Da solche Fachkräfte auch in anderen Ländern begehrt sind, konkurrieren lokale Unternehmen manchmal auch mit ausländischen um diese Personengruppe.

Die Fachkräftesituation prägt auch den Blick der befragten Unternehmen für die Publikation Guia Hays 2023. Von diesen berichten 48 Prozent von einem generellen Mangel. Für 37 Prozent fehlen qualifizierte Bewerber. Zudem berichten 22 Prozent der Befragten von einer harten Konkurrenz durch andere Unternehmen.  

Wegen des Fachkräftemangels unternehmen die Firmen teils erhebliche Anstrengungen der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das schlägt sich positiv im Engagement der Angestellten nieder sowie in ihrer Loyalität, Leistungsbereitschaft und Produktivität.

Fehlende Karrierechancen befeuern die Wechselbereitschaft

Im Umkehrschluss werden Faktoren deutlich, die für berufliche Unzufriedenheit sorgen. Mit 66 Prozent Nennungen waren fehlende Karrieremöglichkeiten die häufigsten. Mit ihren Löhnen waren 56 Prozent der Befragten nicht einverstanden.

Unzufriedenheit mit einem einzelnen Aspekt führt oft nicht zu Abwanderungsgedanken. Die Zahlen von Hays belegen jedoch auch, dass 70 Prozent sich einen anderen Arbeitsplatz vorstellen könnten. Gegenüber den Antworten von 2022 sank der Anteil um 4 Prozentpunkte.

Unternehmen setzen oft auf private Personaldienstleister

Im Jahr 2023 bleibt die Bereitschaft der Unternehmen verhältnismäßig hoch, neue Arbeitsverträge abzuschließen. Laut Hays planen 82 Prozent der Befragten, neues Personal einzustellen. Das entspricht einem Rückgang um 2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.

Von staatlicher Seite ist das Institut für Beschäftigung und Berufsbildung IEFP landesweit mit seinen Zentren für die Vermittlung von Arbeitskräften zuständig. Das dazugehörige Portal net empregos veröffentlicht Stellenangebote. Auch zahlreiche Unternehmen weisen auf ihren Internetseiten auf Stellenangebote hin. Die Suche über Jobportale wie Emprego ist verbreitet.

Wer qualifiziertes Personal sucht, schaltet häufig private Personaldienstleister ein, von denen einige auch jährlich aktualisierte Lohn- und Gehaltsstudien anbieten (etwa Hays, Mercer, Page Personnel). Auf Zeitarbeitsverträge spezialisierte Firmen sind zum Beispiel Manpower, RHmais und Randstad Portugal.

Es gibt eine Vielzahl von Personalberatungsfirmen, sogenannte Consultorias de Recursos Humanos. Unternehmen, die portugiesische oder deutsche Führungs- und Fachkräfte für Aufgaben in Portugal suchen, finden auch in der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer einen erfahrenen Ansprechpartner. Zu den Mitgliedern der AHK Portugal gehören zudem mehrere Personalvermittlungsfirmen.

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