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Special China Seidenstraße

Chinas Seidenstraße setzt auf mehr Industrieproduktion

Mehr Kooperationen mit arabischen und zentralasiatischen Partnern prägen die Belt and Road Initiative (BRI) im 1. Halbjahr 2023. Dabei wird eine klare Strategie sichtbar.

Von Marcus Hernig | Bonn

Auf Chinas neuer Seidenstraße war in der 1. Hälfte des Jahres 2023 viel los: Insgesamt 526 neue Projektverträge, Vertragsergänzungen und Absichtserklärungen registrierte GTAI in diesem Zeitraum. Das ist ein Plus von fast 17 Prozent gegenüber den 451 Projekten des 1. Halbjahrs 2022. Während der Zuwachs diesmal in West- und Zentralasien sowie in Afrika lag, wurden weniger Verträge mit Partnern in Lateinamerika, Südasien, Europa und Ozeanien unterzeichnet.

Golfregion und Zentralasien vereinbaren viele grüne Projekte

Chinesische Unternehmen unterzeichneten in Westasien zwischen Januar und Juli 2023 insgesamt 70 neue Projektvorhaben. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 40 Neuunterzeichnungen in der Region. Das entspricht einem Zuwachs von 75 Prozent.

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sind in 41 Verträgen Partner. Wind- und Solarprojekte bilden einen Schwerpunkt. Saudi-Arabien arbeitet mit dem heimischen Kraftwerksentwickler ACWA Power als Hauptinvestor und chinesischen Partnerunternehmen wie Envision oder Jiangsu Guofu daran, grünen Wasserstoff herzustellen. Der soll später zur Stahlerzeugung in der neuen Industriestadt Ras Al Khair am Persischen Golf eingesetzt werden. Dort entsteht ein Partnerprojekt des chinesischen Stahlkonzerns Baosteel mit dem saudischen Ölkonzern ARAMCO und dem saudischen Public Investment Fonds (PIF).

Im Mai 2023 gründeten das chinesische Elektronikunternehmen TCL Zhonghuan Renewable Energy Technology mit der saudischen Vision Industries ein Joint Venture zur Solarzellenproduktion für Westasien und Afrika. Saudi-Arabien erhofft sich von solchen grünen Projekten, von einer Ölgroßmacht zum Industrieland von morgen zu werden.

Der erste China-Zentralasien-Gipfel am 18. und 19. Mai 2023 im chinesischen Xi'an hob die Bedeutung der zentralasiatischen Länder für Chinas neue Seidenstraße hervor. Das zeigt sich auch in den BRI-Vertragsabschlüssen: Sie haben sich von 23 auf 51 Vorhaben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Mit Partnern aus Usbekistan, Kasachstan und Kirgisistan schlossen chinesische Unternehmen im 1. Halbjahr 2023 bereits 21 neue Infrastrukturvorhaben ab. Ein Schlüsselabkommen betrifft die Finanzierung und den Baubeginn der 4,5 Milliarden US-Dollar (US$) teuren Eisenbahnverbindung von China nach Usbekistan via Kirgisistan. Konkrete Maßnahmen sehen zunächst Lieferungen von Schienensträngen und -fahrzeugen vor.

Afrika und Südostasien bleiben wichtigste Partnerregionen

Mit afrikanischen Partnern unterzeichneten chinesische Unternehmen insgesamt 177 Vorhaben. Das sind rund 26 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. In Afrika liegen diesmal auch die größten Projekte: Die China Petroleum Engineering Company (CPEC) erhielt im April 2023 den Zuschlag für eine über 1.400 Kilometer lange Ölpipeline zwischen Uganda und Tansania. Das Auftragsvolumen des ursprünglich für 2016 geplanten Projekts beträgt 806 Millionen US$. Damit wird das chinesische Energieunternehmen die zweite transnationale Ölpipeline des Kontinents bauen.

Ein weiteres Großprojekt in Afrika hat einen deutschen Koordinator: Der Finanzdienstleister DAI Infrastruktur GmbH aus Frankfurt am Main und Chinas staatliches Konglomerat China Power Engineering Consulting Group Co., Ltd. (CPECC) unterzeichneten eine Absichtserklärung über den Bau von Solar- und Windkraftanlagen im ägyptischen Port Said. Die Gesamtkapazität des Energieparks soll 2 Gigawatt erreichen. Insgesamt werden dann in Ägypten 6,3 Gigawatt an Solarenergiekapazität zur Verfügung stehen, um grünen Ammoniak, das Transportmedium für grünen Wasserstoff, herzustellen.

In den zehn Ländern des Verbandes südostasiatischer Staaten (ASEAN) beabsichtigen chinesische Unternehmen, insgesamt 111 neue Projekte durchzuführen oder bestehende zu erweitern. Das sind ungefähr so viele wie im 1. Halbjahr 2022.

China und Russland investieren gemeinsam in Lateinamerika

Lange fehlte es an der Finanzierung für die erste von China gebaute Brücke über den Panamakanal: Zwar erhielten die China Communications Construction Company und China Harbour Engineering Company schon 2018 den Zuschlag für den Brückenbau über die strategisch wichtige Wasserstraße. Doch 2020 wurde das Vorhaben eingestellt. Nun wollen drei internationale Banken - die spanische Santander, die japanische Mizuho und die panamaische Banistmo - das Projekt mit insgesamt 1,13 Milliarden US$ weiterfinanzieren.

In Bolivien sichert sich China gemeinsam mit Russland kritische Rohstoffe: Der chinesische Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology Limited (CATL) hatte bereits mehr als 1 Milliarde US$ in den bolivianischen Lithiumabbau investiert. Ende Juni 2023 kamen weitere 600 Millionen US$ des russischen Energiekonzerns Rosatom hinzu sowie 857 Millionen US$ von der chinesischen Versicherungsgesellschaft CITIC Guo'an. Besonders wichtig ist Lithium für die Herstellung von Batterien in E-Fahrzeugen.

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Bergbau und Industrie rücken in den Vordergrund

Die Energiebranche prägt die neue Seidenstraße weiterhin, gefolgt vom Transportsektor. Doch Bergbau und Industrie werden für Chinas Außenwirtschaft immer bedeutender: So haben sich die Vorhaben in diesem Sektor mehr als verdoppelt: Waren es im 1. Halbjahr 2022 nur 49, zählt GTAI 101 vereinbarte Projekte zwischen Januar und Juni 2023.

Hohe Investitionen in den Lithiumabbau erklären einen Teil dieser Entwicklung. Lithium wird in neuen Batteriewerken verarbeitet. China baut solche Fabriken weltweit - auch in Europa, etwa in Ungarn, Schweden und Frankreich. Damit erweitert China seine Strategie, Schlüsselsektoren der Elektromobilität unter der Marke "BRI" zu besetzen.

Auch die Chemiebranche zeigt starkes Wachstum: Mit 23 Vorhaben im Berichtszeitraum macht sie mittlerweile fast ein Viertel aller Projekte im Segment Bergbau und Industrie aus. Dazu gehört ein 1,5 Milliarden US$ schweres Großprojekt in Algerien. Eine Tochterfirma der China Petroleum Engineering Company (CPEC) wird hier Polypropylen aus Erdöl herstellen.

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