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Rechtsbericht | Venezuela | Rechtsverfolgung

Venezuela: Rechtsverfolgung

Ausländische Gerichts- und Schiedssprüche dienen als Vollstreckungstitel in Venezuela.

Von Dr. Julio Pereira | Bonn

Rechtsgrundlagen

Zwischen Venezuela und Deutschland gibt es kein bilaterales Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen.  Rechtsgrundlage sind daher die von jedem Staat in seinem Rechtssystem festgelegten Mechanismen, die für die Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung im eigenen Land geeignet sind. In Venezuela sind solche Mechanismen in der Zivilprozessordnung (Código de Procedimiento Civil - CPC), dem Gesetz über das Internationale Privatrecht (Ley de Derecho Internacional Privado - LDIP) und dem Handelsschiedsgerichtsgesetz (Ley de Arbitraje Comercial - LAC) gesetzlich verankert.

Anerkennungsverfahren

Neben den Urteilen inländischer Gerichte dienen auch Urteile ausländischer Gerichte und ausländischer Schiedsgerichte als Vollstreckungstitel in Venezuela. Für die Vollstreckung ausländischer Urteile auf venezolanischem Hoheitsgebiet ist jedoch ein förmliches Anerkennungsverfahren (Exequaturverfahren) durch den Obersten Gerichtshof Venezuelas (Tribunal Suprema de Justicia - TSJ) erforderlich.

Was die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils in Venezuela angeht, so sind die Normen des CPC, eines der ältesten Gesetzbücher des Landes aus dem Jahr 1873, und das LDIP-Gesetz von 1998 keineswegs miteinander vereinbar. Am 4. Juli 2000 stellte der TSJ mit Urteil Nr. 01561 fest, dass die Bestimmungen von Artikel 53 des LDIP zu Lasten der Artikel 850 und 851 der Zivilprozessordnung anzuwenden sind.

Daher ist ein ausländisches Urteil in Venezuela rechtskräftig, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Das ausländische Gerichtsurteil muss in Zivil- oder Handelssachen (bzw. in Angelegenheiten privater Rechtsbeziehungen) ergangen sein.
  • Das Urteil muss nach dem Recht des Herkunftslandes rechtskräftig sein (cosa juzgada).
  • Das Urteil darf keinen Einfluss auf dingliche Rechte an in venezolanischem Hoheitsgebiet befindlichen Immobilien haben.
  • Das Gericht des Staates, der das Urteil erlassen hat (Estado sentenciador), muss für die Angelegenheit kompetent sein.
  • Dem Beklagten (Antragsgegner) müssen die uneingeschränkten prozessualen Verteidigungsrechte gewährt worden sein.
  • Das ausländische Urteil muss dem Beklagten ordnungsgemäß zugestellt worden sein.
  • Vor den venezolanischen Gerichten darf keine Rechtsstreitigkeit über denselben Gegenstand und zwischen denselben Parteien anhängig sein (die vor Erlass des ausländischen Urteils eingeleitet wurde).

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird das ausländische Urteil für vollstreckbar erklärt (Art. 55 LDIP). Die Anerkennung wird von der zuständigen Kassationskammer (Sala de Casación Civil) des TSJ vorgenommen. Ausländisches Recht muss in Venezuela von Amts wegen angewendet werden (Art. 60 LDIP). Die Parteien können den venezolanischen Justizbehörden Informationen über das auf die Angelegenheit anwendbare ausländische Recht übermitteln.

Im Exequaturantrag ist die Anschrift der Person anzugeben, gegen die das ausländische Urteil vollstreckt werden soll (Art. 852 CPC). Dem Antrag müssen das zu vollstreckende Urteil und die Anerkennungserklärung des venezolanischen Gerichts beigefügt werden - alles notariell beglaubigt und ins Spanische übersetzt.

Schiedsgerichtbarkeit

Mit Ausnahme von Streitigkeiten über in Venezuela belegene Immobilien, für die ausschließlich die venezolanischen Gerichte zuständig sind (Art. 47 und 53 LDIP), sowie von Fragen, die die öffentliche Ordnung („ordre public“) berühren, gelten für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit besondere Regeln. Diese Regeln sind im Handelsschiedsgerichtsgesetz (LAC) enthalten.

Nach diesem Gesetz wird ein ausländischer Schiedsspruch (laudo arbitral) von venezolanischen Gerichten als rechtskräftig anerkannt und kann nicht angefochten werden (Art. 48 LAC). Auf schriftlichen Antrag an den Gerichtshof ist der Schiedsspruch vollstreckbar, ohne dass es eines Exequaturverfahrens bedarf. Die Partei, die sich auf einen Schiedsspruch beruft oder dessen Vollstreckung beantragt, muss eine vom Ursprungsschiedsgericht beglaubigte Kopie (mit spanischer Übersetzung) beifügen. Die Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruchs kann unabhängig von dem Land, das ihn erlassen hat, nur in ganz bestimmten Fällen verweigert werden, wie im LAC (Art. 49 LAC) vorgesehen, z. B. wenn sich der Schiedsspruch auf eine in der Schiedsvereinbarung nicht vorgesehene Streitigkeit bezieht oder Entscheidungen enthält, die über die Schiedsvereinbarung selbst hinausgehen.

Seit 1995 gehört Venezuela dem New Yorker Übereinkommen (1958) über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche an. Außerdem ist Venezuela seit 1985 der Interamerikanischen Übereinkunft über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (1975) und der Interamerikanischen Konvention über die extraterritoriale Gültigkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche von Montevideo (1979) beigetreten.

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