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Wirtschaftsumfeld | Kasachstan | Investitionsklima

Kasachstan hat internationalen Unternehmen viel zu bieten

Im Schatten des Ukrainekriegs bringt sich Kasachstan als Investitionsstandort in Stellung. Eine Steuerreform soll die Rahmenbedingungen verbessern.

Von Viktor Ebel | Bonn

Ob Siemens, Volkswagen oder BASF - viele deutsche Unternehmen, die teilweise schon seit Jahrzehnten auf dem russischen Markt aktiv waren, haben ihr Russland-Geschäft beendet. Einige blicken sich nun nach anderen Investitionsstandorten in der Region um. Dabei fällt der Blick auch auf Kasachstan, das sich explizit als alternativer Investitions- und Produktionsstandort anbietet. 

Laut Astana Times berichtete Almas Aidarow, stellvertretender Außenminister Kasachstans, am Rande des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsforums, dass 44 Unternehmen bereits Vereinbarungen unterschrieben hätten, ihre Büros, Mitarbeiter oder die Produktion nach Kasachstan zu verlagern - darunter vor allem deutsche Unternehmen.

Für Kasachstan als alternativen Standort sprechen gleich mehrere Gründe. Durch die Mitgliedschaft in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) herrscht freier Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Armenien, Belarus, Kirgisistan und Russland. Gleichzeitig hat sich die Regierung in Kasachstan früh vom russischen Angriffskrieg distanziert und will ausdrücklich die Umgehung von Russlandsanktionen über kasachisches Territorium vermeiden. 

Außerdem bietet die geografische Lage die Möglichkeit, aufstrebende Märkte in Zentralasien, allen voran Usbekistan, zu erschließen. Kasachstan verbessert schrittweise das Geschäfts- und Investitionsumfeld, allerdings bleiben Schwächen bestehen.  

Rankings zum Geschäftsklima in den Ländern Zentralasiens (Rang; absteigend)

Kasachstan

Usbekistan

Kirgisistan

Tadschikistan

Turkmenistan

Ease of Doing Business Index (2020)

25

69

80

106

-

Economic Freedom Index (2022)

64

117

116

147

165

Rule of Law Index (2021)

66

85

99

-

-

Global Innovation Index (2021)

79

86

98

103

132

Corruption Perception Index (2021)

102

140

144

150

169

Quelle: Usbekistan in Zahlen 2022

Wie viele deutsche Unternehmen sind in Kasachstan aktiv?

Zum Stichtag 1. Dezember 2021 waren in Kasachstan 645 juristische Personen, Filialen und Unternehmensvertretungen mit deutscher Kapitalbeteiligung registriert, so das staatliche Statistikkomitee. Ein Großteil davon (615) sind Kleinunternehmen, gefolgt von mittleren (19) und großen (11) Konzernen. Laut AHK Zentralasien waren 2021 rund 350 deutsche Unternehmen in Kasachstan ansässig.

Deutschland ist wichtiger Wirtschaftspartner

Beim Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsforum, das Anfang September 2022 in der Hauptstadt Astana stattfand, hat Premierminister Roman Sklyar die Intentionen des ölreichen Landes nochmal wiederholt. Mineralische Rohstoffe seien zwar das Rückgrat der Wirtschaft, doch man wolle diversifizieren und Bereiche wie erneuerbare Energien, Transport und Logistik sowie die verarbeitende Industrie stärken. Deutschland komme dabei eine besondere Rolle zu, so Sklyar. 

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Er bezifferte die deutschen Investitionen in Kasachstan seit 2005 auf 5,3 Milliarden US-Dollar (US$). Viele Unternehmen dürften an den neuen Möglichkeiten interessiert sein, die sich gerade in dem Land auftun. Da wäre das enorme Transitpotenzial zwischen China und Europa, welches durch die Verlagerung der Handelsströme von den nördlichen Routen auf den mittleren Korridor entstanden ist. Am Kaspischen Meer, dem infrastrukturellen Engpass der Region, werden neue Containerterminals gebaut und die Schiffsflotten erweitert. Mittelfristig könnte der Güterumschlag entlang des Mittleren Korridors die Marke von 10 Millionen Tonnen pro Jahr übertreffen.

Kasachstan ist auch an einem Ausbau der erneuerbaren Energien interessiert. Bis 2060 will das Land klimaneutral werden, das Etappenziel für 2030 lautet 15 Prozent Strom aus Fotovoltaik und Windkraft. Deutsche Unternehmen begleiten diese Entwicklung seit der ersten Stunde. Goldbeck Solar aus Baden-Württemberg hat es durch sein frühes Engagement sogar zum Top-Fotovoltaik-Investor in Kasachstan geschafft. Mit einem Megaprojekt von SVEVIND sollen demnächst Solar- und Windparks mit einer Gesamtkapazität von 45 Gigawatt entstehen. Ausschreibungen für kleinere Erneuerbare-Energie-Projekte werden diesen Herbst durch die Regierung durchgeführt.

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Neues Steuermodell soll 2024 starten 

In seiner Rede an die Nation am 1. September 2022 hat Präsident Tokajew ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum direkt an eine transparente Steuerpolitik geknüpft. Ein neues, dienstleistungsorientiertes Steuermodell soll 2023 vorbereitet werden, im Jahr 2024 an den Start gehen und unter anderem folgende Neuerungen bringen:

  • Angemessene Sätze und einfache Verfahren beim Verwenden der Einzelhandelssteuer,
  • Digitalisierung der Steuerkontrolle,
  • Differenzierte Steuersätze für verschiedene Branchen,
  • Verbesserung der Wirksamkeit steuerlicher Anreize,
  • Einführung einer Luxussteuer für Immobilien und Fahrzeuge,
  • Senkung oder Befreiung von der Körperschaftssteuer bei Gewinnen, welche durch Modernisierung und Innovation erwirtschaftet worden sind,
  • Vereinfachung von Steuerregelungen, um Steuerhinterziehung unattraktiv zu machen,
  • Maßnahmen gegen die Spaltung von Unternehmen zum Zwecke der Steuerreduktion.

Sonderwirtschaftszonen locken mit günstigen Bedingungen

Ein weiteres Instrument, mit dem die Rahmenbedingungen verbessert werden sollen, sind die 13 Sonderwirtschaftszonen (SWZ) im Land. Sie widmen sich schwerpunktmäßig verschiedenen Branchen, sind infrastrukturell gut erschlossen und bieten Investoren finanzielle Vergünstigungen. Als Beispiel dient sie SWZ Aktau Sea Port, welche an Kasachstans größtem Hafen am Kaspischen Meer liegt. Bis 2028 entfallen dort die Körperschafts-, Grund- und Vermögenssteuer, Einfuhrzölle (für Vorprodukte) und Pachtgebühren. Um in den Genuss dieser Vorzugsbedingungen zu kommen, müssen sich Investoren in der verarbeitenden Industrie, der Logistikbranche oder dem Bausektor engagieren.

Aktuell implementierte Projekte in der Sonderwirtschaftszone Aktau Sea Port

Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Mio. US$)

Inbetriebnahme

Ansprechpartner

Gaschemiekomplex für die Produktion von Methanol und Olefinen,

jährlich 600.000 Tonnen Olefine und 300.000 Tonnen Methanol

1.435

1. Quartal 2023

Westgasoil Aktau

Anlage zur Produktion von Gusseisen und granulierter Schlacke, 

jährlich 250.000 Tonnen 

155

2. Quartal 2023

Sonderwirtschaftszone Aktau Sea Port

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022

Chancen in der Region gehen mit Risiken einher

Auf der anderen Seite des Kaspischen Meeres will auch Aserbaidschan die Gunst der Stunde nutzen, um sich noch stärker in den globalen Waren- und Energietransit einzuklinken. Das rohstoffreiche Land im Kaukasus hat erst im Sommer 2022 medienwirksam verkündet, seine Gaslieferungen in die EU zu verdoppeln.

Daneben will auch Kasachstan sein Öl über Aserbaidschan transportieren, nachdem der Öltransit über Russland Anfang Juli aufgrund eines Gerichtsbeschlusses gestoppt wurde. Die Betreiberfirma war zwar mit ihrem Einspruch erfolgreich, die Transitroute bleibt allerdings eine Achillesferse für den kasachischen Ölexport. Die beiden staatlichen Energieriesen KazMunayGas und SOCAR sondieren nun, wie das kasachische Öl in die Welt verschifft werden kann. Sowohl beim Gas als auch beim Öl sind die Transportkapazitäten jedoch begrenzt und erhebliche Investitionen sind notwendig, um diese auszubauen. Außerdem sorgen wiederaufflammende Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien für große Verunsicherung bei Unternehmen, die sich in der Region wirtschaftlich betätigen wollen.

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