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Vietnam: Gesellschaftsrecht
Ausländische Unternehmen können in Form von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften und anderen Gesellschaftsformen tätig sein.
27.12.2023
Von Dr. Julio Pereira, Julia Merle, Robert Herzner, Frauke Schmitz-Bauerdick
Rechtsgrundlagen
Im engen Zusammenhang mit dem Investitionsgesetz ist das reformierte und ebenfalls zum 1. Juli 2015 in Kraft getretene vietnamesische Gesellschaftsgesetz (Gesetz Nr. 68/14, Luật số 68/2014/QH13) erlassen worden. Es kodifiziert ein einheitliches Gesellschaftsrecht für in- und ausländische Unternehmen sowie Staatsunternehmen. Die Vorschriften des Unternehmensgesetzes werden durch Durchführungsbestimmungen ergänzt, insbesondere in den folgenden Dekreten:
- Nghị định số 78/2015/NĐ-CP,
- Nghị định số 108/2018/NĐ-CP und
- Nghị định số 96/2015/NĐ-CP.
Das vietnamesische Gesellschaftsrecht sieht verschiedene Unternehmensformen vor, von denen die wichtigsten sind:
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gerade im Bereich der Erstinvestition ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung bevorzugtes Investitionsvehikel.
Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Art. 47 bis 87 Gesetz Nr. 68/14) ist mit der deutschen GmbH weitestgehend vergleichbar. Sie umfasst zwischen einem und höchstens fünfzig Gesellschaftern, welche sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können. Die Haftung der Gesellschafter ist grundsätzlich auf die Einlage beschränkt. Das Gründungs- und Registrierungsverfahren ist - wie für sämtliche Unternehmensformen - in den Art. 18 ff. des Gesetzes Nr. 68/14 geregelt.
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung verfügt über folgende Organe:
- Gesellschafterversammlung als Gremium der Leitung und Beschlussfassung (Art. 56 ff. und Art. 79 Gesetz Nr. 68/14);
- den Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, welcher auch als Geschäftsführer fungieren kann (Art. 57 Gesetz Nr. 68/14);
- den Geschäftsführer/Hauptgeschäftsführer, welcher die Tagesgeschäfte des Unternehmens wahrnimmt (Art. 64 ff.; Art. 81 Gesetz Nr. 68/14);
- den oder die gesetzliche(n) Vertreter; in der Regel der Geschäftsführer, der gesetzlicher Vertreter des Unternehmens ist (Art. 13 Gesetz Nr. 68/14). Ansässigkeit eines (von ggf. mehreren) gesetzlichen Stellvertretern in Vietnam erforderlich sowie
- bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit mehr als elf Gesellschaftern der Aufsichtsrat (Art. 55 des Gesetzes Nr. 68/14).
Ein Mindestkapital ist gesetzlich grundsätzlich nicht vorgesehen. Es besteht aber ein Ermessensspielraum der Behörden. Faktisch verlangen die Behörden bei Errichtung eines ausländisch investierten Unternehmens eine gewisse Mindestausstattung an Arbeitskapital.
Das vietnamesische Recht kennt auch die "Ein-Mann-GmbH", also eine Kapitalgesellschaft, die lediglich einen Gesellschafter hat (Art. 73 ff. Gesetz Nr. 68/14).
Aktiengesellschaft
Generell ist das vietnamesische Aktiengesellschaftsmodell mit der deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar, so Artikel 110 ff. des Gesetzes Nr. 68/14.
Nach vietnamesischem Recht ist eine Aktiengesellschaft ein Unternehmen, bei dem das Grundkapital in gleiche Teile (sogenannte Aktien) aufgeteilt ist. Aktionäre können natürliche oder juristische Personen sein, und die Mindestanzahl der Aktionäre beträgt drei, die Höchstzahl ist nicht begrenzt. Die Haftung der Anteilseigner für die Schulden der Gesellschaft und andere vermögensrechtliche Verpflichtungen ist auf die Höhe des in die Gesellschaft eingebrachten Kapitals beschränkt. Die Aktionäre haben das Recht, ihre Aktien frei auf andere zu übertragen, außer in den im Gesellschaftsrecht vorgesehenen Fällen (Art. 119 Abs 3 und Art. 126 Abs 1 des Gesetzes Nr. 68/14). Die Aktiengesellschaft besitzt ab dem Datum der Ausstellung des Handelsregisterauszugs Rechtspersönlichkeit und kann Aktien jeglicher Art zur Kapitalbeschaffung ausgeben.
Personengesellschaften
Neben den Kapitalgesellschaften kennt das Gesellschaftsgesetz auch Personengesellschaften, deren wesentliches Merkmal die persönliche Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen ist. So kann die Personengesellschaft (Art. 172 ff. des Gesetzes Nr. 68/14) wahlweise mit ausschließlich unbeschränkt haftenden Partnern oder in Form einer Kombination aus unbeschränkt haftenden und auf die Einlage beschränkt haftenden Partnern (und somit vergleichbar der Offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft deutschen Rechts) errichtet werden. Anders als nach deutschem Recht ist die Möglichkeit, als unbeschränkt haftbarer Gesellschafter zu fungieren, auf natürliche Personen beschränkt.
Privatunternehmen
Die Unternehmensform Privatunternehmen (Art. 183 ff. des Gesetzes Nr. 68/14) ist dem deutschen Einzelkaufmann ähnlich. Eine Privatgesellschaft ist ein Unternehmen, das sich im Besitz einer Einzelperson befindet, die mit ihrem gesamten Vermögen allein für alle Tätigkeiten des Unternehmens verantwortlich ist. In Vietnam hat eine Einzelperson nur das Recht, ein einziges Privatunternehmen zu gründen. Der Inhaber eines Privatunternehmens kann nicht gleichzeitig Gesellschafter eines anderen Unternehmens sein. Regelungen zur Neuordnung, Auflösung und Insolvenz eines Unternehmens finden sich in den Art. 192 ff. des Gesetzes Nr. 68/14.